Rother Bürgermeister holt Direktmandat

Ralph Edelhäußer im Bundestag: So erlebte er den Wahlabend

26.9.2021, 23:27 Uhr
Glückwünsche und Blumen für den Gewinner. Ralph Edelhäußer zieht als Direktkandidat der CSU in den nächsten Bundestag ein.

© Carola Scherbel Glückwünsche und Blumen für den Gewinner. Ralph Edelhäußer zieht als Direktkandidat der CSU in den nächsten Bundestag ein.

„Spannend wie nie.“ Das sagen sie alle vor diesem besonderen Wahlsonntag. Aber hier im Gasthaus Waldblick, der Vereinsgaststätte der TSG 08 Roth, geht’s um kurz vor sechs Uhr abends noch sehr entspannt zu. Auf dem Platz wird noch Fußball gespielt ( Roth gegen Oberhochstatt), und auf der Terrasse sitzen späte Kaffee- und frühe Pizzagäste. Im Nebenzimmer plauderts von der Leinwand aus dem Wahlstudio des BR, neben CSU-Kreisgeschäftsführer Heinz Bieberle sitzen erst drei Wahlinteressierte vor dem ersten Bier - oder Spezi.

Von Partystimmung kann noch keine Rede sein, nach und nach trudeln die treuen CSU-Anhänger und -Amtsträger ein. Gutgelaunte Zuversicht sieht man den Augen an, drunter verschleiert die OP-Maske, dass mancher Mundwinkel vielleicht doch etwas angespannt wirkt.

„Ralph Edelhäußer wird schon gewinnen“, hat CSU-Kreisvorsitzender Volker Bauer gegen Mittag verkündet. Schließlich hat der christsoziale Direktkandidat im Wahlkreis Roth und Nürnberger Land bisher immer gewonnen – immer. Aber: „Alles andere wird eine knappe Sache.“ Das hat Volker Bauer auch noch gesagt. Wer am Ende die Nase vorn hat, dass will er noch nicht prophezeien.

Doch etwas Gegenwind

Ralph Edelhäußer, der bisherige Rother Bürgermeister, hat sich nur für das Direktmandat beworben. Eigentlich eine klare Sache, weil der oder die CSU-Kandidatin hier immer vorn lag. Aber Ralph Edelhäußer bläst diesmal nicht nur die Gesamtstimmung ins Gesicht: Der Zoff zwischen den Schwesterparteien um den Kandidaten, Laschets Patzer und seine schlechten Umfragewerte.

Für Edelhäußer kommt erschwerend hinzu, dass er in seinem Wahlkreis gleich mehrere mögliche Standorte für das wichtige, aber vor Ort jeweils ungewollte ICE-Ausbesserungswerk vorfindet. Als Rother Bürgermeister hat er sich klar auf die Seite seiner Harrlacher Bürgerinnen und Bürger gestellt, die das Werk auf Bannwaldgebiet ablehnen.

Aber auf dem Gelände der mit Munition kontaminierten früheren „Munitionsanstalt“ bei Feucht sei das Instandhaltungswerk doch vorstellbar. Schließlich biete die Bahn die Entmunitionierung an. So zumindest hat es das CSU-Büro in einer Pressemitteilung verbreitet. Als Edelhäußer den Text sah, stand er schon in der Zeitung.

Ärger wegen ICE-Werk

Das kommt bei den Wählerinnen und Wählern in Feucht aber möglicherweise gar nicht gut an. Auch bei Freunden des Bund Naturschutz hat der 48-Jährige grad keinen Stein im Brett, nachdem er auf einen Fragenkatalog – als Einziger der Kandidaten – einfach nicht reagiert hat. Also doch Anspannung, zumindest ein bisschen.

Heinz Bieberle sagt von sich, er sei generell vorsichtig, aber er hofft schon, dass es im Landkreis Roth 35 bis 40 Prozent Erststimmen werden könnten. Und schmunzelt: "Es soll ja sogar Leute aus anderen Parteien geben, die ihn wählen."

Die Sektgläser stehen jedenfalls schon mal parat, als gegen Viertel nach sechs der Kandidat zusammen mit seiner Frau Kerstin und dem dreijährigen Felix in der Gaststätte des Sportvereins einläuft - dessen Vorsitzender übrigens Andreas Buckreus ist, der am liebsten für die SPD in Edelhäußers Bürgermeister-Fußstapfen treten möchte.

Just als Edelhäußer und Familie im Saal ankommen, wird in der Fernsehberichterstattung CDU-Generalsekretär Ziemiak zum "historisch schlechten Ergebnis der Union" befragt. Für Edelhäußer nicht ganz überraschend: In den vergangenen Wochen habe er an den Infoständen immer wieder zu hören bekommen, "dass diesmal nicht CSU gewählt wird, weil man den Kanzlerkandidaten nicht gut findet".

