Die Gemeinde darf weiter planen

Amazon-Bürgerentscheid in Allersberg: Die Stimmen im Detail

18.5.2020, 15:54 Uhr
Die Bürger haben abgestimmt.

© Tobias Tschapka Die Bürger haben abgestimmt.

Die Allersberger Bürgerinitiative „Für Fortschritt und Entwicklung“ ließ bei den Bürgerentscheiden die Konkurrenten der BI „Lebenswertes Allersberg“ deutlich hinter sich. Aber: Weil auch diese BI auf den Stimmzetteln mehr Ja- als Nein-Stimmen verzeichnete, musste die Stichfrage herhalten, die dann mit 2338 zu 1561 Stimmen (59,53 zu 40,47 Prozent) klar die BI „Für Fortschritt und Entwicklung“ für sich entschied.

Der Allersberger Bürgermeister Daniel Horndasch hofft, dass nach den Bürgerentscheiden "endlich wieder Ruhe im Ort einkehrt“. Aber es sei auch gut, jetzt zu wissen, was die Allersberger wollen.

Nämlich ein Gewerbe- und kein Industriegebiet mit einer Fläche von 33 Quadratmetern, wie es die BI „Fortschritt und Entwicklung" präferiert. "Die Grundsatzrichtung ist vorgegeben“, erklärte er gestern gegenüber unserer Zeitung. Das Resultat sei auch eine „Bestätigung der Arbeit des Marktgemeinderates in den vergangenen drei Jahren“. Der Allersberger Rathaus-Chef betonte aber auch, dass "es Sache des Marktgemeinderates ist", wer sich auf dem Gewerbegebiet in der Nähe des Regionalbahnhofes ansiedeln dürfe.

Mit dem Ergebnis der Bürgerentscheide sind auch eine Reduzierung der Gewerbeflächen auf acht Hektar sowie der Wegfall eines Sondergebietes „Logistik“ vom Tisch. Dies war die Forderung der Bürgerinitiative „Lebenswertes Allersberg“, deren Sprecher Georg Decker angesichts der Niederlage per Pressemitteilung wissen ließ: „Wir bedauern natürlich den Ausgang des Bürgerentscheids.

Aber man bedenke auch, dass mehr als 40 Prozent der Allersberger sich für den BürgerentscheidII und damit für ein kleineres Gewerbegebiet ohne Logistikkonzerne ausgesprochen haben. Das ist ein beachtlicher Anteil, den wir nicht ignorieren dürfen.“
Er plädiert dafür, die Flächen West I und II nicht auf einen Schlag, sondern schrittweise und nachhaltig zu entwickeln.

Ökologische und soziale Aspekte

"Wir wollen das wirtschaftliche Wachstum von Allersberg fördern, aber unter Berücksichtigung ökologischer und sozialer Aspekte." Die Allersberger Markträtin Tanja Gosche weist im Namen des Grünen-Ortsverbandes darauf hin, dass mit dieser Entscheidung zwar eine, aber noch längst nicht alle Fragen geklärt sind: „Welche Unternehmen wollen wir nun dort ansiedeln? Wie soll das Gebiet entwickelt und gestaltet werden?

Um diese Fragen geht es jetzt“, erklärte Tanja Josche in einer Pressemitteilung. Die Grünen würden dabei ein klares „Nein“ zu P3 fordern: „19 Hektar auf einen Schlag an einen Entwickler von Logistikimmobilien zu verkaufen, ist alles andere als nachhaltig. Wenn wir schon ein derart großes Gebiet entwickeln, dann doch mit vernünftigen Unternehmen. Wir brauchen gute Gewerbesteuer-Zahler, Unternehmen mit Perspektive, die ordentliche Arbeits- und Ausbildungsplätze schaffen und nachhaltig wirtschaften."

All das sehen die Grünen bei P3 nicht. Der Investor, der zu 100 Prozent im Besitz von GIC, dem Staatsfonds der Regierung Singapurs ist, wird von der Gemeindeverwaltung als Käufer favorisiert. Sollte er den Zuschlag bekommen, würde er allein entscheiden, wer sich ansiedelt. „Wer Amazon nicht will, muss auch P3 ablehnen“, so Tanja Josche. Sie unterstreicht damit die Empfehlung der Bürgerinitiative „Für Fortschritt und Entwicklung in Allersberg“, nicht an Amazon zu verkaufen.

