Eine gute Idee zu viel: Der FCN und die aktuelle Sportchef-Suche

21.7.2020, 15:24 Uhr
Neben Dieter Hecking scheint auch noch Benjamin Schwedes in der engeren Auswahl zu sein.

© Sportfoto Zink Neben Dieter Hecking scheint auch noch Benjamin Schwedes in der engeren Auswahl zu sein.

Der 1. FC Nürnberg hat ein Problem: Der Verein hat eine gute Entscheidung getroffen. Oder vielmehr zwei. Oder, noch genauer: zwei, die so aussehen, einigermaßen sicher weiß man das beim Fußball dummerweise immer erst hinterher.

Aber auf der Suche nach einem künftigen Sportvorstand an Dieter Hecking zu denken, löste einigen Beifall unter Fans und Sympathisanten des Fußball-Zweitligisten aus, laut Umfragen und diversen digitalen Debatten wäre Hecking offenbar sehr willkommen.

Allerdings: Es gibt noch eine andere charmante Idee, die mit Benjamin Schmedes. Der 35 Jahre alte Sportdirektor des VfL Osnabrück, von Insidern gehandelt als beinahe noch jugendlicher Magier, eine Art Harry Potter unter den Fußball-Managern, stand schon lange vor Hecking auf der Liste – erstmals bereits im Frühjahr 2019, als Nürnberg nach der Beurlaubung von Andreas Bornemann ebenfalls einen Sportvorstand suchte.

Damals gab es zumindest ein Denkmodell mit einem Duo aus Benjamin Schmedes und Markus Krösche, dem seinerzeit allerdings auch von Hannover 96 und Schalke 04 umworbenen und dann zu RB Leipzig gewechselten Sportchef des SC Paderborn. Die Sache zerschlug sich, den Kontakt zu Schmedes hielt der 1.FC Nürnberg aber, nachdem Robert Palikuca im April Bornemanns Nachfolge angetreten hatte.

Seit dem Wochenende ist auch offiziell bekannt, dass Schmedes wieder auf der Nürnberger Liste steht. "Ja, wir kennen das Interesse aus Nürnberg", bestätigte Jürgen Wehlend, Geschäftsführer des VfL Osnabrück, der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Schmedes selbst äußerte sich auch auf Anfrage nicht, entscheiden muss über diese Personalie der Aufsichtsrat des 1. FC Nürnberg. Aus dem neunköpfigen Gremium gibt es natürlich ebenfalls keine öffentlichen Aussagen dazu, aber offenbar hat die Begeisterung für Hecking die Räte einigermaßen überrascht.

Schmedes soll bis dahin der erklärte Favorit gewesen sein, es scheint starke Stimmen für ihn zu geben, aber noch kein geschlossenes Meinungsbild. Wie vor 15 Monaten Palikuca wäre nun der sehr gut beleumundete Schmedes wieder ein Sportvorstand mit außerhalb der Szene kaum bekanntem Namen.

Die Qualität seiner beim VfL Osnabrück geleisteten Aufbauarbeit ist offensichtlich, aber auch die Frage, inwieweit man die Verhältnisse in Niedersachsen mit denen bei einem notorisch aufgeregten und ungeduldigen 1. FC Nürnberg vergleichen kann, dürfte im Raum stehen.

Vier Dutzend Fragezeichen

Der zwanzig Jahre ältere Dieter Hecking ist mit dem Club, den er von Dezember 2009 bis Dezember 2012 drei Jahre lang erfolgreich trainierte, bestens vertraut, die 2. Bundesliga lernte er gerade auf am Ende schmerzliche Weise mit dem nicht minder notorisch aufgeregten und ungeduldigen Hamburger SV kennen. Manager war Hecking zwar noch nicht, brächte aber die Erfahrungen aus dreieinhalb Jahrzehnten als Profi und Trainer mit.

Gemeinsamkeiten am Rande gibt es, der gebürtige Hannoveraner Schmedes lernte das Kicken bei Hannover 96, Hecking war dort später, bevor er nach Nürnberg wechselte, für drei Jahre Trainer und lebt seit langen in Bad Nenndorf bei Hannover.

Ob es erneut ein Denkmodell mit einer Art Doppelspitze gibt, ist nicht bekannt, ins Gespräch gebracht hat der Verein selbst allerdings die Vorstellung, dem künftigen Sportvorstand die Unterstützung eines Sportdirektors angedeihen zu lassen. Darüber, hatte der Aufsichtsratsvorsitzende Thomas Grethlein am vergangenen Dienstag erklärt, solle aber der Sportvorstand mitentscheiden.

Dass Hecking für einen Posten in der zweiten Reihe zu gewinnen wäre, darf als unwahrscheinlich gelten, auch für Schmedes ist das wohl keine Option. In Osnabrück geht niemand davon aus, dass Schmedes’ nächster Karriereschritt auf eine Stufe unterhalb der Vorstandsebene geht.

Die Satzung ließe dem Club aber die Möglichkeit, einen weiteren Vorstandsposten zu schaffen, und zwei für den Sport zuständige Chefs würden zumindest statistisch das Risiko, eine falsche Wahl getroffen zu haben, verringern – allerdings auch die Personalkosten noch einmal erhöhen; Noch-Amtsinhaber Palikuca, der am 31. Juli ausscheidet, besaß einen bis 30. Juni 2022 gültigen Vertrag.

Neben solchen Fragezeichen bleiben noch jede Menge andere, insgesamt rund vier Dutzend, wenn man so sagen will, denn etwa so viele Namen wurden während der Sportvorstands-Suche von 2019 multimedial gehandelt. Darunter nur einer nicht – der von dem, der es dann wurde.

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