1. FC Nürnberg

Grethlein: "Geisterspiele wären eine Herausforderung für den Club"

17.11.2021, 06:52 Uhr
Moderiert einen Transformationsprozess beim Club: Thomas Grethlein.

© Sportfoto Zink / Thomas Hahn, NN Moderiert einen Transformationsprozess beim Club: Thomas Grethlein.

Herzlichen Glückwunsch zur Wiederwahl, Herr Grethlein. Aufsichtsratsvorsitzender des 1. FC Nürnberg – ist das 2021 noch ein Amt, das zur reinen Freude Anlass gibt?
Grethlein: Anlass zu reinen Freude würde ich nicht sagen. Das Amt macht schon auch Freude, es bringt aber genau so den ein oder anderen Grund zur Sorge mit sich. Ich freue mich in erster Linie über das Vertrauen der Kollegen im Aufsichtsrat, weiß aber auch, dass das Amt unschöne Seiten hat – und da muss man noch nicht einmal in erster Linie an Ingolstadt denken.

Der Aufsichtsratsvorsitzende wird in der Öffentlichkeit gerne auch als so eine Art Ersatzpräsident wahrgenommen. Ist das unfair dem Vorsitzenden eines reinen Kontrollgremiums gegenüber? Andererseits bedienen Sie diesen Eindruck mitunter ja auch, Sie treten schon als ein Gesicht dieses Vereins auf, sind sehr präsent.
Grethlein: Auch das hat wieder zwei Seiten. Ich glaube schon, dass es wichtig ist, dass es unabhängig von den ja doch vielleicht häufiger wechselnden Vorständen jemanden gibt, der für eine gewisse Kontinuität steht und diesen Verein repräsentiert. Es gibt bei Fans durchaus den Wunsch nach einer Person, die gefühlt in der Verantwortung steht und auf die dann auch der Ärger projiziert werden kann. Aber: Ich kann die Dinge nur sehr bedingt beeinflussen. Das muss ich tatsächlich oft erklären. Man muss dieses Bedürfnis der Fans allerdings schon bedienen, sich selbst aber im Klaren darüber sein, dass man nur über eingeschränkte Kompetenzen verfügt. Im Hinblick auf operative Entscheidungen hat man nur die Kraft der Worte und des guten Arguments.

Was man als Außenstehender mit Blick auf den Aufsichtsrat sieht: Im Vergleich zu 2014, als Sie erstmals in dieses Gremium gewählt wurden, geht es erstaunlich ruhig zu.
Grethlein: Das stimmt, in der Außenwirkung kommt der Aufsichtsrat tatsächlich sehr ruhig daher. Intern aber wird intensiv diskutiert. Anders als früher aber immer im konstruktiven und sachlichen Sinn. Alle Mitglieder des Aufsichtsrates sind am Wohle des Vereins interessiert. In meiner Anfangszeit hatte ich schon hin und wieder den Eindruck, dass der ein oder andere auf seinen vorgefertigten Meinungen beharrt und für Argumente nicht unbedingt aufgeschlossen ist. Das ist jetzt anders.

Was ist denn am 1. FC Nürnberg im November des Jahres 2021 anders im Vergleich zu 2014, als Sie ihn kennengelernt haben. Wie würden Sie den Verein im Hier und Jetzt beschreiben?
Grethlein: Als einen Verein im Transformationsprozess. Wir haben uns auf den Weg gemacht, das betrifft sportliche Dinge, wirtschaftliche und gesellschaftliche. Ich finde, dass man sieht, dass etwas in Bewegung geraten ist.

Und mitunter wird diese Bewegung ausgebremst wie bei der nicht gewonnenen Abstimmung zur Gründung einer Vermarktungs-GmbH während der Jahreshauptversammlung. Lässt Sie so etwas am Verein zweifeln?
Grethlein: Bei diesem speziellen Punkt sehe ich die Fehler bei uns selbst. Wir haben offenbar nicht gut genug erklärt, was wir wollen und warum wir das für gut und richtig halten. Wir hätten das noch einmal verdeutlichen und begründen müssen. Auch, warum wir die Zahl 25 Prozent nicht in den Antrag aufgenommen haben. Das hat einfach den Grund, dass wir bei einer Stadiongesellschaft als Verein sicher nicht 75 Prozent der Anteile halten werden können. Das war unser Versäumnis und dann gab es sicher auch den taktischen Fehler, diese wichtigste Frage ganz am Ende einer langen Mitgliederversammlung zur Abstimmung zu bringen. Trotzdem arbeite ich gerne in einem Verein, auch wenn es mitunter mühsam ist.

Kompliziert ist auch die Gegenwart inmitten einer Pandemie. Nicht nur und nicht in erster Linie für die Sportvereine natürlich, aber eben auch. Steht es wegen Corona jetzt, da es sportlich eigentlich gut läuft, sogar schlimmer um den Verein als 2014?
Grethlein: Als ich 2014 nach meiner Wahl den Verein so richtig kennengelernt habe, war ich von der finanziellen Situation ehrlich gesagt schon etwas schockiert. Jetzt sehe ich den Verein grundsätzlich besser aufgestellt, aber durch die Folgen der Pandemie werden wir wieder in eine Richtung gedrängt, von der wir dachten, das erleben wir nie mehr. Das ist belastend. Um es konkret zu sagen: Eine Rückkehr der Geisterspiele wäre eine schwer zu meisternde Herausforderung.


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