Gefrorenes Glück

Eis selbst machen: So werden Ihre Kreationen perfekt

23.2.2024, 15:55 Uhr
Wie viel Zucker und Wasser steckt wohl in so einem Eis?

© Fredrik von Erichsen/dpa/dpa-tmn Wie viel Zucker und Wasser steckt wohl in so einem Eis?

In diesem Artikel:

Der Kauf einer Eismaschine ist der Eintritt in eine Wunderwelt: Sie können Zutaten wild kombinieren und Ihre ganz persönliche Lieblingssorte zubereiten. Der Start ist überraschend einfach.

Dafür gibt es gleich drei Gründe:

1. Die Qualität ist oft höher.

Bei einem Preis von ungefähr zwei Euro pro Liter rechnet wohl niemand damit, dass Industrie-Eis aus hochwertigen Zutaten besteht. Auf der Liste stehen Emulgatoren und Stabilisatoren. Vollmilch wird durch Magermilchpulver, Sahne durch pflanzliches Fett ersetzt. Damit das Ganze schön cremig wird, rühren die Maschinen reichlich Zucker und Luft unter.

Wer sein Eis selbst macht, weiß dagegen, was drinsteckt. Das ist besonders bei Allergien hilfreich - und schlicht gesünder.

2. Sie sparen Geld.

Das gilt spätestens dann, wenn im Sommer Freunde der Kinder vorbeikommen. Premium-Eis aus dem Bioladen ist teuer.

3. Es macht einfach großen Spaß.

Der wichtigste Grund ist die Lust am Ausprobieren. "Eis machen ist eine entspannende Geschichte", sagt Uwe Koch, der vor mehr als 25 Jahren seine Eisfachschule gründete. Die Grundlagen sind schnell gelernt - und der Fantasie kaum Grenzen gesetzt.

Im Prinzip gebe es nur zwei entscheidende Faktoren, erklärt Giorgio Ballabeni, der in München Kurse im Eismachen gibt:

  • die Süße
  • die Cremigkeit

"Der Rest ist Poesie", sagt der Fachmann.

Ob Milch-Sahne-Eis, veganes Eis oder Sorbet: Die Basis ist je nach Eissorte nur geringfügig anders.

Im Prinzip besteht sie aus:

  • Zucker
  • Wasser oder Milch
  • Bindemittel (Ei oder Johannisbrotkernmehl)

Wer gutes Eis machen will, darf bei den Rohstoffen nicht sparen.

  • Als Grundlage empfiehlt Yüksel Saier, Eismacherin und Autorin "Die Eis-Bibel", frische Vollmilch und Sahne, die mindestens 32 Prozent Fett enthält.
  • Für helle Eissorten rät Saier zu Kristallzucker.
  • Für dunkle Sorten verwendet sie Rohrzucker.
  • "Für Eis brauche ich sehr reife, fast überreife Früchte", erklärt Adriano Colle, der Besitzer des Eiscafés Venezia in Kempten. "Also keine gelbgrünen Bananen, sondern mit braunen Punkten."
  • Am besten kauft man somit nur, wenn zum Beispiel Erdbeeren Saison haben. Da reife Früchte aber oft schwierig zu bekommen sind, bevorzugt Colle tiefgefrorene Früchte. "Sie werden reif geerntet und vor Ort geschält, püriert und sofort eingefroren."
  • Vanilleschoten gibt es im Bioladen in Gläschen zu kaufen. "Sie müssen saftig-weich sein, dick und glänzend", sagt Colle. "Wenn sie schon ausgetrocknet sind, haben sie wenig ätherische Öle." Und in denen steckt der Geschmack.
  • Johannisbrot- und Guarkernmehl sind als natürliche Bindemittel unverzichtbar. Uwe Koch warnt davor, sie einfach im Bioladen zu kaufen. Denn auf den Packungen steht keine Kennzahl zur Bindekraft - die Unterschiede sind aber gewaltig.

"Ein Gramm Johannisbrotkernmehl kann 20 Gramm oder 400 Gramm Wasser binden", sagt Koch. Ist das Bindemittel zu stark, bekommt man Kaugummi-Eis. Ist es zu schwach, bilden sich Eiskristalle.

Tipp: Bestellen Sie Bindemittel bei Händlern von Eisrohstoffen.

