Erlangens Fäth: "Wir werden das schon hinkriegen"

25.10.2020, 07:55 Uhr
"Ich bin ja nicht dafür bekannt groß herumzuschreien", sagt Steffen Fäth. Beim letzten Heimspiel gab es dennoch Anlass dazu.

© Foto: Oliver Gold/Zink "Ich bin ja nicht dafür bekannt groß herumzuschreien", sagt Steffen Fäth. Beim letzten Heimspiel gab es dennoch Anlass dazu.

NN: Herr Fäth, am Sonntag ist freie Platzwahl in der Arena, Fans dürfen keine kommen. Werden Sie sich auf die Bank setzen oder gönnen Sie sich mal einen Perspektivenwechsel und setzen sich hinter das Tor oder hoch oben auf die Tribüne?

Steffen Fäth: Naja, ich bekomme bestimmt meinen Platz zugewiesen. Auf die Bank darf ich wahrscheinlich nicht, wenn ich nicht rechtzeitig fit werde. Da dürfen ja nur 16 Spieler sitzen.

NN: In diesem Jahr wurde schon so viel über Geisterspiele gesprochen, meistens über Geisterspiele im Fußball. Beim Handball sind die Fans normalerweise noch näher dran. Wie lässt es sich vermeiden, dass es sich wie ein Vorbereitungsspiel anfühlt?

Fäth: Von der ganzen Atmosphäre ist es natürlich was anderes, aber wir hatten jetzt alle Zeit, uns auf so etwas einzustellen und mussten damit rechnen, dass es passiert, wenn die Infektionszahlen wieder steigen. Wir müssen einfach im Kopf haben, dass es ein Bundesligaspiel ist und entsprechend zu Werke gehen.

NN: Lässt sich so etwas trainieren? Wie man Energie erzeugt, wenn sie nicht von den Rängen kommt?

Fäth: Trainieren lässt es sich nicht. Es muss jeder für sich wissen, wie er damit am besten umgeht. Wir kommen ja nicht in die Halle und dann heißt es plötzlich: "Übrigens, heute sind keine Zuschauer da." Wir werden das schon hinkriegen.

NN: In Göppingen waren 1000 Zuschauer da, der HCE wird diesmal keinen einzigen haben. Ist das Wettbewerbsverzerrung?

Fäth: Ach, wir sollten uns da nicht so viele Gedanken machen und uns besser aufs Handballspielen konzentrieren. Es ist wie es ist.

NN: Aber bitter ist es schon, nachdem man gerade gegen Melsungen zuletzt gemerkt hat, welchen Schub auch die Fans geben können.

Fäth: Natürlich ist das immer schöner mit Zuschauern, vor allem als Heimmannschaft. Aber wir können nichts daran ändern. Der Auftrag ist trotzdem derselbe: Wir wollen die Punkte hier behalten.

"Nach vorne blicken"

NN: Sie hatten in der Vorbereitung Adduktorenprobleme, gegen Melsungen hatte man das Gefühl, Sie sind nun in Erlangen angekommen, dann zieht es plötzlich im Oberschenkel. Verletzungen gehören zum Sport, trotzdem: Was war da Ihr erster Gedanke?

Fäth: Das war ärgerlich, vor allem als dann klar wurde, dass ich mindestens ein Spiel verpasse. So ist Sport, da läuft nicht alles wie geplant oder wie man es gerne hätte. Ich versuche einfach nach vorne zu blicken.

NN: In Berlin hat Sie ein Innenbandriss im Knie einen schöneren Abschied gekostet, die beiden Jahre bei den Rhein-Neckar Löwen waren von Verletzungen geprägt, nun der Oberschenkel: Wie anstrengend ist es, auch für den Kopf, sich da immer wieder heranzukämpfen?

Fäth: Naja, da kann man wahrscheinlich fast jeden Sportler fragen. Ich hatte zum Glück nie schlimmere Verletzungen, keinen Kreuzbandriss oder irgendetwas Vergleichbares. Das mit dem Oberschenkel wird nach zwei, drei Wochen wieder in Ordnung sein. Man kann nur möglichst gut weiterarbeiten in der Zeit, damit die Eingewöhungsphase danach möglichst kurz ist.

NN: Was bedeutet das in Ihrem Fall? Krafttraining für den Oberkörper oder dass sie noch mehr Spiele schauen, um taktisch besser vorbereitet zu sein?

Fäth: Krafttraining ist das eine; schauen, was körperlich möglich ist. Man stellt das Training ein bisschen um. Spiele schaue ich generell sehr viele. Zum einen hat man über die Jahre bei verschiedenen Vereinen ja Freunde gefunden, zum anderen schaue ich mir natürlich den nächsten Gegner an.

NN: Während die Ehefrau lieber mal "Babylon Berlin" oder irgendeine andere Serie anschauen würde...

Fäth: Nein, das ist kein Problem. Sie versteht das schon. (lacht)

Umstellung aus taktischen Gründen

NN: Sie haben die Saison auf Rückraum-Mitte begonnen, gegen Melsungen hat Michael Haaß Sie auf Halblinks gestellt. Können Sie Ihre Qualitäten da besser ausspielen?

Fäth: Um das zu bewerten, ist es noch zu früh. Ich fühle mich auf beiden Positionen wohl. Gegen Melsungen hatte die Umstellung auch taktische Gründe. Natürlich kommt mir das aber entgegen, weil ich viele Jahre auf Halblinks gespielt habe.

NN: Wie haben Sie sich die Leistungsexplosion gegen Melsungen erklärt? Viele waren überrascht, dass es am Ende so deutlich war.

Fäth: Ich war auch überrascht. Zum einen haben wir sehr gut gespielt, unsere Deckung war gut und Klemen hat viele Bälle gehalten, zum anderen ist Melsungen auch nicht dafür bekannt, dass sie groß weiterkämpfen, wenn es so läuft.


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NN: Gegen Göppigen waren Sie Zuschauer. Was ist Ihnen aufgefallen?

Fäth: Wenn man in Göppingen einen Punkt holt, kann man eigentlich erst einmal zufrieden sein. Allerdings hätten wir auch gewinnen können. Wir haben genau wie gegen den BHC zu viele Fehler gemacht. Es gab aber auch viele Sachen, die wir gut gemacht haben.

NN: Die Rhein-Neckar Löwen haben bislang noch nicht überzeugt, der große Favorit scheint verwundbar zu sein.

Fäth: Ja, die Rhein-Neckar Löwen haben in den vergangenen Jahren ja generell immer wieder schlechte Erfahrungen gemacht gegen Erlangen. Sie sind natürlich der Favorit, aber ich finde es nicht abwegig, dass wir ein oder zwei Punkte holen können.

Augenmerk auf Schmid

NN: Holt sich der Trainer Tipps von einem, der gerade noch beim Gegner unter Vertrag stand.

Fäth: Ich werde sicherlich noch das ein oder andere Wort mit Hassan wechseln. Es wird viel auf unsere Abwehr ankommen und darauf, dass wir Andy Schmid nicht ins Spiel kommen lassen und wenige technische Fehler machen, denn das wird von Topteams immer knallhart bestraft.

NN: Und sollten Sie nicht spielen können, werden Sie der lauteste Fan in der Arena sein.

Fäth: Wahrscheinlich nicht. Ich bin ja nicht dafür bekannt groß herumzuschreien. (lacht) Aber ich werde natürlich versuchen, meinen Mitspielern während des Spiels den ein oder anderen Tipp zu geben.

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