Reden auf Corona-Demos: Weißenburger Polizist suspendiert

4.11.2020, 06:12 Uhr
Wurde wegen der Auftritte bei Corona-Demos suspendiert: Bernd Bayerlein.

© Robert Renner Wurde wegen der Auftritte bei Corona-Demos suspendiert: Bernd Bayerlein.

Es sorgte bayern- und deutschlandweit für viel Wirbel, als Bernd Bayerlein Anfang August als erster aktiver Polizeibeamter auf einer Kundgebung in Augsburg sprach. Mit "Achtung, Achtung, hier spricht die Polizei" leitete er seine Rede ein und äußerte sich kritisch zu den Corona-Maßnahmen der Politik und die Berichterstattung der "Lückenpresse".

In einem tausendfach angeklickten Video auf Youtube warf er der Regierung und den Medien vor, "Angst und Schrecken" zu verbreiten, und kam zu dem Schluss: "Wir werden ja alle bloß manipuliert."

Damals war der 49-jährige Bernd Bayerlein noch als Dienstgruppenleiter in der Polizeiinspektion Weißenburg tätig; direkt im Anschluss leitete das Polizeipräsidium Mittelfranken jedoch ein Disziplinarverfahren ein und versetzte Bayerlein in den Innendienst nach Nürnberg.

Gespräch mit der Behördenleitung

"Er wurde weder als Führungskraft noch mit Bürgerkontakt eingesetzt", erklärt Elke Schönwald, Pressesprecherin des Polizeipräsidiums Mittelfranken. In einem Gespräch mit der Behördenleitung habe man dem Polizisten noch einmal "intensiv vor Augen geführt", welche negativen Auswirkungen seine Auftritte und Reden haben könnten.

"Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung steht jedem Polizeibeamten zu", räumt Schönwald ein. Es dürfe jedoch keine Zweifel an der Neutralität und Loyalität geben, die Polizisten seien zu einer "notwendigen Mäßigung und Zurückhaltung" aufgerufen. Vor allem könne ein Beamter der Polizei schaden, wenn er sich als Polizist zu erkennen gibt, um seinen Aussagen Autorität zu verleihen, erläutert die Pressesprecherin weiter.

Davon zeigte sich Bayerlein allerdings offensichtlich wenig beeindruckt. Weitere Auftritte bei Kundgebungen in Weißenburg, Gunzenhausen und Berlin folgten, am 3. Oktober sprach der 49-jährige Polizist auf einer Demonstration in Konstanz.

Vergleich mit DDR-Diktatur

Den Tag der Deutschen Einheit nahm er zum Anlass, einen mehr oder weniger indirekten Vergleich zwischen den derzeitigen Verhältnissen in Deutschland und jenen in der DDR-Diktatur zu ziehen. Mit dem Mauerfall hätten sich die DDR-Bürger nämlich erwartet, "dass sie mehr Freiheit kriegen und für sie das Grundgesetz gilt", erklärte Bayerlein. "Aber mittlerweile kann man seine Zweifel daran haben."

In einem Interview vom selben Tag, das im Internet zu finden ist, vertritt er die Ansicht, dass es derzeit "massive Grundrechtseinschränkungen" und eine "Zensur in unserem Land" gebe.

In seiner Rede in Konstanz am 3. Oktober griff Bayerlein außerdem die zu diesem Zeitpunkt bereits als gezielte Falschmeldungen enttarnten Gerüchte auf, denen zufolge Kinder durch das Tragen von Mund-Nasen-Schutzmasken ums Leben gekommen seien. Er sprach von "mehreren Todesfällen" und "konkreten Hinweise darauf" und warf vor allem Lehrkräften und Schulleitungen vor, sich mit der Durchsetzung der Maskenpflicht der Misshandlung von Schutzbefohlenen strafbar zu machen.

Der Weißenburger versprach den Mitdemonstranten, dass er sich weiterhin dafür einsetzen werde, "dass die Grundrechte wieder in vollem Umfang gelten". Er hoffe, dass noch mehr Menschen "endlich in Aktion treten", und erklärte: "Ich bin überzeugt, dass ich das Richtige tu."

Vom Dienst suspendiert, vom Verfassungsschutz überprüft

Das sieht das Polizeipräsidium Mittelfranken offenbar anders. Am 5. Oktober wurde Bayerlein im noch immer laufenden Disziplinarverfahren vom Dienst suspendiert.

"Aufgrund der Schwere des im Raum stehenden Dienstvergehens und insbesondere der beharrlichen Fortsetzung seines dienstpflichtwidrigen Verhaltens", erläutert Pressesprecherin Elke Schönwald, bestünden "erhebliche Zweifel an der Loyalität gegenüber dem Dienstherrn."

Einen direkten Zusammenhang der Suspendierung mit dem Auftritt in Konstanz nur zwei Tage zuvor konnte Schönwald nicht bestätigen, erklärte aber, man würde laufend die "zurückliegenden, aktuellen und künftigen Aufritte" Bayerleins prüfen und in das Disziplinarverfahren einfließen lassen. An einen zeitnahen Ausgang des Verfahrens glaubt Schönwald nicht; bis es zu einem Urteil kommt, kann es noch lange dauern.


Corona-Skeptiker: Die arrangierte Mehrheit im Netz


Die Dienstaufsicht ist übrigens nicht die einzige Behörde, die sich Bayerleins Reden und Auftritte ganz genau anschaut: Auch der bayerische Verfassungsschutz hat die Inhalte überprüft. Das geht aus einer Antwort des Innenministeriums an den SPD-Landtagsabgeordneten Florian Ritter hervor, der unter anderem wissen wollte, wie die Staatsregierung mit Polizisten verfährt, die bei Corona-Demonstrationen aktiv auftreten.

Das Innenministerium erklärte am 14. September, man habe gegen die Beamten ein Disziplinarverfahren eingeleitet und sie durch das Landesamt für Verfassungsschutz geprüft. "Dabei wurden keine verfassungsschutzrelevanten Inhalte festgestellt."

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