Bußgelder

Testverweigerer an Nürnberger Schulen: Noch bleibt es bei Drohungen

21.11.2021, 14:00 Uhr
Manche Eltern wollen nicht, dass ihre Kinder regelmäßig auf Corona getestet werden und beschulen sie teilweise zu Hause.  

© Maja Hitij/dpa, NNZ Manche Eltern wollen nicht, dass ihre Kinder regelmäßig auf Corona getestet werden und beschulen sie teilweise zu Hause.  

Noch immer gibt es Eltern, die ihre Kinder nicht in die Schule schicken, weil sie nicht damit einverstanden sind, dass diese sich dort verpflichtend auf Corona testen müssen. Erst kürzlich gab es Schlagzeilen über einen Schwabacher Schüler des Adam-Kraft-Gymnasiums (wir berichteten). Dieser verweigert seit Schuljahresbeginn 2020 / 21 die Teilnahme an den schulinternen Corona-Tests und somit am Präsenzunterricht.

Fernbleiben als "Austrittserklärung"

Weil jegliche Bemühungen der Schule gescheitert sind, den 17-Jährigen zur Rückkehr zu bewegen, teilte der Direktor dem Schüler nun mit, dass man als Schule das Fernbleiben mit einer "Austrittserklärung" gleichsetzen müsse. Es wurde eine Frist gesetzt, bis zu der der Schüler entscheiden könne, ob er doch zurückkommen wolle. Am Montag soll eine endgültige Entscheidung fallen.

Erwartungsgemäß war die Familie des Testverweigerers nicht willens, das Vorgehen der Schule zu akzeptieren. Das Ganze könnte am Ende vor Gericht landen.

Doch auch in anderen Schularten gibt es Familien, die den Schulbesuch ihrer Kinder verweigern, auch in Nürnberg. Konkrete Zahlen kann niemand nennen, denn die Testverweigerer werden unter allen Abwesenden subsumiert.

Grundsätzlich unterliege der Umgang mit Schülern, die unentschuldigt fehlen – und als solche werden Testverweigerer betrachtet – dem Einzelfallprinzip. "Die Schulen haben verschiedene Durchsetzungsmaßnahmen", erklärt Martin Rohde, Ministerialbeauftragter für Gymnasien in Mittelfranken. Früher habe man beispielsweise bei Schulschwänzern schon mal die Polizei nach Hause geschickt, um den Schüler zum Unterricht zu holen. "Das macht man bei Testverweigerern aber nicht. Grundsätzlich sind die Schulen eher bemüht, die Schüler zu halten." Man setze eher auf Gespräche mit den Eltern und Schülern, um sie zum Umdenken zu bewegen. Verweigert sich eine Familie weiterhin der Testpflicht und somit des Schulbesuchs, können seit Anfang November Bußgelder verhangen werden. Zuständig dafür ist die Kreisverwaltungsbehörde.

Bußgeld als letztes Mittel

"Sie geht dem Verdacht der Schulpflichtverletzung in eigener Zuständigkeit nach und kann auch ein Bußgeld bestimmen. Die zuständigen Kreisverwaltungsbehörden haben einen großen Ermessensspielraum, ob und in welcher Höhe ein Bußgeld erhoben wird", teilt ein Sprecher des bayerischen Kultusministeriums mit. Die Verhängung einer Geldbuße sei aber ein Ausnahmefall, zunächst setze man auf Gespräche.

Wird ein Bußgeld verhängt, kann dies mehrfach geschehen, es gibt auch die Möglichkeit der Staffelung, sodass es sich in einem bestimmten Intervall erhöht. Die Kreisverwaltungsbehörde kann, wenn es beispielsweise durch die Schulverweigerung das Kindeswohl gefährdet sieht, das Jugendamt einschalten. Bislang, sagt das Rechtsamt der Stadt Nürnberg, habe man noch kein Bußgeldverfahren gegen Testverweigerer eingeleitet.

Der Schüler des Adam-Kraft-Gymnasiums hatte beklagt, er werde nicht über anstehende Leistungserhebungen von der Schule informiert. Doch das muss sie nicht tun. Das Ministerium schreibt dazu, mit Blick auf unentschuldigt fehlende Schüler: "Diese Ankündigung erfolgt gewöhnlich im Präsenzunterricht gegenüber der Klasse. Schülerinnen und Schüler, die am Tag der Ankündigung abwesend waren, informieren sich selbst bei Mitschülern oder der Lehrkraft über den am Tag ihrer Abwesenheit durchgenommenen Unterrichtsstoff und entsprechend auch über in dieser Zeit eventuell angekündigte Leistungsnachweise. Eine ausdrückliche Verpflichtung der Schule, abwesende Schüler über anstehende Leistungsnachweise zu informieren, besteht nicht."
Es liegt – seit die Präsenzpflicht wieder in Kraft gesetzt wurde – ebenfalls im Ermessen der Schule, ob sie Testverweigerern Lernmaterialien zukommen lässt.