Hier eine Auswahl an Zutaten, die Sie fertig kaufen können:

  • "Basis-Mischungen von verschiedenen Zuckerarten garantieren dem Eismacher ein stabiles Produkt, ohne in die lebensmittelchemischen Hintergründe einsteigen zu müssen", erklärt Stefano De Giglio, Gründer der Eismanufaktur Del Fiore in München.
  • Glukosepulver zum Beispiel mache das Eis geschmeidig, erklärt Yüksel Saier. Es dürfe aber maximal ein Viertel des gesamten Zuckers ausmachen.
  • Uwe Koch empfiehlt Haselnuss-Mark. "Achten Sie dabei darauf, dass nur geröstete Haselnüsse drin sind."
  • Auch ungesüßtes Pistazienmus aus dem Bioladen lohne sich, sagt Adriano Colle. Die Nüsse sind dann bereits gemahlen und conchiert.
  • Von Milchpulver rät Uwe Koch eher ab. Wenn es minderwertig sei, klumpe es leicht.
  • Auch Vanille-Extrakt ergibt wenig Sinn. Zu kaufen sei es nur online und dann meist in Kilopackungen, sagt Colle.

"Wenn du die Zuckerarten beherrschst, beherrschst du die Konsistenz von Eis", sagt Giorgio Ballabeni. Denn Zucker macht das Eis nicht nur süßer, sondern auch cremiger. Er senkt den Gefrierpunkt.

Zu süß soll das Eis aber natürlich nicht sein. Das feine Spiel liegt laut Ballabeni darin, einen Teil der Saccharose, also des üblichen Kristallzuckers zu ersetzen.

Eis an heißen Tagen: ein Genuss auch für die Kleinsten.

Eis an heißen Tagen: ein Genuss auch für die Kleinsten. © Roland Weihrauch/dpa/dpa-tmn

So lässt sich auch die Textur beeinflussen, erklärt Stefano De Giglio. Er hat sich in Lebensmittelchemie eingelesen und vier Jahre an seinen Eissorten experimentiert. "Wie kalt es sich am Gaumen anfühlt, wie cremig, wie seidig, wie geschmeidig, das gehört alles zum Geschmack."

Diese fünf Zuckerarten kommen infrage:

  1. Dextrose hat nur 70 Prozent der Süßkraft von Saccharose, senkt den Gefrierpunkt aber deutlich. Das Eis wird dadurch geschmeidiger.
  2. Glukose hat eine noch geringere Süße als Dextrose und ungefähr die gleiche gefrierhemmende, also weichmachende Wirkung wie Saccharose. Sie bindet und stabilisiert die Grundmasse.
  3. Die Wirkung von Honig ist wegen seiner vielen Arten schwer zu berechnen. Der Vorteil laut Ballabeni: Man braucht nur die Hälfte der Menge von Saccharose, um die gleiche cremige Konsistenz zu bekommen - und das Eis wird weniger süß.
  4. Eine Alternative sind Süßstoffe wie Erythrit und Xylit, die um ein Vielfaches gefrierhemmender sind, aber abführend wirken können.
  5. Es gibt auch neue, gesündere Zutaten wie Inulin, erklärt Stefano De Giglio. Das ist ein Ballaststoff aus der Agave oder gemahlener Chicoréewurzel. "Das hilft sehr, den Zucker zu reduzieren."

Ergebnis: Wer das Spiel mit dem Zucker meistert, kann De Giglio zufolge den Geschmack der Vanille, der Haselnuss oder der Erdbeere unterstreichen und voll entfalten.

Die Liebe zum Genuss beginnt oft früh.

Die Liebe zum Genuss beginnt oft früh. © Andrea Warnecke/dpa-tmn

Stehen Eier im Rezept, sollte die Grundmasse auf jeden Fall pasteurisiert werden. Dabei gibt es laut Uwe Koch zwei Varianten. Für beide ist ein Thermometer hilfreich.

  1. Wer mit ganzen Eiern arbeitet, sollte die Mischung auf maximal 65 Grad erhitzen - sonst gerinnt das Eiweiß - und rund 32 Minuten heiß halten. Dann alles sofort in den Kühlschrank oder die Gefriertruhe stellen, um es möglichst schnell abzukühlen.
  2. Kommt nur Eigelb ins Eis, dürfen Sie alles auf 85 Grad erhitzen und müssen es dann nur vier Sekunden heiß halten.

