Braunschweig vor der Brust

Nach der Derby-Pleite: Droht dem Club jetzt das große Zittern?

Johannes Lenz

Nordbayern-Redaktion

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26.2.2024, 19:16 Uhr
Nicht nur Johannes Geis und Enrico Valentini waren nach der Niederlage in Fürth bedient.

© Sportfoto Zink / Melanie Zink, Sportfoto Zink / Melanie Zink Nicht nur Johannes Geis und Enrico Valentini waren nach der Niederlage in Fürth bedient.

Der Hannoveraner Robert Schröder hat sich am Sonntag wahrlich keine Freunde in Nürnberg gemacht. Nach gut einer halben Stunde legte der Schiedsrichter ein Einsteigen Jens Castrops gegen den Fürther Julian Green in Höhe der Mittellinie als taktisches Foul aus - und verwies den bereits verwarnten Club-Spieler des Feldes. Nicht nur Club-Coach Christian Fiél übte Kritik an der Entscheidung, auch viele Anhänger schäumten in den sozialen Netzwerken vor Wut: aus ihrer Sicht hatte der Referee das Derby eindeutig zu Ungunsten ihrer Farben beeinflusst.

Doch das ist allenfalls die halbe Wahrheit: Zum einen war die Entscheidung, Castrop frühzeitig zum Duschen zu schicken, zwar hart, aber vertretbar. Bereits bei seiner ersten gelben Karte, die er ebenfalls für ein Foul an Green gesehen hatte, bewegte sich Castrop an der Grenze zum Platzverweis - eine Einschätzung, die unter anderem auch die "Sportschau" vertrat. Zum anderen agierte der Club über die gesamte Spielzeit äußerst passiv. Zwar war Fiéls Mannschaft in der Anfangsphase aufgrund des herausragenden Konterspiels die torgefährlichere Mannschaft, spielfreudiger und bissiger präsentierte sich aber da schon die Spielvereinigung. Nach dem Platzverweis hatte der Club dem Kleeblatt dann fast nichts mehr entgegenzusetzen.

Der Trend geht nach unten - Alarmbereitschaft angesagt?

Dass der Frust nach einer Derby-Niederlage tief sitzt, ist normal - die Fanlager beider Seiten wissen das am besten. Doch die Spieler, Trainer und übrigen Verantwortlichen sollten sich vor allem kritisch mit der eigenen Leistung auseinandersetzen. Denn die Niederlage gegen die Spielvereinigung kann auch als Konsequenz der sportlichen Entwicklung in den letzten Wochen interpretiert werden: Nur ein Sieg gelang dem FCN in der Rückrunde, dem gegenüber stehen drei Unentschieden und zwei Niederlagen.

Sechs Punkte aus sechs Spielen sind zwar keine rabenschwarze Bilanz, aber eben auch keine, mit der man entspannt die Saison ausklingen lassen kann: Kalkuliert man mit dieser Ausbeute den restlichen Saisonverlauf, würde der Club die Saison mit 41 Zählern beenden. Haarscharf also nur über der magischen "40-Punkte-Marke", die im Normalfall den sicheren Klassenerhalt bedeutet. Bei momentan acht Punkten Vorsprung auf die hinteren Ränge wirkt das Horrorszenario Abstiegskampf zwar weit entfernt, doch ein Blick auf manche Statistiken und das Restprogramm sollte den FCN zumindest in Alarmbereitschaft versetzen.

Traurige Werte bedeuten viel Arbeit

Sorgen dürfte dem Club zum die "Expected Goals"-Statistik bereiten, also die erwarteten Tore und Gegentore pro Partie. Im Angriff sieht es demnach recht mau aus: Nur 1,16 erwartete Tore schießt der FCN pro Partie - der drittschlechteste Wert der Liga und ein negativer Rückschluss sowohl auf die Quantität als auch die Qualität der kreierten Torchancen. Auch bei den erwarteten Gegentoren spricht die Statistik nicht für den Club: Im Schnitt lässt der Club Chancen für 1,6 erwartete Gegentore pro Spiel zu, nur drei Vereine ermöglichen ihren Gegnern die Chance auf noch mehr Tore.