Grundsätzlich besteht die Schulpflicht für zwölf Jahre. Sie teilt sich auf in neun Jahre so genannte Vollschulpflicht und drei Jahre Berufsschulpflicht. Das bedeutet auch, dass das Gymnasium keine Pflichtschule ist. Deswegen können Gymnasien – wie im Fall des Schülers des Adam-Kraft-Gymnasiums – dessen Verweigerung als "Austrittserklärung" auffassen und umsetzen.

In Grundschulen ist es anders

Anders sieht es in Grundschulen aus. Dort gilt die Schulpflicht. Auch hier gibt es Testverweigerer, aber es handele sich nur um wenige Kinder, sagt die stellvertretende Leiterin des staatlichen Schulamts, Monika Ettl. Die Schulen stünden in "engem Kontakt" mit den jeweiligen Eltern. Hier prüfe man jeden Einzelfall sorgfältig. Theoretisch könne der Sachaufwandsträger ein Bußgeld-Verfahren einleiten, das habe jedoch keine Priorität. "Die oberste Prämisse ist, die Kinder in die Schule zurückzuholen."

Ob es an erfolgreicher Überzeugungsarbeit liegt, den drohenden Bußgeldern oder der Tatsache, dass Testverweigerer in vielen Schulen nicht mehr mit Unterrichtsmaterial versorgt werden, kann Ettl nicht sagen. Fakt sei aber, dass einige Verweigerer nach den Herbstferien zurückgekehrt seien. Wird den Kindern jedoch weiterhin der Schulbesuch verweigert, bemühe man sich nach wie vor um Vermittlung.

Statistik, Benotung, Alternativen:

Statistik: Die vom Kultusministerium regelmäßig erhobenen unterrichtsorganisatorischen Daten weisen den Anteil der Schülerinnen und Schüler aus, die aus coronabedingten Gründen nicht am Präsenzunterricht teilnehmen. Dabei werden drei Kategorien von Abwesenheitsgründen erfasst, wie das Ministerium schreibt:
a) Abwesenheit aufgrund eines positiven Covid-19-Tests;
b) Abwesenheit aufgrund einer Quarantäneanordnung des Gesundheitsamts;
c) Abwesenheit aufgrund ärztlichen Attests (mit Corona-Bezug) oder Beurlaubung im Einzelfall gem. § 20 BaySchO oder mangelnder Testbereitschaft.

Die Gesamtquote der Kategorie c) liegt nach aktuellem Stand laut Meldung der Schulen bayernweit bei 0,2 Prozent der rund 1,6 Millionen Schüler. Da die Testverweigerer nur eine Teilmenge von c) sind, liegt ihre Quote somit noch darunter. Generell ist der Anteil der Schülerinnen und Schüler in Kategorie c) im Vergleich zum letzten Schuljahr deutlich gesunken; Mitte Juli lag er noch bei 1,01 Prozent.
Eine detailliertere Aufschlüsselung dieser niedrigen Zahlen wäre mit einem höheren Verwaltungsaufwand verbunden. Deswegen werden diese Schüler in einer Gruppe statistisch zusammengefasst.

Zweifel: Hat eine Schule Zweifel an einem Attest im Zusammenhang mit Corona, das einen Schüler oder Schülerin vom Unterricht befreit, kann es das Gesundheitsamt einschalten. Dieses kann verlangen, dass das Kind von einem Amtsarzt untersucht wird, der die Rechtmäßigkeit des Attests prüft.

Benotung: Nimmt ein Schüler, der sich den Corona-Tests verweigert, nicht an den angekündigten Leistungserhebungen teil, bekommt er oder sie automatisch die Note 6. Geschieht das dauerhaft, ist eine Versetzung nicht möglich. Da Personen, die die 3G-Regeln nicht erfüllen (geimpft, getestet, genesen) Schulgebäude nicht mehr betreten dürfen, ist es nicht möglich, den Testverweigerern alternative Möglichkeiten zum Leistungsnachweis zu schaffen. Das heißt, es werden keine Extra-Räume und kein Personal zur Verfügung gestellt, um dem Schüler oder der Schülerin zu erlauben, eine Schulaufgabe, abgesondert von Mitschülern oder Mitschülerinnen, zu schreiben.

Alternativen: Eltern, die nicht möchten, dass ihr Kind in der Schule an Corona-Tests teilnimmt, können nach wie vor einen Test außerhalb der Schule, zum Beispiel in einem Testzentrum, machen. Dieser Test ist 24 Stunden gültig und muss schriftlich in der Schule vorgelegt werden.

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