In beiden Fällen gilt laut Stefano De Giglio eine Grundregel:

Langsam erhitzen, möglichst schnell abkühlen.

Tipp: Uwe Koch rät, auch Milcheis ohne Eier auf 45 bis 50 Grad aufzuwärmen und dann 20 Minuten ziehen zu lassen. "Vanille und die ätherische Öle in Nüssen schmecken so besser." Bei Frucht- und Joghurteis spart man sich das Pasteurisieren dagegen besser. Ansonsten gingen Farbe und Aroma verloren, sagt der Profi.

"Wer nur seine Kinder bespaßen will, braucht im Grunde keine Eismaschine", sagt Uwe Koch. Dafür genügen Formen für Eis am Stiel. Einfach Saft in die Form gießen und in die Kühltruhe stellen.

Vergleichsweise anspruchslos ist auch Frozen Yogurt. Durch die Milchsäurebakterien sei das Wasser schon gebunden, erklärt Koch. "Bisschen Zucker und Zitrone rein, schon ist es gut."

Hier ein Basisrezept:

  • 500 Milliliter griechischer Joghurt
  • 100 Gramm Zucker
  • 1 Päckchen Vanillezucker oder ein halber Teelöffel Vanilleextrakt

Damit Frozen Yogurt cremig wird, muss er allerdings beim Gefrieren mindestens jede halbe Stunde aus dem Tiefkühler genommen und gerührt werden - und das vier Stunden lang. "Rühren ist immer sehr anstrengend, vor allem, wenn man es einmal vergisst", sagt Koch.

Tipp: Einfach die Mischung in eine doppelt so große Kunststoffschüssel mit Deckel füllen und beim Einfrieren alle 25 Minuten kräftig schütteln. "Mindestens vier Mal", sagt Koch. "Je öfter, desto cremiger wird das Eis."

Deutlich entspannter läuft die Prozedur mit einer Eismaschine.

Wer sein Eis selber macht, kann bestimmen, was reinkommt.

Wer sein Eis selber macht, kann bestimmen, was reinkommt. © Florian Schuh/dpa-tmn

Das Grundprinzip ist bei allen Eismaschinen gleich: "Ein sehr kalter Topf und ein Rührwerk", sagt Giorgio Ballabeni.

An den Wänden des Zylinders friert das Eis - und zwar möglichst schnell, damit sich nur feine Eiskristalle bilden. Dabei wird es ständig abgeschabt und verquirlt.

Zu unterscheiden sind zwei Varianten:

1. Maschinen ohne Kompressor

Einsteigermodelle sind schon ab rund 50 Euro zu haben. Sie produzieren aber nur eineinhalb bis zwei Liter Eis. Die Kühlflüssigkeit zwischen Außenwand und Rührschüssel muss vorab bis zu 24 Stunden lang im Gefrierschrank gefrostet werden - etwas aufwendig.

Ein weiterer Nachteil: Die Grundmasse gefriert langsam, dadurch können sich grobe Eiskristalle bilden. "Maschinen ohne Kompressor machen irgendwas Kaltes, aber kein Eis", sagt Uwe Koch ungnädig. Der Konditormeister ist allerdings auch befangen: Er installierte viele Jahre italienische Profimaschinen in Eiscafés.

2. Maschinen mit Kompressor

Diese deutlich teureren Modelle frieren mit bis zu minus 40 Grad und können eineinhalb bis zweieinhalb Liter Eis machen.

Abgesehen vom Preis - ab 170 Euro, hochwertige Modelle eher über 300 Euro - haben auch diese Maschinen einige Nachteile: Sie sind groß, schwer und laut, meist über 40 Dezibel.

Dafür dauert das Gefrieren nur zwischen einer halben und einer ganzen Stunde. Und das Eis kommt in der Regel gleichbleibend cremig heraus.

