Das Kleeblatt in der Krise: Hat Hack noch die Kontrolle?

11.11.2017, 14:08 Uhr

Präsident Helmut Hack (rechts) unter Druck und sportlich erfolglose Profis: Die Spielvereinigung Greuther Fürth im November 2017. © Sportfoto Zink / WoZi

Die 2003 ausgegliederte Profiabteilung war immer ein Garant für Konzerngewinne, steigendes Eigenkapital und Erfolg auf dem Rasen. Ausbilden, klug einkaufen und teuer weiterverkaufen. Die Spielvereinigung lieferte und investierte wie kaum ein anderer Zweitligist: Das neue Trainingsgelände, die stetige Entwicklung des Nachwuchsleistungszentrums, aktuell der Stadionumbau – Fürth war über Jahre ein Vorzeigeverein mit Visionen und Zielen.

Doch die Fassade bröckelt. Die Profis taumeln von Spieltag zu Spieltag – der Abstieg droht. Die U23 blamiert sich regelmäßig in der Regionalliga, die U17 ist aus der Bundesliga abgestiegen, die U19 wird wohl folgen. Auf Fürth rollt eine Welle zu, die selbst die Krabbenfischer in der Beringsee zusammenzucken ließe.

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In der Verantwortung steht mal wieder der Präsident. Helmut Hack konnte bislang jede Krise meistern. Der 68-Jährige hat in stürmischen Zeiten immer seinen Mann gestanden. Weil er muss. Die Spielvereinigung ist Helmut Hack. Schon länger lässt er durchblicken, irgendwann den Stab weiterreichen zu wollen. Aber an wen?

Ein Nachfolger ist auch anno November 2017 nicht in Sicht. Aktuell scheint es aber so, als habe der Steuermann die Orientierung verloren. Der notwendige Strukturwandel kommt nicht. Hack ist in seiner Funktion als Präsident, Patron und oberster Feldherr ein Dino der Bundesliga. Fakt ist, dass es die Spielvereinigung und Hack seit Jahren verpasst haben, einen starken Mann mit Befugnissen aufzubauen, der ihn einmal ersetzen und zufrieden sein Lebenswerk genießen lassen kann. Wer da war, war meistens schnell wieder weg.

Fürth ist auf seine Art einzigartig. Kein Profiverein leistet sich einen Direktor Sport, der gleichzeitig noch Psychologe der Spieler sein darf wie Martin Meichelbeck. Wo sonst darf der Sohn eines Präsidenten als Spielerberater im eigenen Verein tätig sein? Zudem herrschen zwischen Meichelbeck und Profifußball-Direktor Ramazan Yildirim atmosphärische Störungen. Meichelbecks Umzug vom Trainingsgelände in die Geschäftsstelle erfolgte auf Yildirims Anordnung. Meichelbeck, der sich ein wenig selbstverliebt Direktor Medizin, Sportwissenschaften, Sportpsychologie, Innovation nennt, macht sich in seiner Position öffentlich nicht angreifbar, zieht im Hintergrund die Strippen.

Der vom Scout zum Manager aufgestiegene Yildirim steht bei den Profis aufgrund der Transferpolitik in der Kritik der Fans. Im Nachwuchsbereich ist er mit Transfer- und Personalentscheidungen eher glücklos. Der eloquente Ex-Profi konnte sich gegenüber Hack lange gut verkaufen. Nicht allzu kritisch zu sein gegenüber dem Präsidenten, funktionierte schon immer. Ausgerechnet Yildirim, der von allen bisherigen Managern am wenigsten Erfahrung aufweist, ließ Hack entgegen seinem Naturell an der langen Leine. 

Muss Yildirim gehen? 

Sonst ist und war das anders: Wer polarisierte, fiel durchs Raster. Frag nach bei Frank Kramer, Stefan Ruthenbeck, Michael Mutzel oder Janos Radoki, der Fürth verändern wollte. Alle zerschellten an der weißgrünen Wand. Zurück in die Gegenwart. Da muss Hack jetzt aufs Geld schauen. Die Zuschauer bleiben aus, im TV-Ranking rutscht Fürth ab, die Pokalsaison ist vorbei, das rund 18,5 Millionen teure Leuchtturmprojekt "Haupttribüne" befindet sich im zweiten Bauabschnitt und will bezahlt werden. Zudem hat mit der Firma Stechert ein Sponsor Insolvenz angemeldet, der rund 500.000 Euro im Jahr überwies.

Mit Ex-Coach Radoki (Vertrag bis 2019), Damir Buric (100.000 Euro Ablöse/Vertrag bis 2019), U23-Trainer Timo Rost (2019) und U19-Coach Josef Steinberger (2020) sind in den Problem-Teams langfristige Verträge geschlossen worden. Roberto Hilbert wurde für ein üppiges Gehalt nachverpflichtet, weil man noch im Sommer glaubte, mit Dominik Schad – Klient bei Spielerberater Christian Hack – als flexibler Außenverteidiger ausreichend bestückt zu sein. Mit Meichelbeck wurde im Winter abseits der Öffentlichkeit verlängert, nur Yildirims Vertrag endet zum Saisonende.

Mit den üblichen Hire-and-Fire-Methoden würde es teuer werden für die Spielvereinigung. Lediglich bei Yildirim halten sich die Kosten in Grenzen. Er wird wohl gehen müssen, Gespräche mit einem Nachfolger laufen. In schlechten Phasen rollen eben Köpfe. Das grundlegende Problem wird aber ein neuer Manager nicht lösen, sollte er nicht die Kompetenzen für einen Neustart erhalten.

Es liegt jetzt an den Profis, den Verein zu retten, der seit der Trennung von Radoki in zwei Lager gespalten ist. Ein Abstieg in die Dritte Liga würde die Fürther um Jahre zurückwerfen. "Vielleicht wäre es sogar die Chance für einen Neustart", heißt es hinter vorgehaltener Hand im Verein.