U3-Ausbau: Bergleute fräsen Tunnel unter Main-Donau-Kanal

25.3.2021, 05:39 Uhr
Eine der Vortriebsmaschinen mit dem Förderband, über das die abgefrästen Erd- und Gesteinsbrocken auf Lkw geladen werden. 

© NNZ Eine der Vortriebsmaschinen mit dem Förderband, über das die abgefrästen Erd- und Gesteinsbrocken auf Lkw geladen werden. 

Seit knapp einem Jahr bereits wird in Kleinreuth bei Schweinau eifrig gewerkelt. Nach der Einrichtung der Baustelle und gesicherter Zufahrten entstand bereits ein mehrere hundert Meter langer Graben: Die Station Kleinreuth und jeweils ein Stück der Strecke östlich und westlich davon entstehen in offener Bauweise.

Der sogenannte Anstich markierte im August den Beginn der Tunnelarbeiten: Bergleute vor allem aus Österreich und Slowenien sind seither mit Riesenfräsen am Werk, um zwei parallele Röhren durch die Schichten von Keuper, Ton und Sandstein Richtung Gebersdorf voranzutreiben. Ein dritter gigantischer Maulwurf ist in der entgegengesetzten Richtung unterwegs, um die Lücke nach Großreuth zu schließen. Hier entsteht ein zweigleisiger Tunnel mit entsprechend größerem Querschnitt. In wenigen Wochen soll der bisherige Endpunkt an der Züricher Straße erreicht sein. Seit Mitte Oktober können die Fahrgäste die U3 bis Großreuth nutzen.

Rund 60 Mann sind auf der Baustelle im Einsatz, verteilt auf drei Schichten. Denn gearbeitet wird rund um die Uhr – und das selbstverständlich mit besonderen Corona-Schutzvorkehrungen. Nur an den Wochenenden haben auch die Bohrmaschinen mal Pause, einerseits für Wartungsarbeiten, andererseits um den Boden des jeweils bewältigten Abschnitts zu befestigen.

Meter für Meter

In diesen Tagen haben die Bauleute die vielleicht heikelste Phase erreicht: Nach der Unterquerung der Südwesttangente geht es nun unter dem Main-Donau-Kanal hindurch. An der Oberfläche ist er rund 56 Meter Meter breit; insgesamt sind rund vier Wochen für den Abschnitt veranschlagt. Dabei geht es buchstäblich Meter für Meter voran: Die Teilschnittmaschinen graben sich erst im oberen Halbkreis voran, dann folgt die untere Hälfte. Jedes Stück wird sofort mit Spritzbeton gesichert.

Doch nicht nur deshalb geben sich Baumeister Tilmann Schlarp und Friedrich Hantke, der Leiter des städtischen U-Bahn-Bauamts, ziemlich gelassen. "Zwischen der Kanalsohle und der Tunneloberkante liegen mindestens neun Meter Erdreich", erläutern sie. Entsprechend geht es von der Station Kleinreuth mit einem Gefälle von 40 Promille bergab - und in Gebersdorf wieder bergauf. Der Sicherheitspuffer sei damit noch größer als am Tunnel für die U2 bei Röthenbach - das war vor 35 Jahren die erste Kanalunterquerung in Nürnberg.

"Vor der Hacke ist es duster"

Ganz genau wissen die Tunnelbauer allerdings nicht, auf welche Gemengelage sie unter der Wasserstraße stoßen. Denn das Kanalbett verfügt über eine besondere Abdichtung – und die darf nicht durchbohrt werden. Bergleuten sei eine solche Ungewissheit indes vertraut, meint Hantke und zitiert das Sprichwort: „Vor der Hacke ist es duster“. Um wenigstens Anhaltspunkte gewinnen, trieb man vom bereits bestehenden Tunnel aus eine Probebohrung rund 70 Meter waagrecht durch das Erdreich. Und zur Entlastung des Tunnels von einem möglichen Grundwasserdruck wurden zu beiden Seiten der Wasserstraße jeweils zwei Brunnen angelegt.

Zu den Sicherheitsvorkehrungen gehört schließlich eine umfangreiche Mess- und Überwachungstechnik. So hat die Wasser- und Schiffahrtsverwaltung laufende Begehungen und Kontrollen angesetzt. Unter Tage werden mögliche Verformungen des eingebauten Betons akribisch erfasst. Bisher sei es nur zu Setzungen von wenigen Millimetern gekommen, so die Mitteilung aus dem Baureferat. Die endgültige Innenverkleidung, je nach Abschnitt zwischen 30 und 50 Zentimeter dick, folgt nach Abschluss der Vortriebsarbeiten.

Ringbahn ist schon untertunnelt

Der zweite neuralgische Punkt, der ebenfalls zu akribischer Überwachung zwingt, ist die Unterquerung der Güterzugstrecke Rangierbahnhof - Fürth (Ringbahn) auf dem Abschnitt zwischen Groß- und Kleinreuth. "Das haben wir aber schon hinter uns, ohne Probleme", stellt Hantke fest. So laufen auch bereits umfangreiche Arbeiten für den künftigen Endbahnhof Gebersdorf mit einer Abstell- und Wendeanlage sowie einem Betriebshof.

Die Gesamtkosten für den voraussichtlich letzten Akt im Nürnberger U-Bahn-Bau sind auf 138 Millionen Euro veranschlagt. Bund und Land übernehmen davon über Förderprogramme 93 Millionen Euro. Bis die Pegnitzpfeile tatsächlich bis Gebersdorf rollen, gehen allerdings noch vier Jahre ins Land: Eröffnet werden soll die Strecke voraussichtlich 2025. Vielleicht sind bis dahin auch die ersten Bürger in die auf dem Tiefen Feld neu entstehenden Siedlungen gezogen. Die Auseinandersetzungen um die Nutzung und die Planungen für die Bebauung reichen Jahrzehnte zurück.

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