110 Jahre Ronhof: Der Schock nach Fürths Meisterschaft

9.5.2020, 18:32 Uhr
110 Jahre Ronhof: Der Schock nach Fürths Meisterschaft

Die Jubelrufe nach der ersten Deutschen Meisterschaft waren noch nicht verhallt, da gellten andere Töne durch die Straßen Fürths: Der Erste Weltkrieg wurde auch in der Kleeblattstadt im Sommer 1914 mit anfänglicher Begeisterung aufgenommen. Bei der Spielvereinigung hielt sich diese naturgemäß in Grenzen. Ein Großteil der Meisterelf musste gleich zu Beginn in den Krieg ziehen. So kam es, dass die Elf, die in Magdeburg gegen den VfB Leipzig das Endspiel gewonnen hatte, nur noch ein einziges Mal, in einem Freundschaftsspiel in Karlsruhe, zusammenspielte.


110 Jahre Ronhof - Folge 4: Mit Townley erklomm Fürth die Spitze


Für das Kleeblatt brachte das finanzielle Probleme. Vorstand Heinz Ludwig Kraus beklagte, man hätte den Titel „mit allen Mitteln angestrebt“, was „hohe finanzielle Anforderungen“ mit sich gebracht hätte. „Der überraschende Ausbruch des Krieges verhindert nun eine Auswertung der errungenen Erfolge.“ 

Größter Sportverein des Deutschen Reichs

Nachdem die Mitgliedszahl bis Kriegsbeginn auf 3000 gestiegen und die SpVgg Fürth der größte Sportverein des Deutschen Reiches geworden war, hatte man nur noch die Mitgliedsbeiträge als Einnahmen. Weil kein regulärer Spielbetrieb möglich war, wurde das Loch in der Kasse größer, die Rückzahlung der Kredite für den Bau des Ronhofs schwieriger.

In dieser Lage kam der SpVgg die ab 1918 grassierende Inflation zugute. Die Mark verlor immer rascher an Wert. So konnten die Rest-Schulden zurückgezahlt werden. Obwohl 1922 und 1923 die Konjunktur weltweit einbrach, schien das Kleeblatt davon nicht beeindruckt. Die erste Mannschaft, die 1920 das erste Meisterschafts-Endspiel nach dem Krieg gegen den Club in Frankfurt 0:2 verloren hatte, gehörte weiterhin zur deutschen Spitze. Und die Ausbaumaßnahmen am Ronhof gingen ab 1920 munter weiter. Es wurde ein Grundstück dazugekauft und ein Bretterzaun aufgestellt, der das gesamte Gelände umgab.

Radrennen im Stadion

1921 gab es ein kurzes und kurioses Intermezzo. Der „Rennverein Triumph“ war der SpVgg beigetreten und wollte im Ronhof Radrennen ausrichten. Dafür wurde kurzfristig die Aschenbahn um den Platz, die für Leichtathletik gebaut worden war, in den Kurven erhöht. Nach einigen Versuchen brach man das Experiment allerdings ab, die Radsportler traten wieder aus. Dafür waren inzwischen Schwimmer und Handballer eingetreten. Während die Schwimmer „am Kanalhafen an der Poppenreuther Straße“, also am damals noch existierenden Ludwigskanal, zugange waren, brauchten die Handballer, die damals noch auf dem Feld spielten, Raum. 

1922 wurde ein C-Platz auf dem dazugekauften Grundstück errichtet, die Ränge des Stadions wurden weiter erhöht. 1923, auf dem Höhepunkt der Inflation, weihte man das fußballförmige Kriegerdenkmal ein, das 4,5 Millionen Mark kostete und heute auf dem Vereinsgelände an der Kronacher Straße steht.

Nachdem die Einführung der Rentenmark und andere Maßnahmen die Wirtschaft beruhigt hatten, wurden im Ronhof Platzkassen und die Vortribüne errichtet sowie 1927 die Ränge noch einmal erhöht. Sie mussten nun erstmals mit Stützmauern versehen werden. Das Jahr 1927 markierte ohnehin einen Einschnitt: Der Ort Ronhof wurde nach Fürth eingemeindet, und so konnte die SpVgg ihr Gelände endlich an die Infrastruktur der Stadt anschließen. Die Zeit der Petroleumleuchten war vorbei. So feierte der Verein sein 25-jähriges Bestehen im Jahr 1928 in einem schmucken, nun elektrisch beleuchteten Sportpark.

Sportfeste der Nazis

Dass die sportlichen Erfolge mit der Entwicklung des Geländes zumindest in den 20er Jahren Schritt hielten, zeigen die beiden Deutschen Meisterschaften 1926 und 1929. Der Fußball hatte sich mittlerweile zum Massenphänomen gewandelt. So sahen mehr als 50.000 Menschen im überfüllten Nürnberger Stadion 1929 den 3:2-Finalsieg der SpVgg Fürth über Hertha BSC.

Da man auch in Fürth mit mehr Zuschauern kalkulierte, beschloss man, den Ronhof Anfang der 1930er Jahre auf rund 20.000 Plätze zu vergrößern. Vorstand Paul Sörgel dankte ausdrücklich der ersten Mannschaft: „Ihre sportlichen Erfolge, im Vorjahr gekrönt durch die Erringung der dritten deutschen Fußballmeisterschaft, brachten die finanziellen Mittel für den Bau.“ 1931 folgte das Sportheim, das bis 2007 Gäste im Sportpark Ronhof willkommen heißen sollte, ein rotes Backsteingebäude „im skandinavischen Stil“, wie es hieß.

Unter Regie des von den Nazis 1933 installierten „Vereinsführers“ Hans Pfeiffer (die gesamte Vorstandschaft war aufgrund der Gleichschaltung zurückgetreten) wurde die Tribüne wieder vergrößert, die Kapazität des Stadions stieg auf über 25.000. Neben den Fußballspielen wurden auch Sportfeste der Nazis abgehalten, die neue Abteilung „Wehrsport“ nutzte das Gelände für paramilitärische Übungen. Noch nach Beginn des Zweiten Weltkrieges, im Jahr 1940, wurde der Sportpark an das Fürther Kanalnetz angeschlossen.

Im weiteren Verlauf des Krieges ging es darum, Bombenschäden zu reparieren. Waren es anfangs noch kleinere Schäden, so traf im Februar 1945 eine Brandbombe die Tribüne. Das Holzbauwerk brannte fast vollständig ab. Der Ronhof hatte keine Tribüne mehr, zunächst war das aber nicht wichtig: Die Amerikaner hatten das Gelände beschlagnahmt, Fußball war anfangs nicht erlaubt. Bei der SpVgg bemühte man sich, es wieder zurückzubekommen – was nicht leicht war, da auch andere ihren Blick auf den Ronhof geworfen hatten.
 


Alle Folgen der Serie:

110 Jahre Ronhof - Folge 1: Als die Fürther ihr Stadion bekamen

110 Jahre Ronhof - Folge 2: Der Baubeginn des Sportparks

110 Jahre Ronhof - Folge 3: Die feierliche Eröffnung des Sportparks

110 Jahre Ronhof - Folge 4: Mit Townley erklomm Fürth die Spitze

110 Jahre Ronhof - Folge 5: Der Schock nach Fürths Meisterschaft

110 Jahre Ronhof - Folge 6: Nach dem Krieg im Aufwind

110 Jahre Ronhof - Folge 7: Der Verfall begann schleichend

110 Jahre Ronhof - Folge 8: Zukunft mit Flutlicht statt Pappeln

Keine Kommentare