Kolumne

Die Club-Defensive steht: Wie Robert Klauß auch neben dem Platz verteidigt

Fadi Keblawi

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2.8.2022, 14:01 Uhr
"Hast du das Saisonziel geändert, Robert?" "Natürlich nicht, Dieter."

© Sportfoto Zink / Daniel Marr, Sportfoto Zink / Daniel Marr "Hast du das Saisonziel geändert, Robert?" "Natürlich nicht, Dieter."

Dass sich der Fußballtrainer Robert Klauß auf Fußballtaktiken versteht, sieht man seit zwei Jahren am Beispiel des 1. FC Nürnberg. Der sah, bevor Klauß mit seiner Arbeit am Valznerweiher begann, sehr lädiert aus. Viel hätte nicht gefehlt und der neunmalige Deutsche Meister wäre in der 3. Liga gelandet.

Seit Klauß da ist, geht es nach oben in der Zweitligatabelle. In der vergangenen Saison wären sie sogar beinahe aufgestiegen, wenn nicht die Offensive ein wenig zu harmlos gewesen und in der Schlussphase die zu Beginn überragende Defensive ein wenig zu brüchig gewesen wäre.

Trotzdem: Beim Club zählen sie sich jetzt wieder zu den Spitzenmannschaften des Zweitliga-Landes und haben deshalb das Saisonziel neu formuliert. Im vergangenen Jahr ging es ihnen um Platz fünf bis acht, jetzt soll es irgendwas zwischen eins und sechs werden.

"Ambitioniert", nannte das Vorhaben Klauß jetzt gerade während der Pressekonferenz nach dem Pokalspiel in Siegen. Das mag stimmen, aber natürlich ist die Vorgabe mindestens genau so sehr: schwammig. Es besteht ja doch ein Unterschied zwischen Platz eins (alles ist super, weil Aufstieg) und Platz sechs (alles ist nicht so super, weil kein Aufstieg).

Taktischer Fragefehler

Man kann deshalb hin und wieder versuchen, andere ein Saisonziel für den Club formulieren zu lassen, um etwas konkreter zu werden und vielleicht auch den Druck zu erhöhen. In Siegen bot sich in dieser Hinsicht Thorsten Nehrbauer an. Der Trainer des 1. FC Kaan-Marienborn plauderte auf der Pressekonferenz munter über dies und das sowie die eigenen Ziele. Also wollte man ihn fragen, wo er am Ende der Saison denn den 1. FCN sieht. Taktischer Fehler: Die gleiche Frage wurde an Klauß mit Blick auf Kaan-Marienborn gestellt.

Klauß sah die Chance, die sich ihm bot, und antwortete als Erster. Sehr ausgiebig skizzierte er die Möglichkeiten und Beschränkungen des Regionalliga-Aufsteigers, ergänzte es mit ein paar Betrachtungen zur Lage der Regionalligen in Deutschland an sich und endete damit, dass er den Känern den Klassenverbleib locker zutraut, ohne damit den "Druck" erhöhen zu wollen.

Druck? Nein.

Der Defensivstratege Klauß hatte alles richtig gemacht. Als er das Wort an Nehrbauer übergab, frug der in die Runde, ob man wohl erwarte, dass er nun seinerseits den Druck auf Nürnberg erhöht. Antwort: Ja. Da lachte Nehrbauer und referierte über dies und das und endete mit der Feststellung, dass der Club sein Saisonziel schon erreichen werde.

Nichts mit Aufstieg, nichts mit Druck erhöhen. Es blieb die Schwammigkeit und ein sehr zufrieden dreinblickender Klauß, der weiß, dass er sich auf seine Defensivqualitäten verlassen kann - auf und neben dem Platz.

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