Die tatsächliche Bilanz unterstreicht die Tendenz der "xGoals-Statistik": Mit 32 erzielten Treffern hat der Club zwar mehr Tore erzielt, als ihm statistisch zustehen, trotzdem stellen die Nürnberger mit dieser Ausbeute den viertschwächsten Angriff der Liga. Bei den Gegentreffern sieht es ähnlich aus: den "erwarteten" 37 Gegentoren stehen sogar 42 tatsächlich kassierte Treffer gegenüber - nur drei Mannschaften mussten noch mehr Gegentore hinnehmen. Wenn der Club zurück in die Erfolgsspur will, muss er sowohl am Angriffsspiel als auch an der defensiven Stabilität arbeiten.

Schweres Restprogramm: Zum Siegen verdammt?

Nervös wird mancher Clubfan vielleicht auch beim Ausblick auf das Restprogramm der Saison: Elf Partien stehen noch aus, gleich fünfmal muss der FCN gegen Mannschaften ran, die Stand heute um den Aufstieg kämpfen: St. Pauli, Kiel und der SC Paderborn gastieren noch im Max-Morlock-Stadion, zudem muss der Club noch nach Düsseldorf und zum Hamburger SV reisen. Auf der anderen Seite warten nur noch zwei Partien gegen Mannschaften, die in der Tabelle hinter dem FCN stehen: Das kommende Heimspiel gegen Braunschweig und das Auswärtsspiel auf Schalke am 29. Spieltag.

Der Club hat also nicht mehr viele Chancen, die Konkurrenz aus dem letzten Tabellendrittel im direkten Vergleich auf Distanz zu halten. Die Rückrundenduelle gegen Wiesbaden, Kaiserslautern, Rostock und Osnabrück sind bereits absolviert - nur eines davon konnte der Club für sich entscheiden. Vor diesem Hintergrund könnte das kommende Spiel gegen die Braunschweiger Löwen richtungsweisend sein - geht die Partie verloren, ist der Club fast schon dazu verdammt, gegen den ein oder anderen Aufstiegsaspiranten zu punkten - keine unmögliche, aber doch eine schwere Aufgabe.

Trotz Talfahrt: Was dem Club Mut bereiten kann

Doch es gibt auch Faktoren, die dem Club Mut machen können. Zum einen wäre da die Schwäche der Konkurrenz: Der VfL Osnabrück ist trotz des Sieges gegen Hannover abgeschlagen Letzter, Rostock hat nur eines der zehn vergangenen Spiele gewonnen und taumelt dem Abstieg entgegen. Der Trainerwechsel beim 1. FC Kaiserslautern scheint bereits nach zwei Spielen verpufft, im Südwest-Derby gegen den KSC verloren die "Roten Teufel" klar mit 0:4. Und auch der FC Schalke kommt nicht wirklich vom Fleck: Nach dem vermeintlichen Befreiungsschlag im Kellerduell gegen Braunschweig folgte eine herbe 0:3-Klatsche in Magdeburg.

Zuversicht bereitet zudem die direkte Bilanz gegen die Mannschaften auf den hinteren Tabellenplätzen. Zwar hat der Club von zuvor erwähnten Partien in der Rückrunde nur das Spiel gegen Hansa Rostock gewonnen, dafür aber auch keines verloren: gegen Wiesbaden, Osnabrück und zuletzt Kaiserslautern spielte der Club jeweils Unentschieden. Gegen Wiesbaden stimmte die Leistung, der Club stand sich eher selbst im Weg. Der FCK kam mit einem neuen Trainer und großem Erfolgsdruck nach Nürnberg, konnte aber trotzdem nicht gewinnen.

Gelingt es dem Club, eine ähnliche Leistung gegen Braunschweig und Schalke abzurufen und sich vielleicht sogar noch zu steigern, ist mehr drin als jeweils ein Remis. Die Mannschaft jedenfalls hat das Potenzial, beide Gegner schlagen zu können. Sollte das gelingen, hätte der Club (mindestens) 38 Punkte auf dem Konto. Vielleicht kann der Club dem Saisonende doch noch gelassen entgegenblicken - solange er sich jetzt der ernsten Lage bewusst ist.

Wie würden Sie die Mannschaft für das nächste Club-Spiel aufstellen?

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