Aber beim CSU-Parteitag, so glaubt er, habe sich die Stimmung verändert. "Ich war von Laschet hellauf begeistert", erzählt Edelhäußer. Und wer weiß, vielleicht wäre ja auch ein Markus Söder in Schleswig-Holstein oder Meck-Pomm nicht unbedingt bestens angekommen. Die Kampagne gegen rot-rot-grün könnte auch noch Wirkung zeigen.

In die richtige Richtung

Zu der Zeit ist man im Saal der Sportgaststätte in Roth noch auf die Umfragen für Land und Bund angewiesen. Die Auszählungsbalken aus den Landratsämtern sind noch nicht aktiviert. Doch dann tauchen erste Ergebnisse auf: 16 von 281 Stimmbezirken sagen zwar noch nicht viel, aber "der Trend geht in die richtige Richtung", grinst Edelhäußer.

Heinz Bieberle kündigt derweil an, dass Sekt und Fingerfood aufs (CSU-)Haus gehen, doch mit dem Anstoßen will CSU-Kreisvorsitzender Volker Bauer "lieber noch ein bisschen warten". Den Blumenstrauß und das große blaue Gratulationsschild hat er noch versteckt.

Dafür darf der kleine Felix erstmal mit Papa ans Büffet, wo wahrscheinlich beide die Stärkung nach den Wahlkampfstrapazen gebrauchen können. "Mehr hat man wirklich nicht tun können", erzählt seine Frau von der stressigen Zeit mit Beruf und Wahlkampftour in zwei Landkreisen.

Akku leer

Auch andere Mitstreiter sehen's ihm an: "Irgendwann ist der Akku leer", weiß Volker Bauer. Doch der scheint gleich wieder vollgeladen zu sein, denn die Balken, die der Beamer jetzt auf die Leinwand wirft, werden immer kräftiger: Im Landkreis Nürnberger Land führt Edelhäußer zwar nicht überdeutlich, aber doch stabil. Und als für den Landkreis Roth 46,26 Prozent für Edelhäußer angezeigt werden, brandet Beifall auf. Weil der Kandidat grad telefoniert, dauert es allerdings eine Minute, bis er mitbekommt, dass der Applaus ihm gegolten hat.

Mit dem Bundesergebnis ist man freilich nicht zufrieden: "Ich glaub, es kann am Ende noch gut werden, aber glorreich ist was anderes", raunt Edelhäußer. Und setzt dazu: "Die nächsten Jahre werden die spannendsten überhaupt.

Außen- und innenpolitisch gibt es Wahnsinns-Herausforderungen." Man müsse sich aber auch trauen, sie anzugehen. Die letzte große Reform war Hartz vier, erinnert er. Unter SPD-Kanzler Schröder. "Und die hat ihn das Amt gekostet."

"Ich war nie allein"

Inzwischen ist es kurz vor 20 Uhr, Ralph Edelhäußer muss sich gleich verabschieden, um in Lauf den zweiten Teil des Beifalls entgegenzunehmen. Doch vorher gibt's neben dem Gratulationsbanner und zwei Blumensträußen - für ihn und für seine Frau - noch was Leckeres in Deutschlandfarben.

Thekla Singer von der Frauenunion überreicht ihm eingemachte Zwetschgen (schwarz), Preiselbeeren (rot) und getrocknete Apfelschnitze (die tatsächlich ein bisschen golden aussehen). Lissy Wild-Heyder, ihre Stellvertreterin, gibt ihm gleich einen Auftrag mit nach Berlin: Er soll sich um die Mütterrente kümmern.

Der erschöpfte Gewinner - zumindest was den eigenen Wahlkreis angeht - bedankt sich nochmal bei allen Mitstreitern: "Ich war nie allein."

Schon kurz nach acht kehrt schon wieder Ruhe ein in der Gaststätte, obwohl noch gar nicht alle Ergebnisse eingetroffen sind. Aber der Trend wird immer stärker zur Gewissheit. Da freut sich auch Heinz Bieberle, als er auf die Zahlen aus dem Landkreis Roth schaut: "Hab ich doch recht behalten mit meiner Schätzung - oder Hoffnung."

Im Landkreis Nürnberger Land entfallen "nur" 33,1 Prozent der Erststimmen auf Edelhäußer - der SPD-Kandidat Plobner liegt mit 19,1 Prozent an zweiter, Felix Erbe von den Grünen mit 14,1 Prozent an dritter Stelle. Aber im Landkreis Roth ist der Unterschied deutlich: 13,8 Prozent für Plobner, 12,2 Prozent für Erbe - und 44,4 Prozent für Edelhäußer. Insgesamt heißt das für den CSU-Mann, dass er mit fast 38 Prozent der Erststimmen als direkt gewählter Abgeordneter am 25. Oktober im Bundestag Platz nimmt.

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