Proteinreiches Gebäck
Wegen Insekten im Krapfen: Bayerischer Bäcker wird im Netz extrem beleidigt
Online-Redaktion
Eigentlich wollten Bäckerei-Inhaber Florian Postel und Bäckermeister Ludovic Gerboin nur etwas Gutes tun und zeigen, dass ihre Anzinger Traditionsbäckerei auch innovative Ideen unterstützt. In Zusammenarbeit mit der TU München und der Schweizer Hochschule für Ingenieurswissenschaften in Sion kreierte Bäckermeister Gerboin einen Krapfen, der Insekten enthält. In die Glasur arbeitete er geriebene Grillen ein, ein Bestandteil im Teig ist Mehlwurmmehl - allerdings "nur" zu zehn Prozent.
Geschmacklich ist in dem schokoladigem Gebäck von den Insekten kaum etwas zu bemerken, berichten die Süddeutsche Zeitung (SZ) und der Bayerische Rundfunk (BR). "Wenn das dezent eingearbeitet ist und man die Insekten nicht sieht, ist das viel appetitlicher als ein totes Insekt auf dem Krapfen", schildert Gerboin.
Mit dem länderübergreifenden Projekt sollte erforscht werden, wie Insekten-Produkte in den kommenden Jahren in die Lebensmittelproduktion einbezogen werden können, um den Hunger in der Welt zu bekämpfen und den Fleischkonsum dadurch zu reduzieren. Denn Insekten enthalten viele Proteine. Die Aufzucht der Tiere sei zudem platzsparender und besser für die Umwelt als bei anderen Lebensmitteln. Auf dem Flyer zu dem Forschungsprojekt heißt es: "Die Aufnahme von Insekten erfüllt die ersten drei Ziele für nachhaltige Entwicklung der United Nations, nämlich Armutsbekämpfung, Hungerbekämpfung, Gesundheit und Wohlbefinden."
Zahlreiche negative Bewertungen und Beschimpfungen im Netz
Doch das ambitionierte Projekt ging gewaltig nach hinten los. Als die Backwaren am Rosenmontag hinter die Theke kamen, hagelte es plötzlich im Zwanzig-Minuten-Takt negative Bewertungen über die Bäckerei bei Google. Der Ton war dabei hetzerisch. Von "eine Schande seid ihr, für das Bäckerhandwerk" über "du Drecksau, du wirst deine Strafe noch bekommen" bis zu "Heuchler und betrüger !!!" waren allerlei Beschimpfungen und auch zahlreiche Unwahrheiten mit dabei. "Insekten in Backwaren oder anderen Produkten brauche ich wie eine Axt im Kopf", ist dort zu lesen oder "wenn man mal typisch asiatische krankheiten, durch den verzehr von insekten, ausprobieren möchte, ist man hier genau richtig."
🐛 🦗 Einen #Protein-#Krapfen gibt es in dieser #Faschingssaison im Landkreis Ebersberg. Mit #Insekten. pic.twitter.com/zAauG0Gfx9
— BR24 (@BR24) February 20, 2023
Der Bäckerei-Chef meldete die schlechten Rezensionen umgehend an Google, wie er der SZ schildert. Sie verschwanden dann zwar von der Website, doch es tauchten immer wieder Neue auf. Die Krapfen seien der Niedergang der Backkultur, gesundheitsschädlich und in allen anderen Produkten der Bäckerei würden sich ebenso Insekten befinden, lauteten die Vorwürfe - doch nichts davon stimmt. Der 31-Jährige erklärt, dass alle anderen Backwaren selbstverständlich keine Insekten enthalten und die Bäckerei natürlich auch weiterhin alle traditionellen Produkte von Brot über normale Krapfen und Semmeln hinter der Theke anbietet.
Bei den Kundinnen und Kunden im Laden kamen die Insekten-Krapfen dagegen sehr positiv an, vor allem bei jüngeren Menschen. Ein Großteil hätte Interesse daran gezeigt. Schüler hätten sogar eine Mutprobe daraus gemacht, wer sich an die Insekten-Krapfen heranwagt.
Nach den Anfeindungen der vergangenen Tage wird Postel aber trotzdem auf Insekten in Krapfen oder anderen Produkten vorerst verzichten. Es seien keine solchen Kreationen mehr geplant. Den Feindseligkeiten der anonymen Userinnen und User im Netz blickt er nach der Aufregung in den ersten Tagen mittlerweile gelassen entgegen. "Ich bin an der Situation eigentlich nur gewachsen", schildert er der SZ. Mittlerweile hat sich auch die Situation bei den Google-Rezensionen wieder etwas beruhigt. Die Bäckerei kann sich wieder über 4,4 von 5 Sternen freuen und erfährt auch zu den Insekten Krapfen Zuspruch im Netz: "Lasst euch wegen der Insektensache nicht unter kriegen! Ich finde gut, dass ihr innovativ seid und versucht neue Wege zu gehen", schreibt ein User. "5 Sterne für den Mut was Neues auszuprobieren und sich nicht von falsch informierten und nicht nachdenkenden Leuten unterkriegen zu lassen", fügt ein anderer Nutzer hinzu.