Der Direktbewerber im Portrait

SPD-Kandidat Jan Plobner: "Landwirte brauchen Perspektive"

4.9.2021, 07:04 Uhr
"Mit mir finden Sie in Berlin ein offenes Ohr", versprach SPD-Kandidat Jan Plobner (Mitte) beim Dialog mit Milchbauern aus dem Landkreis Roth. Von links: Roths SPD-Kreisvorsitzender Marcel Scheider, Gastgeber Josef Niedermeyer aus Karm bei Hilpoltstein, Jan Plobner, Johannes Pfaller und Manfred Gilch vom Bundesverband Deutscher Milchviehalter.

© Günther Wilhelm, NN "Mit mir finden Sie in Berlin ein offenes Ohr", versprach SPD-Kandidat Jan Plobner (Mitte) beim Dialog mit Milchbauern aus dem Landkreis Roth. Von links: Roths SPD-Kreisvorsitzender Marcel Scheider, Gastgeber Josef Niedermeyer aus Karm bei Hilpoltstein, Jan Plobner, Johannes Pfaller und Manfred Gilch vom Bundesverband Deutscher Milchviehalter.

Für Jan Plobner ist es ein Auswärtsspiel. Nicht nur, weil er zum ersten Mal im kleinen Hilpoltsteiner Ortsteil Karm zu Gast ist. Auch politisch: "Die SPD ist ja keine typische Bauernpartei", sagt der Direktkandidat der Sozialdemokraten gleich zu Beginn ganz offen. Aber gerade deshalb sei er gekommen: "Ich will Informationen direkt von denen, die Ahnung haben."

Dienstagabend auf dem Hof von Josef Niedermeyer: Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) lädt vor der Bundestagswahl die Direktkandidaten zu einer "Hofbereisung" ein: einer Besichtigung mit anschließendem Gedankenaustausch. "Wir sind völlig parteineutral", betont Manfred Gilch, der Bundesvorsitzende aus Pierheim, einem anderen Hilpoltsteiner Ortsteil.

Gleichzeitig lobt er SPD-Landrat Herbert Eckstein, die SPD im Landtag und im Europaparlament. "Da bekommen wir viel Unterstützung. Nur im Bund ist das leider etwas anders, aber das kann ja besser werden, sagt Gilch lächelnd. Ein so launiger wie deutlicher Wink an den Kandidaten.

"Gebt uns einen gescheiten Milchpreis"

Bessern müsse sich vor allem die Lage der Milchbauern. Das ist die zentrale Botschaft an diesem Abend. Die knapp zwei Stunden sind eine Art Einführung in das Milchmarktsystem. Manfred Gilch kennt sich aus in den Details, referiert über Krisenmanagement-Konzepte und Sektorenstrategien. "Ziemlich kompliziert, die Agrarpolitik", sagt er dann und bringt deshalb das Hauptproblem auf den Punkt: "Der Milchpreis liegt bei 36 Cent, das ist 14 Cent unter den Gestehungskosten."

Die Betriebe seien wirtschaftlich am Limit. Das dürfte man bei Diskussionen über mehr Tierwohl und mehr Umweltschutz nicht vergessen. "Man darf den einzelnen Bauern nicht an der Pranger stellen. Wir sind Spielball der Molkereien. Dieses System gehört geändert", sagt Gilch. "Gebt uns einen gescheiten Milchpreis und wir erfüllen jede Auflage."

"Erstaunlich nahe beisammen"

"Das Ziel sind also 50 Cent?", fragt Jan Plobner konkret nach. "Genau das ist unser Ziel", antwortet Gilch. Der SPD-Kandidat gibt nicht vor, der große Landwirtschaftsexperte zu sein. "Das ist ein spannendes Thema, in dem ich nicht so drin bin", sagt er offen. "Aber ich denke, wir sind erstaunlich nahe beisammen. Wir wollen kleine bäuerliche Betriebe erhalten und wertvolle Nahrung in Deutschland produzieren. Deshalb müssen die Betriebe eine Perspektive haben. Ich verspreche nicht, dass in vier Jahren alles gut wird. Aber mit mir werden die Landwirte ein offenes Ohr in Berlin haben."

Aber welche Chancen hat Jan Plobner, tatsächlich gewählt zu werden? Vom Direktmandat redet er gar nicht. Der Wahlkreis Roth gilt als sichere Bastion der CSU. Lange Zeit sah es so aus, als hätte er auch mit seinem Listenplatz 23 keine Chance. Doch das hat sich geändert. "Wir liegen bei 25 Prozent, seine Chance ist sehr realistisch", sagt Roths SPD-Kreisvorsitzender Marcel Schneider."

Zurückhaltend zuversichtlich

"Aber es ist nicht die Zeit der Überheblichkeit", betont Jan Plobner sofort und klingt fast schon so unaufgeregt nüchtern wie Kanzlerkandidat Olaf Scholz. "Doch wir spüren viel Rückenwind. Das tut gut." Er selbst beschreibt seine Wahlchancen zurückhaltend zuversichtlich: "Sie liegen im Rahmen dessen, was möglich ist."

Wenn es für ihn nicht klappe, sei das kein Drama. "Standesbeamter zu sein ist ein wunderbarer Beruf. Man hat viel mit glücklichen Menschen zu tun", sagt er. Politisch engagiert ist er als SPD-Vorsitzender in Altdorf und als Kreisrat im Landkreis Nürnberger Land. "Mir geht es darum, das Leben der Menschen ein Stück besser zu machen. Ich hoffe, dass ich das auch in Berlin tun darf."

Günstiger ÖPNV, mehr Wohnungen

Was das konkret heißt? "Wichtig ist mir die Verkehrswende. Ein Beispiel: das 365-Euro-Ticket. Als Kreisrat weiß ich, dass die Kommunen das alleine nicht finanzieren können. Da ist auch der Bund gefordert", betont Jan Plobner.

Gleiches gelte auch für den Wohnungsbau. "Wir dürfen nicht nur Politik für Gutverdiener machen, sondern brauchen mehr Geld für den sozialen Wohnungsbau."

"Grundsätzlich gegen die Juraleitung"

Eine klare Haltung hat er zur heftig umstrittenen Höchstspannungsleitung P53. Diese Juraleitung führt nach Ludersheim, einem Ortsteil von Altdorf. "Hier ist meine Position etwas anders als die meiner Partei im Bundestag", erklärt Plobner. "Ja, wir brauchen mehr Energie. Aber ich halte eine dezentrale Energieversorgung für den richtigen Weg - und auch für machbar. Das sehen auch Experten so. Deshalb bin ich grundsätzlich gegen diese Leitung."

"Scholz steht für Solidität und Aufbruch"

Dem Wahlsonntag am 26. September sieht er optimistisch entgegen. "Angela Merkel hat Deutschland international hervorragend vertreten. Und Olaf Scholz steht für eine Mischung aus solidem Regierungshandeln und inhaltlichem Aufbruch."

In welcher Koalition dieser Aufbruch gelingen soll? "Ich halte es für richtig, jetzt keine auszuschließen", sagt Jan Plobner, geht aber auf Distanz zu den Linken. "Solange es Leute wie Herrn Putin gibt, brauchen wir die Nato." Die "Ampel" mit Grünen und FDP sei zwar nicht der Wunsch, aber realistisch: "Themen wie die Steuerpolitik sind natürlich schwierig. Insgesamt aber gibt es genug Gemeinsamkeiten, dass das funktioniert", ist Jan Plobner zuversichtlich. Klar jedenfalls sei: "Nach 16 Jahren Union tut ein Wechsel gut."

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