"Fußball arbeiten": Der Club will bodenständig bleiben

12.12.2016, 06:00 Uhr

© Sportfoto Zink

Beide Trainer gaben hinterher im Medienzimmer auch recht gewöhnliche Kommentare ab. Natürlich stets subjektiv gefärbt, allerdings jeder für sich allgemeingültig und somit richtig. Seiner Elf, die soeben mit etwas Pech, aber trotzdem irgendwie verdient mit 0:2 verloren hatte gegen den 1. FC Nürnberg, bescheinigte Funkel, "ein gutes Heimspiel" gezeigt zu haben. Ein gutes Heimspiel mit signifikanten Mängeln. "Was gefehlt hat? Dass der Ball auch mal im Tor des Gegners einschlägt." Also ärgerte sich Funkel ein bisschen nach einem guten Heimspiel, während sein Kollege lieber auf den von Grund auf ehrlichen Charakter des Fußballs verwies.

Glück und Unglück, sollte das wohl heißen, gleichen sich im Verlauf einer langen, rund neunmonatigen Runde eben doch aus, manchmal sogar binnen weniger Tage. Schwartz’ Behauptung, dass sein Club gegen Sandhausen eventuell von höheren Mächten veräppelt worden sein könnte, lässt sich hingegen nur schwer aufrechterhalten; vielmehr mangelte es sechs Tage zuvor besonders an Effizienz und taktischer Disziplin. Am Samstag schrieb die Rheinische Post nach dem 0:2: "Die Nürnberger beeindruckten mit ihrer Kaltschnäuzigkeit."

So schnell kann das gehen. Sieg folgt auf Niederlage oder umgekehrt, Düsseldorfs Funkel erinnerte am Freitagabend an das mehr als schmeichelhafte 0:0 seiner Fortuna in Würzburg. Die berühmte Schicksalsgöttin kann gewiss behilflich sein in den 90 Minuten, letztendlich muss aber vor allem die Einstellung des Bodenpersonals stimmen. Fehlervermeidung ist häufig wichtiger als ein Traumpass über 30, 40 Meter – wobei sich niemand beschweren wollte über Miso Breckos Geistesblitz vor dem 0:1. Außer: Friedhelm Funkel. Der Ball, klagte der 62-Jährige, "darf natürlich niemals ankommen".

Kam er aber und versetzte den 1. FC Nürnberg früh am Abend in die komfortable Lage, nicht durchweg zuständig zu sein müssen für die Unterhaltung. Stattdessen bauten die Gäste bei Angriffsversuchen der Düsseldorfer fortan lieber einen mobilen Abwehrblock auf. Häufig mit elf Mann hinter der Mittellinie und jeder für sich giftig in der Zweikampfführung. "Und vorne geht immer was", versicherte Guido Burgstaller; in 37 Zweitliga-Partien hintereinander schaffte der Club mindestens ein Tor, allein Burgstaller elf in den letzten elf.

FCN auf Chelseas Auswärtsspuren

"Fürs Auge war’s heute vielleicht weniger, aber das ist scheißegal", meinte Georg Margreitter nach seinem ordentlichen Comeback. Seine Argumentation ließ kurzzeitig aufhorchen ("Große Mannschaften wie Chelsea spielen auswärts immer so"), bis zur schnell nachgeschobenen Relativierung ("Haben es auf unserem Niveau auch so gemacht."). Den gefürchtet defensivstarken "Blues" genügten kürzlich drei Torschüsse für ein 3:1 in Manchester, der dagegen verschwindend kleine Club brauchte jetzt zehn für ein 2:0 in Düsseldorf. So etwas ist aber natürlich bloß möglich, wenn zwischendurch hinten nicht viel anbrennt. "Fußball gearbeitet" hätten sie, meinte Hanno Behrens, geschuftet, "wir wollten die Null um jeden Preis halten und stabiler stehen." Also ganz normalen, einfachen Zweitliga-Fußball zeigen.

Wohin komplizierter Zweitliga-Fußball führen kann, wissen sie in Nürnberg mittlerweile auch. "Dass wir überlegen aussehen und nichts holen" (Behrens), ist ihnen schon ein paar Mal passiert, umso größer ist nun die Erleichterung darüber, es mal wieder genau andersherum hinbekommen zu haben. Die Art und Weise deutet auf einen Lernprozess hin – der jedoch, wie Schwartz noch in der Düsseldorfer Arena betonte, eigentlich nie endet und trotzdem regelmäßig wieder in Erinnerung gerufen werden muss. Ähnliches hatte Schwartz bereits nach dem fünften, sechsten Spiel angemerkt, nach dem 16. Spiel sagte er: "Wir müssen weiter an den Basics arbeiten."

Was eigentlich selbstverständlich sein sollte in einem professionellen Sportbetrieb, ist beim Club offenbar ein sensibles Thema; dass der eine oder andere mitunter zu sorglos seinen Dienst verrichtet, hat schon für große Aufregung gesorgt, am Freitagabend grätschten selbst die Feingeister Kevin Möhwald oder Guido Burgstaller vor dem eigenen Strafraum herum. Vielleicht, überlegte Margreitter, ist es wirklich so, "dass der Ball auf unsere Seite springt, wenn man dieses eine Prozent entschlossener hingeht", sein Trainer ergänzte: "Wenn der berühmte Meter fehlt, geht’s rückwärts."

Eine Woche so, eine Woche so

Selbst eine für Nürnberger Verhältnisse miserable Passquote und wenig Ballbesitz konnten den sechsten Sieg nicht mehr verhindern, weil ansonsten sehr viel stimmte. Und selbst das nötige Glück kann man sich ja angeblich erarbeiten. "So kippt das halt jedes Wochenende auf die eine oder andere Seite", sinnierte Margreitter noch, man habe schon gesehen, "dass die Mannschaft eine Reaktion zeigen wollte."

Die Meinungen zu diesem 2:0 lagen auch am nächsten Tag noch weit auseinander. "Anfällig" und "defensiv instabil" hätten die Nürnberger gewirkt, urteilte die Westdeutsche Zeitung, genau das eigentlich nicht, aber egal. Die eine, objektive Wahrheit gibt es wohl nicht, auch das hat Friedhelm Funkel in mittlerweile über vier Jahrzehnten in der Branche gelernt. "Eine Woche so, eine Woche so", sagte er noch, "so ist das im Fußball." Meistens.

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