Yüksel Saier rät dazu, auf folgende Elemente zu achten:

  • Rührschüsseln aus Edelstahl, die leicht aus der Maschine zu nehmen sind
  • eine durchsichtige Abdeckung, um den Gefrierprozess zu beobachten
  • eine große Öffnung im Deckel, um während des Gefrierens Zutaten hinzuzufügen
  • eine automatische Abschaltfunktion, damit das Eis nicht zu hart wird

Tipp: Uwe Koch rät, beim Kauf einer Eismaschine auf die Wattzahl zu achten. Je höher sie ist, desto haltbarer wird das Eis. "180 Watt aufwärts sollten es schon sein", sagt er.

Yüksel Saier empfiehlt folgendes Equipment:

  • Stabmixer zum Anrühren der Grundmasse
  • grammgenaue Waage, etwa zum Abwiegen von Johannisbrotkernmehl
  • Handrührgerät für Parfaits und Cremeeis
  • hohe Rührschüsseln mit Deckel
  • Schmelztopf für Butter und Schokolade
  • Schneebesen
  • Passiersieb
  • Saftpresse
  • feine Reibe
Eis ganz einfach: Fruchtsaft im Tiefkühlfach gefrieren lassen.

Eis ganz einfach: Fruchtsaft im Tiefkühlfach gefrieren lassen. © Klaus-Dietmar Gabbert/dpa-tmn

Hier ein paar Tipps der Profi-Eismacher:

  • "Der Rohstoff ist entscheidend", sagt De Giglio. Das habe er als Koch gelernt. "Mit einem mittelmäßigen Rohstoff kann ich kein hervorragendes Gericht kochen - egal, wie gut meine Technik ist."
  • Manche klassischen Sorten wie Vanille seien bereits perfekt, sagt De Giglio. Andere dagegen bräuchten einen frischen Twist im Nachgang. Deshalb peppt er Mango mit Zitronengras auf, Erdbeere mit Minze und Zitrone mit Ingwer. Probieren Sie einfach Variationen aus.
  • "Man muss bereit sein zu experimentieren", sagt Uwe Koch. "Und man muss ein Lebensmittel-Fetischist werden und sich genau mit den Zutaten befassen." Knifflig seien vor allem Einsprengsel wie Cookie-Teig.
  • Wichtig ist, die Rezepturen immer wieder anzupassen. "Der Gaumen ändert sich mit dem Alter", sagt Ballabeni. Was einem in jungen Jahren schmeckt, wirkt später oft zu süß.

Viele Gelatieri haben ihre Kunst in der Eisdiele der Eltern gelernt. Andere sind Quereinsteiger und haben Lehrgänge besucht. Folgende Kurse bieten große Eisfirmen und Eismacher an:

  • Ballabeni Icecream München: "Gutes Eis ist kein Zufall, sondern eine mathematische Formel", sagt Giorgio Ballabeni. Er hat in seiner Werkstatt seit 2014 mehr als 1000 Teilnehmer in die Feinheiten des Eismachens eingeweiht. "Alle Zutaten müssen balanciert sein." In vier Stunden will Ballabeni Schüler auf "ein Halbprofi-Niveau" bringen.
  • Koch's Eisfachschule: In Uwe Kochs Eisfachschule in Werl dauert der Basiskurs drei Tage. Die Teilnehmer, meist professionelle Eismacher und ambitionierte Amateure, lernen dabei Eistheorie und Rohstoffkunde, Grundrezepte verschiedener Eissorten und das Verhältnis verschiedener Zutaten zu berechnen - und die Berührungsängste mit sündhaft teuren Profimaschinen zu überwinden, sagt Koch.
  • Carpigiani Gelato University: Die wohl renommierteste Eisschule weltweit ist die Gelato University, wo selbst Maestros wie Giorgio Ballabeni ihr Handwerk gelernt haben. Das Stammhaus nahe Bologna wurde vom Eismaschinen-Hersteller Carpigiani gegründet. Heute gibt es auch Kurse auf Deutsch, etwa in Neu-Ulm, Straubing und Graz.

In vier Tagen lernen ambitionierte Eismacher das Handwerk von der Pike auf - und zwar ohne vorgefertigte Mischungen. Denn: "Die sind idiotensicher, halten aber auch dumm", sagt Adriano Colle, der an der Gelato University lehrt.

Günstiger ist es natürlich, sich einfach eines der vielen Bücher übers Eismachen zu kaufen. Oder einfach Anleitungen im Internet zu lesen und sich selbst auszuprobieren.

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