B2-Umgehung bei Wernsbach eingeweiht: Erinnerung an Unfall-Tragödie

20.8.2020, 16:50 Uhr
Die bayerische Verkehrsministerin Kerstin Schreyer hielt eine Rede. 

Die bayerische Verkehrsministerin Kerstin Schreyer hielt eine Rede. 

Strahlend blauer Himmel über dem nagelneuen schwarzen Straßenband: Bei der Freigabe des letzten Umgehungs-Teilstücks der B2 im Landkreis Roth um den Georgensgmünder Ortsteil Wernsbach herrschte eitel Sonnenschein. Etwas eingetrübt wurde die sonnige Atmosphäre trotzdem.

Zwar hatte der zuständige Bundesminister Andreas Scheuer kurz vorher abgesagt und erschien nicht zur feierlichen Freigabe der nun an Wernsbach vorbeiführenden B2. "Was wirklich Wichtiges" habe den Minister abgehalten, erklärte Leitender Baudirektor Andreas Eisgruber den auf Abstand stehenden Gästen. Die Festlaune trübte das jedoch nicht.

Denn unter schon vormittags hochsommerlichen Temperaturen auf dem dunklen Asphalt war man froh, dass die anberaumte Stunde nicht überschritten wurde.


B2 Ortsumgehung: Wernsbach, wie im Paradies


"Etwas kurios" nannte der Georgensgmünder Bürgermeister Ben Schwarz die Szenerie an der B2-Auffahrt nach Wernsbach. Denn die Anwohner des Ortes, die von der Umgehung am meisten profitieren, mussten coronabedingt als Zaungäste von der Brücke aus zuschauen, wie die wenigen geladenen Gäste das schwarzrotgoldene Einweihungsband zerschnitten.

Festlich beging man die Freigabe trotzdem: Die bayerische Verkehrsministerin Kerstin Schreyer nannte es wichtig, dass das große Projekt mit bald 20.000 Fahrzeugen täglichauch offizielle freigegeben werde. Von den bald 20 000 Fahrzeugen täglich sei jedes siebte ein Lkw – "für die Anwohner schwer aushaltbarer Lärm".

Gute Infrastruktur ist wichtig

Mögliche Kritik an zu viel Straßen- und zu wenig ÖPNV-Ausbau von Bund und Land konterte sie: "Wir machen beides." Und: "Busse fahren nun mal auf Straßen." Bedenken sollten Kritiker außerdem, dass mit dem Ausbau Staus und Unfallzahlen reduziert würden.
Seit vier Jahren wird die letzte 4,1 Kilometer lange und 31 Millionen Euro teure B2-Ortsumgehung im Landkreis Roth geplant und gebaut, aber die ersten Ideen sind bereits 60 Jahre alt.

Daran erinnerte der stellvertretende Landrat Walter Schnell. Dass die Umgehung um Wernsbach jetzt befahrbar sei, nannte er "bedeutend für den Landkreis und die ganze Region". Gute Infrastruktur sei wichtig und die B2 eine "enorme Entlastung für die Anwohner". Die gewinnen deutlich mehr Lebensqualität.

Verbunden mit dem Ausbau ist zudem ein neuer Radweg von Wallesau nach Wernsbach, den der Landkreis gebaut hat, und der Rückbau der Ortsdurchfahrt von Wernsbach. Bisher war der Ort von der 13 Meter breiten Bundesstraße "zerschnitten und getrennt", wie Bürgermeister Ben Schwarz erinnerte.

Jetzt werde die Straße im Dorf auf fünf Meter zurückgebaut, und von den Wernsbachern selbst "kamen dazu schon einige Ideen", freute sich der Bürgermeister. Auch wenn beim Umgehungsbau über Fledermauszäune und Habitate, Grundwasserpegel und Lärmschutz diskutiert wurde, sei "immer eine Lösung gefunden" worden.

"Nachhaltige Mobilitätswende"

Seine Vision sei, so Schwarz, dass die B2 den Auftakt zur "Sektorkopplung" bilde. Eine "nachhaltige Mobilitätswende" wünsche er sich. Dies sei möglich mit intelligenten Mobilitätsknoten zwischen Individual- und öffentlichem Verkehr.

Womit er nicht die Städter meine, die zum Urlaub ins Seenland aufbrechen, sondern zum Beispiel den Weg zum Arbeitsplatz – etwa mit barrierefreien Bahnhöfen zwischen Nürnberg, Augsburg und München. Mit gleichwertigen Lebensverhältnissen "kann die Metropolregion vom ländlichen Raum profitieren und der ländliche Raum von der Metropolregion".

Die neue Straße soll verbinden, hatte Schwarz gesagt. Aber auch sie zerschneidet: Pfarrer Bernhard Nikitka, der die Segnung mit dem katholischen Kaplan Tobias Schmidt übernahm, erinnerte an die "Ambivalenz menschlichen Tuns".

Nicht nur der Lebensraum vieler Geschöpfe werde zerstört, er gedachte auch der Opfer der schrecklichen Unfälle an und um die Umgehungsbaustelle. Nikitka: "Wer Straßen für die Problemlösung hält, ist wie ein Alkoholiker, der eine Schnapsfabrik geerbt hat." Der Mensch "braucht die kritische Begleitung seines Tuns".

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