Club-Pleite in Hannover: Ein Schritt näher am Abgrund

10.2.2019, 12:52 Uhr
Miese Laune, hängende Köpfe, Platz 18: Beim 1. FC Nürnberg stehen die Zeichen nach der Pleite in Hannover auf Abstieg.

© Sportfoto Zink / DaMa Miese Laune, hängende Köpfe, Platz 18: Beim 1. FC Nürnberg stehen die Zeichen nach der Pleite in Hannover auf Abstieg.

Als richtungsweisendes Spiel im Abstiegskampf war das Duell bei Hannover 96 auserkoren. "Wer die Tabelle lesen kann", sagte Trainer Michael Köllner bei der Pressekonferenz vor der Partie, "sieht, dass es um sehr, sehr viel geht". Doch anstatt eines Aufbäumens zeigte der 1. FC Nürnberg am Samstag in Hannover eine weitere Vorstellung, die nur wenig Zweifel daran ließ, dass der Club in der Tabelle genau dort steht, wo er hingehört.

Neun Spiele in Folge gelang Hannover zuletzt kein Dreier mehr, beim Club waren es sogar 15 sieglose Bundesliga-Partien. Entsprechend wichtig war die Partie im Kampf um den Klassenerhalt eigentlich. Doch den ersten großen Nachteil verschaffte sich der Club nach nur zwölf Minuten selbst: Simon Rhein, der in bekannter Köllner-Manier von der Tribüne in die Startelf rotiert wurde, erwies seinen Kollegen einen Bärendienst. Im Zweikampf gegen Julian Korb kam der 20-Jährige deutlich zu spät und traf den Hannoveraner heftig am Bein. Eines von insgesamt 16 Club-Fouls in der Partie, mit Sicherheit aber das folgenschwerste.

Laufschwach und unpräzise

Club-Sportvorstand Andreas Bornemann sollte die Rote Karte später als "Fehlentscheidung" deklarieren. Ob des harten, wenn auch unabsichtlichen, Einsteigens von Rhein hätte Schiedsrichter Tobias Welz hier allerdings nicht anders reagieren können. Die Folge: Mehr als 80 Spielminuten waren die Gastgeber in Überzahl und nutzten spätestens mit der Führung auch ihre numerische Überlegenheit. 120 Kilometer spulten die Hannoveraner ab, der Club legte rund zehn Kilometer weniger hin. Während auf Nürnberger Seite lediglich Hanno Behrens, Adam Zrelak und Matheus Pereira die Elf-Kilometer-Marke knackten, waren es bei Hannover gleich doppelt so viele Spieler.

Hannover gelang es so, den Club im Spielaufbau unter Druck zu setzen und satte 91 Fehlpässe zu provozieren. So kamen die Gastgeber immer wieder in Ballbesitz (insgesamt 52 Prozent) und wussten diesen in Überzahl auch zu nutzen. Für das Köllner-Team waren vermehrt die langen Bälle das gewählte Mittel zum Erfolg, fast jedes fünfte Zuspiel wurde als solcher registriert - was letztlich auch ein Grund für die hohe Fehlpass-Quote von 23,3 Prozent war. Und wenn sich der fränkische Bundesligist dann doch einmal vors Tor kombinierte, waren die Abschlüsse häufig zu ungefährlich (wie bei Knölls Versuch in der 19. Minute) oder zu unpräzise, beispielsweise bei Mühls Volley in der Schlussphase. Am Ende stand nur ein Torschuss für den FCN in der Statistik. Viel zu wenig in einem Spiel, dessen Tragweite in den Tagen zuvor mehrfach und unermüdlich betont worden war.

Eine verheerende Statistik

Ebenfalls auffällig: Die Club-Kicker gewannen nur 37 Prozent der Luftzweikämpfe - ein katastrophaler Wert für eine Mannschaft, der zuvor offensichtlich auf den Weg gegeben wurde, mit hohen Bällen zu agieren. Warum der kopfballstarke Mikael Ishak erst in der 88. Minute und beim Spielstand von 0:2 ins Spiel kam, stößt nicht zuletzt bei den Fans auf Unverständnis. Die Kritik an Köllner wird immer lauter und auch im Aufsichtsrat sollen die Zweifel am Oberpfälzer wachsen.

 

 

 

So übernahm der Club am Samstag die rote Laterne und sieht zunehmend wie ein Absteiger aus. Zwölf Punkte nach 21 Spieltagen haben in der Bundesliga-Historie noch nie für den Klassenerhalt gereicht, in 55 Jahren sind bislang fast 73 Prozent der Klubs, die am 21. Spieltag Tabellenletzter waren, abgestiegen. Wie auch im dramatischen Abstiegsfinale 1999 passt der von Reporter-Legende und Club-Aufsichtsrat Günther Koch geprägte Satz "Hier ist Nürnberg, wir melden uns vom Abgrund" perfekt in die derzeitige Lage beim neunmaligen Deutschen Meister. So wie es derzeit aussieht zwar mit deutlich weniger Dramatik als noch vor 19 Jahren, aber mit ähnlich verheerenden Folgen.

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