Glücklich bei RB: Nilsson bereut seinen Schritt nicht

22.8.2018, 18:54 Uhr
Früher mit dem Club-Logo auf der Brust im Mittelpunkt, heute mit dem RB-Wappen im Hintergrund des Geschehens: Per Nilsson.

© Sportfoto Zink / DaMa Früher mit dem Club-Logo auf der Brust im Mittelpunkt, heute mit dem RB-Wappen im Hintergrund des Geschehens: Per Nilsson.

Schon auf dem Parkplatz sind Unterschiede offensichtlich, zumindest an diesem heißen Sonntagmittag. Während die U19 des 1. FC Nürnberg die wenigen Kilometer aus dem Trainingslager in Titting unter anderem mit einem Kleinbus zurückgelegt hat, wählten die Kollegen aus Leipzig die etwas größere, vermutlich auch die etwas komfortablere Variante. Sie hatten es ja auch wesentlich weiter.

"Der schnellste Weg in die Zukunft" steht drauf, wahrscheinlich ist er das auch für Per Nilsson. Weil sich die Nürnberger wegen eines Staus auf der Autobahn ein wenig verspäten, nutzt Per Nilsson die Zeit, um sich mit Kollegen auszutauschen. Am Eingang zum Reichenschwander Sportgelände unterhält er sich mit Rainer Geyer, dem Trainer von Nürnbergs U21.

Schwarze Trainingshose, rotes Shirt mit Bullen-Logo, so sieht Nilssons neue Arbeitskleidung aus. Er lächelt, alles so wie immer. Schmal ist er geworden, der frühere Verteidiger der TSG Hoffenheim, die Haare trägt er jetzt länger. Auch für den 1. FC Nürnberg hat er seine Knochen hingehalten, vier Jahre lang, danach ging er zum FC Kopenhagen. Sportmanagement studierte er nebenbei, für die Karriere nach der Karriere. Die für ihn längst begonnen hat. 

 Akademie für 35 Millionen 

Im Januar 2017 holte ihn Ralf Rangnick, schon in Hoffenheim sein Trainer und Freund, zu RB Leipzig nach, angetreten hat Nilsson seinen Job ein paar Monate später. Der Kontakt ist nie abgebrochen, immer wieder hatten die beiden miteinander telefoniert, um sich auszutauschen. Jetzt können sie jeden Tag unter vier Augen über den Fußball und seine Talente reden, für die Nilsson als Sportlicher Leiter verantwortlich ist. Von der U16 bis hinauf zur U19. In sein Aufgabengebiet fallen auch die Verpflichtungen von viel versprechenden Nachwuchsspielern.

Der schnellste Weg in die Zukunft: Die Leipziger RB-Akademie zählt zu den nobelsten Adressen im Land, und das nicht nur wegen des separaten Greenkeeping-Gebäudes. Junioren-Nationalspieler aus aller Welt tummeln sich da. "Sechs Hektar, sechs Plätze, Top-Bedingungen", ist auf der Homepage nachzulesen, 35 Millionen steckte der Konzern angeblich in die Infrastruktur am Cottaweg, um damit in eigener Sache ein wenig angeben zu können.

Nilsson ist begeistert, vom Programm, von der Philosophie, natürlich vom Potenzial: Die Stars von morgen noch möglichst jung zu verpflichten und sich selbst heranzuziehen. Was an anderen Standorten wie in Nürnberg wegen der doch höchst ungleichen Voraussetzungen als nicht ganz fair angeprangert wird, ist für Nilsson lediglich die Basis, um Erfolg haben zu können.

Dass es die Leipziger ernst meinen mit der internen Durchlässigkeit nach oben, zeigte sich in den Tagen vor dem Termin in Reichenschwand. Die Besten aus der U19 wie Erik Majetschak, Oliver Bias oder Lukas Krüger rückten wegen Personalmangels zur ersten Mannschaft auf und kamen sogar im Europa-League-Qualifikationsspiel im schwedischen Häcken zum Einsatz.

Nilsson hat natürlich Verständnis für die Sorgen und Nöte der Profis, obwohl die Vorbereitung der U19 wegen etlicher Absenzen etwas litt. Das geplante Trainingslager in Reichenschwand mussten sie deshalb streichen, die 90 Minuten gegen den Club sollten so etwas wie eine kleine Entschädigung sein für den heimischen Fußball-Club. Obwohl die Nürnberger viel lieber in Nürnberg gespielt hätten.

Selbst einige Kilometer entfernt vom Sportpark Valznerweiher galt die Begegnung als sogenanntes "Sicherheitsspiel" und sollte nicht angekündigt werden. Auch in Franken haben nicht wenige ein Problem mit dem Red-Bull-Konstrukt, woanders sind es noch viel mehr. Selbst im Nachwuchsbereich geht es mancherorts bereits hoch her.

"Fußball, das ist für mich Zusammenhalt, Integration, Spaß", sagt der sympathische Schwede, der ansonsten nicht zitiert werden möchte respektive nicht zitiert werden darf. Intern haben sie es so vereinbart, dass sich nur ein paar wenige wie der Trainer der Bundesliga-Mannschaft oder der Geschäftsführer öffentlich äußern. Alle anderen sollen schweigen.

Der schnellste Weg in die Zukunft: Nilsson kann damit leben, für ihn ist ohnehin nur wichtig, die Chance zu nutzen. "Es könnte für mich keinen besseren Start in meinen neuen Lebensabschnitt geben", so ließ er sich nach der Vertragsunterschrift zitieren, und: "Es ist schön, (...) Teil dieses Klubs zu sein." Auf Twitter begründete er seinen Schritt etwas näher: "Ich freue mich auf die herausfordernde Aufgabe bei #RBLeipzig – einem modernen & attraktiven Verein mit klarer Philosophie."

 Die Perspektive zählt 

Deswegen ist er im Sommer 2007 auch von Odd Grenland zum damaligen Zweitliga-Neuling nach Hoffenheim gewechselt. Zu einem Dorfverein, der bloß wegen der unzähligen Millionen seines Edelfans und Mäzens Dietmar Hopp überhaupt in den Profi Fußball vorstoßen konnte, aber trotzdem schon damals als modern galt, als attraktiv, mit einer klaren Philosophie. Das sagen mittlerweile auch viele Menschen dem 1. FC Nürnberg nach, einem der bedeutendsten Fußball-Vereine hierzulande mit unglaublich vielen Fans. Sie sagen auch dem Club nach, modern zu sein. Attraktiv. Eine klare Philosophie zu haben.

Für Nilsson zählt bei der Jobauswahl vor allem die Perspektive. Und sich wohlzufühlen. Trotz maximal unterschiedlicher Historie hat er sich in Hoffenheim ausgesprochen wohlgefühlt und selbstverständlich auch in Nürnberg, als Manager bei RB Leipzig scheint es ihm ebenfalls sehr gut zu gehen.

Der schnellste Weg in die Zukunft: Nilssons U19 legt los wie die Feuerwehr. Mit ihrem atemberaubenden Pressing provozieren die Leipziger Fehler um Fehler, 1:0 nach fünf Minuten, 2:0 ein paar Minuten nach der Pause, Endstand 4:1.

Per Nilsson verfolgt die Partie hinter der Ersatzbank und mit einem guten Gefühl. Sein Lächeln ist ansteckend, nach wie vor. Selbst mit dem Logo von Rasen Ballsport Leipzig auf der Brust. 

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