Nicht mehr Präsident der Nürnberg Rams: Alexander Schweiger hört auf

7.12.2020, 05:58 Uhr
"Die Zuschauer waren da, der sportliche Erfolg hat sich eingestellt": Wenn die Rams in der zweiten Bundesliga auf das Zeppelinfeld einliefen, füllten sich auch die Reihen der Tribüne.

© Foto: Daniel Marr/Zink "Die Zuschauer waren da, der sportliche Erfolg hat sich eingestellt": Wenn die Rams in der zweiten Bundesliga auf das Zeppelinfeld einliefen, füllten sich auch die Reihen der Tribüne.

Lassen Sie uns mit einem Zitat einsteigen, Herr Schweiger.

Alexander Schweiger: Okay.

"Unser Ziel ist ganz klar, die Rams da hinzuführen, wo sie einmal waren." Wissen Sie noch, wann Sie diesen Satz gesagt haben?

Schweiger: Das ist bestimmt schon sechs oder sieben Jahre her.

Nicht ganz. Es war bereits im Juni 2008. Da waren die Rams gerade in der Aufbauliga, also ganz unten.

Schweiger: Da sieht man, wie die Zeit vergeht. Wir hätten es ja tatsächlich fast geschafft – und vielleicht schaffen es die Rams noch. Bis zur zweiten Liga hat es ja wunderbar geklappt. Auch da standen wir ganz gut da. Dann gab es leider den großen Stress in der ersten Mannschaft und wir mussten die erste und zweite zusammenlegen.


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Und Sie sind in die drittklassige Regionalliga zurückgegangen.

Schweiger: Da wollten wir in diesem Jahr wieder angreifen.

Und dann kam Corona. Irgendwas scheint Sie immer auszubremsen.

Schweiger: Uns wurden immer wieder Steine in den Weg gelegt. Das hat aber niemand absichtlich getan, es wollte ja niemand den Rams eins auswischen. Im Gegenteil. Die Platzwarte auf den städtischen Anlagen beispielsweise waren immer gut auf uns zu sprechen, weil sie wussten, dass es den Schweiger gibt, der sich kümmert – und dass es ein Donnerwetter gibt, wenn es nicht läuft. Mein Name war eng verbunden mit den Rams.

"Was ich sage, mache ich"

Das wird tatsächlich niemand abstreiten.

Schweiger: Mein Credo ist: Was ich denke, sage ich – und was ich sage, mache ich. Dazwischen gibt es nichts. Ich verspreche nichts, was ich nicht halten kann. Das wissen alle, mit denen ich zu tun habe. Was mich auch fuchst ist, dass manche sagen: Wenn es so ist, kann ich es nicht ändern. Statt sich hinzusetzen und zu überlegen, wie man es besser machen kann.

Damit sind Sie nicht immer bei all Ihren Mitstreitern gut angekommen.

Schweiger: Ich habe viele Sachen im Namen des Vereins gemacht, die ich so niemals getan hätte, wenn ich zum anderen ein privates Verhältnis gehabt hätte. Ich hatte aber ein Amt und wollte immer im Sinne und für die Ziele der Nürnberg Rams entscheiden. Wenn es dazugehört, dass ich damit jemanden vor den Kopf stoße, dann ist es so. Dadurch habe ich auch einige Freundschaften verloren, die mir am Herzen lagen. Am Ende ist mir meine Familie am wichtigsten. Der Schritt, aufzuhören, war ja auch für meine Familie.

Einen Football hatte Alexander Schweiger (58) zum ersten Mal in den 70ern in der Hand. Beim Spielen mit amerikanischen Soldaten verletzte er sich schwer am Knie. 2004 kam er mit seinem Sohn zu den Nürnberg Buffalos, die sich später den Rams anschlossen. Schweiger war das Gesicht des Vereins, kürzlich hat er sich als Präsident zurückgezogen – und wurde zum Altpräsidenten ernannt.

Einen Football hatte Alexander Schweiger (58) zum ersten Mal in den 70ern in der Hand. Beim Spielen mit amerikanischen Soldaten verletzte er sich schwer am Knie. 2004 kam er mit seinem Sohn zu den Nürnberg Buffalos, die sich später den Rams anschlossen. Schweiger war das Gesicht des Vereins, kürzlich hat er sich als Präsident zurückgezogen – und wurde zum Altpräsidenten ernannt. © Sportfoto Zink / MiWi, NN

Die musste sicher oft leiden in den vergangenen 16 Jahren.

Schweiger: Angefangen habe ich 2004. Mein ältester Sohn war damals 14 Jahre alt. Der war immer schon ein Brocken. Beim Basketball und Fußball hat es ihm nicht gefallen, irgendwann lasen wir in der Zeitung, dass ein Football-Team Nachwuchsspieler sucht. Dort wurden wir mit offenen Armen empfangen.

Und dann kamen Sie nicht mehr los vom American Football.

Schweiger: Beim Fußball haben die Eltern immer reingeschrien und sind auch den Trainer angegangen. Beim Football ist das ganz anders. Da hat niemand außer dem Trainer in der Teamzone was zu sagen. Das ist ein ganz anderer Menschenschlag. Wir hatten bei den Rams die einzige akademische Offense Line. Wir hatten Doktoren und Rechtsanwälte.

Die würde man eigentlich eher anderen Sportarten zuschreiben.

Schweiger: Das war für die ein wunderbarer Ausgleich. Wir hatten bei den Rams ja vom Straßenkehrer bis zum Vorstandsmitglied alles. Jeder hat sich mit jedem gut verstanden, wir waren eine Einheit. Daraus entstand auch der Spruch "La Familia".

Lassen Sie uns nochmal zurückblicken. Die Rams gab es 2004 ja auch schon, in den 80ern waren sie sogar deutschlandweit sehr erfolgreich.

