Familie fiebert mit

Überraschung bei Olympia: Isabel Herttrich gewinnt ihr Match

25.7.2021, 18:13 Uhr
Das Viertelfinale ist möglich: Isabel Herttrich, hier mit ihrem Mixed-Partner Mark Lamsfuß zeigte eine starke Leistung in Tokio.

© Dita Alangkara, dpa Das Viertelfinale ist möglich: Isabel Herttrich, hier mit ihrem Mixed-Partner Mark Lamsfuß zeigte eine starke Leistung in Tokio.

Die Eltern sind es gewohnt, für ihre Tochter sehr früh aufzustehen. Am Sonntag klingelte der Wecke um 4.05 Uhr. Und das im Urlaub. Thomas und Uschi Herttrich sind trotzdem aufgestanden, sogar freiwillig. "Wir haben kräftig mitgefiebert", sagt Uschi Herttrich. Natürlich. So wie jede Mutter, deren Tochter gerade den größten Moment überhaupt erlebt. Bei Isabel Herttrich ist das allerdings nicht irgendein Sportfest. Die 29-Jährige hat sich für die Olympischen Spiele qualifiziert. Samstag und Sonntag trat sie mit ihrem Mixed-Partner Mark Lamsfuß zu den ersten beiden Vorrundenspielen an.


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Eigentlich wollten die Eltern live in Tokio dabei sein. Die Reise hatten sie schon 2019 geplant, als Überraschung und lange bevor die Qualifikation überhaupt oder das Coronavirus allen bekannt war. Wenn es geht, fahren sie in Deutschland zu Spielen ihrer Tochter. Ist diese international unterwegs, fiebert die Eltern über Stream oder Liveticker mit - zu jeder Tages- und Nachtzeit. Nach einem zähen Kampf hat es Isabel Herttrich nun tatsächlich nach Tokio geschafft, dabei sein aber dürfen ihre Eltern nicht, wie so viele Trainer und Betreuer auch, die nicht mit ihren Athleten nach Japan reisen durften.

Thomas und Uschi Herttrich sind trotzdem weggefahren, dann eben in den Urlaub nach Österreich. Von dort können sie die Spiele genauso im Fernsehen verfolgen. Und den Wecker muss man angesichts der enormen Zeitverschiebung überall in Europa sehr früh stellen. Schon am Samstag hatte sich das gelohnt: Gegen die Weltranglistendritten Wang Yi Lyu und Huang Dong Ping aus China stand das deutsche Duo kurz vor einer Überraschung, vergab im ersten Durchgang allerdings einen Satzball und unterlag 22:24, 17:21.


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Besser lief es am Sonntag. Die Weltranglisten-13. besiegten nach 41 Minuten die Olympia-Zweiten von Rio, Chan Peng Soon und Goh Liu Ying aus Malaysia, mit 21:12, 21:15. In das Spiel waren die Deutschen bestens vorbereitet hineingegangen. Das Trainer und Betreuerteam hatte insgesamt sechs Spiele der Gegner auf Video Punkt für Punkt analysiert und die Schwächen herausgearbeitet. "Wir wussten, dass wir gewinnen können", sagte
Isabel Herttrich der dpa.

Auch ihre Eltern, so viele Tausend Kilometer entfernt, hatten an sie geglaubt. "Doch das Zutrauen ist das eine", meint Thomas Herttrich, ob es dann wirklich klappt, ist etwas ganz anderes. "In den vergangenen Jahren haben sie bewiesen, dass sie jeden Gegner schlagen können, auch solche, die in der Weltrangliste vor ihnen stehen. Doch dafür muss alles passen." Dass es diesmal passen würde, daran gab es recht schnell keine Zweifel mehr. "Der Spielverlauf war diesmal nicht so knapp", sagt der Vater der Olympia-Starterin. Uschi Herttrich hat trotzdem wieder die Daumen gedrückt, ganz wortwörtlich. Jedes Spiel ihrer Tochter verfolgt sie mit angespannten Händen.

Als 17-Jährige zog Isabel Herttrich von Zuhause aus

Beide, Mutter und Vater, sind selbst erfahrene Badmintonspieler, die schon als Kinder mit diesem beeindruckend schnellen Sport angefangen haben. Mit der SGS Erlangen haben sie in den Neunzigern in der Bundesliga gespielt. "Das war zwar Leistungssport", sagt Thomas Herttrich, "doch das, was Isabel jetzt macht, ist kein Vergleich. Wir haben damals neben dem Studium und dem Beruf gespielt."

Für Isabel Herttrich ist Badminton Beruf und Berufung. Als 17-Jährige zog sie von ihrem Zuhause in Hersbruck aus, um am Leistungsstützpunkt zu trainieren. Noch immer ordnet die 29-Jährige dem Sport fast alles unter. 2017, als der Verband die Stützpunkte neu strukturierte, zog die Fränkin nach Saarbrücken, um dort mit ihrem Mixed-Partner trainieren zu können. "Dadurch hat Isabel noch einmal einen deutlichen Sprung gemacht", sagt ihr Vater. "Dazu kommt die Erfahrung, die spielt im Badminton eine große Rolle."

Die Eltern erinnern sich noch an Partien ihrer Tochter, "da hat man schon an der Körpersprache gesehen, dass sie sich nicht mehr aus einem Leistungstief herausziehen kann. Das hat sich massiv geändert, man merkt ihr eine gewisse Abgebrühtheit an", sagt Thomas Herttrich. Das Talent hatte die Hersbruckerin hingegen schon von Beginn an. Wundern dürfte das allerdings niemanden, schließlich war sie von Klein auf in der Halle dabei, wenn ihre Eltern Badminton spielten.

"Der Antrieb, das weiterzumachen, kam allerdings immer von ihr", sagt Uschi Herttrich. "Und wenn sich eine Tür geöffnet hat, sie weiter zu fördern, haben wir das auch ermöglicht." Dass Isabel Herttrich am Ende zu den besten Spielerinnen der Welt gehören und an Olympia teilnehmen würde, daran hatten die Eltern noch nicht gedacht. "Dieser Traum unserer Tochter ist mir erst von ein paar Jahren bewusst geworden", sagt Thomas Herttrich.

"Darauf hat sie jahrzehntelang hingearbeitet"

Nun lebt Isabel Herttrich diesen Traum. "Sie ist nach der Qualifikation mit einem sehr positiven Gefühl nach Tokio gereist", berichtet ihr Vater. "Sie war unheimlich froh, es geschafft zu haben. Darauf hat sie jahrzehntelang hingearbeitet. Nach der Gruppenauslosung war sowieso klar, dass sie nichts zu verlieren haben würde. Es ist eine schwere Gruppe." Doch auch hier kann man überraschen, was der Sieg vom Sonntag beweist. Am Montag (5 Uhr) im Spiel gegen Tang Chun Man und Tse Ying Suet aus Hongkong können Isabel Herttrich und Mark Lamsfuß ins Viertelfinale einziehen. Die Familie Herttrich wird sich jedenfalls wieder den Wecker dafür stellen.

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