Club-Legende Gustav Flachenecker ist tot

6.4.2021, 16:14 Uhr
Club-Legende Gustav Flachenecker ist tot

© Foto: imago images / Ferdi Hartung

Es gibt Fußballer, die für ein einziges großes Spiel in Erinnerung bleiben. Oder für ein einziges Tor. Bei Gustl Flachenecker ist es ein großes Spiel – mit gleich zwei Toren. Am 1. Februar 1962 erwartete der 1.FC Nürnberg die beste Mannschaft der Welt, Benfica Lissabon, es war das Viertelfinal-Hinspiel im europäischen Meisterwettbewerb. Auf dem verschneiten Platz ging der Titelverteidiger aus Portugal früh in Führung, für Gustav Flachenecker, den alle nur Gustl nannten, begann "das Spiel seines Lebens", so heißt es seither.

Dem Nürnberger Rechtsaußen glückte das Ausgleichstor, noch vor der Pause legte er Heinz Strehl das 2:1 auf, kurz vor Schluss erhöhte Flachenecker auf 3:1. Das Spiel seines Lebens? "Es war nicht mein bestes Spiel, vielleicht mein auffälligstes", sagte Flachenecker noch Jahrzehnte später. Er war ein ruhiger, freundlicher Mann, der es fernab des Platzes nicht darauf anlegte, aufzufallen. Auf die Frage, warum er so schnell sei, hat er einmal geantwortet, dass der Eindruck täusche. Er habe eben kurze Beine, "damit sieht man schneller aus".

Das 3:1 vom Februar 1962 gehört bis heute zu den größten internationalen Erfolgen des 1.FC Nürnberg, aber schon damals konnte sich das Glück als trügerisch erweisen – im Rückspiel ging der Club mit 0:6 unter, geblendet vom hellen Flutlicht, wie die Chronisten festhielten. Flachenecker erzählte auch davon, von jenen Irritationen, die vermeintliche Gegenspieler auslösten – vom eigenen Schatten verfolgt zu werden, waren die Europacup-Neulinge nicht gewohnt.

Ein auffälliger Fußballer war Gustl Flachenecker schon als Bub, er kickte für den TB Johannis 88, es gibt die Geschichte, dass sein Vater ihm pro Tor 50 Pfennige bezahlte – bei einem 36:0 gegen den ASC Boxdorf kamen so einmal zehn D-Mark zusammen. Jugendleiter Andreas Weiß holte den quirligen Gustl 1952 als Zwölfjährigen zum 1.FC Nürnberg. Der damals erfolgreichste deutsche Verein, der 1948 seine erste Nachkriegs-Meisterschaft hatte feiern dürfen, steckte in einer kleinen Krise – 13 Jahre lang sollte das Warten auf den achten Meistertitel dauern. Den gewannen 1961 – mit einem 3:0 im Endspiel gegen Borussia Dortmund – die "jungen Wilden", so hieß eine Mannschaft voller leidenschaftlicher Fußballer, die es beflügelte, von ihrem Idol angeführt zu werden, von Max Morlock. Flachenecker gehörte dazu, ein Jahr später gewannen sie den DFB-Pokal, im europäischen Pokalsiegerwettbewerb scheiterten sie 1963 erst im Halbfinale knapp an Atletico Madrid (2:1, 0:2).

Zur Premiere der neuen Bundesliga 1963 stand Flachenecker auf dem Platz, aber ständige Schmerzen in den Achillessehnen bedeuteten ein frühes Ende der Karriere, die 1967/68 mit einem Kurzgastspiel beim Fürther Kleeblatt ausklang. Der gelernte Kfz-Mechaniker übernahm ein Lotto-, Tabak- und Schreibwarengeschäft an der Rothenburger Straße, dem geliebten Spiel blieb er als Amateur-Trainer verbunden. "Ich war mit Leib und Seele Fußballer", hat er einmal gesagt. Am Ostermontag ist Gustav Flachenecker im Alter von 80 Jahren gestorben.

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