Blockade hat sich gelöst

Norbert Reeg, Sprecher für „Fortschritt und Entwicklung Allersberg“ äußerte sich wie folgt zum Erfolg „seiner“ BI: "Wir freuen uns riesig, dass Allersberg jetzt weiterkommt. Es gibt eine Mehrheit dafür, dass 33 Hektar entwickelt werden und damit der finanzielle Notstand der Marktgemeinde zurückgenommen werden kann. Es ist an der Zeit, dass sich die Blockade gelöst hat".

Der Marktgemeinderat und das Kommunalunternehmen würden nun entscheiden, was da kommen wird. Wenn alle jetzt vernünftig seien und die demokratische Entscheidung akzeptieren, würden sich die Wogen wieder glätten. "Ich denke, dass das jetzt beendet ist."

Auch Landrat Herbert Eckstein äußerte sich zum Ausgang der Allersberger Bürgerentscheide: „Meine Prognose war nach vielen Gesprächen 60:40 plus/minus für den siegreichen Vorschlag. Das bedeutet für mich nicht, dass man das jetzt eins zu eins mit der ganzen Fläche umsetzen muss. Es gibt immer zwei Geschichten, ob ich eine Gemeinde kontinuierlich entwickle, oder ob ich eine große Fläche verkaufe, um ein finanzielles Problem zu lösen. Das ist nicht die nachhaltigste Methode".

Vielleicht findet sich noch ein vernünftiger Weg, meinte er. Dabei müsse es nicht zwangsläufig auf einen großen Investor hinauslaufen. Bei der Auseinandersetzung der unterschiedlichen Fraktionen seien "extrem viele Verletzungen passiert. Es hat sich gezeigt, dass von vorneherein mehr Transparenz in das Verfahren hätte rein müssen. Dies über ein Kommunalunternehmen zu regeln war unglücklich", erklärte Eckstein.

Bürgerentscheid 1:

Bürgerentscheid 1: Bürgerbegehren „Für Fortschritt und Entwicklung in Allersberg“

Sind Sie dafür, dass der Markt Allersberg die Bebauungsplanverfahren und Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplanes und Landschaftsplanes zur Ausweisung der beiden Gebiete „Sondergebiet Allersberg West I“ und entgegen der bisherigen Beschlusslage „Gewerbegebiet Allersberg West II“, aber ansonsten entsprechend der bereits vom Marktrat mehrheitlich getroffenen Beschlüsse und Abwägungen fortsetzt?

Ergebnis:

Ja-Stimmen: 2.465
Nein-Stimmen: 1.297
Ungültige Stimmen: 374

An diesem Erkenntis ist erkennbar: Die Befürworter übertreffen die Gegner um 1168 Stimmen. 374 waren ungültig und wurden somit nicht gezählt.


Bürgerentscheid Allersberg: Gemeinde darf weiter planen


Bürgerentscheid 2:

Bürgerbegehren „Lebenswertes Allersberg“ (Ja zu einem chancenreichen und gewinnbringenden Gewerbegebiet)

Sind Sie dafür, dass die Marktgemeinde Allersberg die Planungen für die Industriegebiete „Allersberg West I und West II“ wie folgt ändert:

Vollständiger Verzicht auf das Industriegebiet „Allersberg West I“ und Entwicklung des Gebietes „Allersberg West II“ als Gewerbegebiet und Standort für die Ansiedlung vorwiegend ortsansässiger Betriebe, zunächst beschränkt bis zu maximal 8 Hektar?

Ergebnis:

Ja-Stimmen: 1.671
Nein-Stimmen: 1.547
Ungültige Stimmen: 918

Beim zweiten Entscheid war es deutlich knapper. Nur 124 Stimmen hat die "Ja-Seite" mehr. Die Stichfrage wurde untredessen wieder deutlicher beantwortet.

Stichfrage:

Werden die bei Bürgerentscheid 1 (Für Fortschritt und Entwicklung in Allersberg) und Bürgerentscheid 2 (Lebenswertes Allersberg) zur Abstimmung gestellten Fragen in einer nicht miteinander zu vereinbarenden Weise jeweils mehrheitlich mit JA beantwortet:

Welche Entscheidung soll dann gelten?

Ergebnis:

Stimmen Bürgerentscheid 1: 2.368
Stimmen Bürgerentscheid 2: 1.610
ungültige Stimmen: 158