Schweiger: Die kannte ich damals noch nicht, die waren ja nicht so populär. Peter Schirl hat als ehemaliger Jugendleiter der Franken Timberwolves die Nürnberg Buffalos beim TSV Südwest Schwaben gegründet. Zu der Zeit bin ich auch dazugestoßen.

Die Anfänge der neuen Rams

Und hatten ziemlich schnell eine Führungsposition inne.

Schweiger: Ich war damals selbständig und konnte viel in den Verein investieren. Das ging drei Jahre ganz gut, dann wollten wir auch eine Herren-Mannschaft gründen. Beim Probetraining waren 40 Spieler da, aber kein einziger Trainer. Dann habe ich Peter Schuh von den Rams kennengelernt, der ein gutes Netzwerk in der Stadt hatte. Wir waren da schon 80 bis 90 Leute, die Rams nur etwa 20. Bei der ersten Veranstaltung der neuen Rams waren 65 Spieler da.

Hätten Sie erwartet, dass daraus etwas so Großes entsteht? Zu träumen ist ja die eine Sache...

Schweiger: Als wir in der untersten Liga angefangen haben, habe ich eine Grafik entworfen. Da habe ich uns Jahr für Jahr eine Liga höher gesehen, nur für den Schritt in die erste Liga habe ich zwei Jahre angesetzt. Da habe ich von allen Seiten gehört, wie überheblich und arrogant wir doch seien. Der Witz war: Bis zur zweiten Liga ist es genau so gekommen. Den Schritt danach haben wir leider nicht geschafft. Das hängt aber auch damit zusammen, dass man für die erste Liga viel Geld braucht. Nur um bestehen zu können, braucht man zwischen 150.000 und 200.000 Euro Budget.

Waren Sie einfach in der falschen Stadt, weil in Nürnberg so viele andere Vereine auch Sponsoren ziehen?

Schweiger: Natürlich. Wir konnten nie die ganz großen Sponsoren ziehen. Wir haben trotzdem viel investiert in den vergangenen Jahren. Mein Ziel war, den Verein nur mit einem positiven Kontostand ohne Schulden zu verlassen. Das habe ich geschafft – trotz Corona.

"Ich wollte keinen Scherbenhaufen hinterlassen"

Wann ist der Entschluss denn gereift, als Präsident aufzuhören?

Schweiger: Ich wollte in der zweiten Liga schon aufhören. Es gab aber so viel Trouble, dass ich niemandem einen Scherbenhaufen hinterlassen wollte. Also habe ich mich nochmal durchgerungen und eine weitere Amtszeit drangehängt. Die habe ich jetzt aber vorzeitig abgebrochen.

Warum?

Schweiger: Da spielen viele Faktoren eine Rolle. Mein 16-jähriger Sohn hat in den vergangenen 16 Jahren sehr wenig von mir gehabt. Irgendwann ist die Zeit gekommen, um die Sache abzugeben. Ich wollte niemals abgewählt werden, sondern selbst die Entscheidung treffen.

Haben Sie jemals befürchtet, abgewählt zu werden?

Schweiger: Es gibt schon Personen, die ganz offen sagen, dass es die Rams auch ohne mich gegeben hätte. Ich glaube auch nicht, dass alle traurig sein werden, wenn ich weg bin. Ganz ehrlich: In einem halben Jahr denkt keiner mehr an mich. Das ist mir bewusst. Es war eine schöne Zeit, es war eine anstrengende Zeit. Es hat viel Kraft und Finanzen gekostet, aber ich habe es ja freiwillig gemacht.

Sie haben privates Geld in den Verein gesteckt?

Schweiger: Teilweise ja, vor allem in der Anfangszeit der Buffalos. Das ist immer wieder vorgekommen. Es ist halt Amateursport. Wenn man kalkuliert und am Ende fehlen Einnahmen, weil ein Gegner mal nicht antritt, hat man trotzdem laufende Kosten. Das muss man ab und zu überbrücken.

Haben Sie da je gezweifelt?

Schweiger: (überlegt) Ich habe es für die gemacht, die den Sport gerne machen. Das waren meine beiden ältesten Söhne. Mein jüngster Sohn dagegen hat den Sport gehasst, weil seine Eltern deshalb nicht da waren. Es war für mich eine Pflichtaufgabe. Die Zuschauer waren da, der sportliche Erfolg hat sich eingestellt. Der Verein ist gewachsen. Ich weiß aber auch, dass das keinen interessiert, wenn man nicht mehr dabei ist.

"Manchmal ist man der Depp vom Dienst"

Sind Menschen einfach undankbar?

Schweiger: Das möchte ich so nicht sagen. Man wird als Selbstverständlichkeit angesehen. Als Präsident ist man allem schuld, was schiefläuft – und wenn etwas gut läuft, waren es andere. Damit muss man zurechtkommen. Manchmal ist man der Depp vom Dienst.

Sie haben trotzdem immer weitergemacht.

Schweiger: Ich habe ein extrem hohes Pflichtbewusstsein. Wenn ich etwas zusage, mache ich es und versuche das Beste herauszuholen. Wenn, dann gehe ich in die Vollen. Das habe ich all die Jahre gemacht. Jetzt gehe ich beruflich und familiär in die Vollen. Ich habe 16 Jahre lang viel für den Verein getan und bin auch vielen auf die Füße getreten.

Muss man so sein als Präsident?

Schweiger: Ja, muss man. Wenn man ein Ziel hat, muss man das verfolgen – ohne mit Scheuklappen durch die Gegend zu laufen. Letztlich muss man einen Mittelweg finden und sich sowohl treu bleiben als auch den anderen gerecht werden.

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