Neues Gutachten

Windenergie: Die SPD will gegen die 10H-Regel klagen

16.9.2021, 16:39 Uhr
Zurzeit ist es nicht gut bestellt um die Windkraft. Vor allem die 10H-Regel lässt die Kraftwerker ins trübe blicken.

© Julian Stratenschulte, dpa Zurzeit ist es nicht gut bestellt um die Windkraft. Vor allem die 10H-Regel lässt die Kraftwerker ins trübe blicken.

Wenige Tage vor der Bundestagswahl positionieren sich die Parteien im Freistaat. SPD und FDP haben ihre Klausuren abgeschlossen. Vor allem die SPD schießt sich auf die Staatsregierung ein. Und beide auf die Umweltpolitik.

Für die Liberalen um Fraktionschef Martin Hagen steht fest, dass seine Partei "ein klares Kontrastprogramm zu den Grünen" fahre. Sie wolle "keine kleinteiligen Verbote uns Subventionen", sondern setze "auf einen ordnungspolitischen Rahmen, der Anreize für Innovationen setzt". Es gehe um "Freiheit und marktwirtschaftliche Anreize gegen Verbote".

Zwei Kilometer

Die SPD schlägt in eine andere Kerbe. Zu ihrer Klausur hat sie den Leipziger Umweltrechtler Kurt Faßbender geladen. Der Jurist kommt in einem für die SPD angefertigten Gutachten zu dem Ergebnis, dass die bayerische 10H-Regel nicht haltbar sei. Sie schreibt vor, dass Windräder zehnmal so weit von Wohnhäusern entfernt sein müssen, wie sie hoch sind. Bei modernen Anlagen entspricht das zwei Kilometern.

Faßbender führt nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom März verfassungsrechtliche Bedenken an. Die Karlsruher Richter fordern von der Politik, sie müsse festlegen, wie sie ihre Klimaschutzziele erreicht. Sonst gefährde sie die Freiheit künftiger Generationen durch klimabedingte Einschränkungen.

Tragende Säule

Für den Juristen ist eine neue Rechtsgrundlage entstanden. SPD-Fraktionschef Florian von Brunn greift das auf. "Klimaschutz geht nicht ohne Energiewende", sagt er. "Und die Energiewende geht nicht ohne Windkraft." Sie sei eine tragende Säule. Es zeige sich, dass mit der Abstandsregel der Ausbau der Windkraft zum Erliegen gekommen sei.

Wind und Sonne sind zwei wesentliche Säulen der Energiewende.

Wind und Sonne sind zwei wesentliche Säulen der Energiewende. © Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa

Auch Faßbender verweist auf Zahlen des Umweltbundesamtes, die das belegen. Zudem verhindere die 10H-Regel das so genannte Repowering, das alte Anlagen durch neue, effizientere Turbinen ersetzt. Nach Ansicht des Juristen müsse deshalb und unter dem Eindruck des Karlsruher Urteils von den Verfassungsrichtern neu beurteilt werden.

Erstes Urteil

Bereits 2016 hatte sich der Bayerische Verfassungsgerichtshof mit der 10H-Regel befasst und sie weitgehend bestätigt. Damals allerdings sei noch nicht absehbar gewesen, argumentiert Faßbender nun, dass mit ihr der Ausbau der Windkraft zum Stillstand kommen werde. Für ihn steht fest, dass die damalige Urteilsbegründung nicht mehr haltbar ist, nach der die 10H-Regel die Akzeptanz neuer Anlagen fördern könne. Das Gegenteil sei der Fall.

https://www.nordbayern.de/wirtschaft/fataler-rechenfehler-bremst-die-windkraft-aus-1.11034210

Die SPD-Fraktion will nun prüfen, ob sie die Frage erneut den bayerischen Verfassungsrichtern zur Überprüfung vorlegt. Nach Karlsruhe könnte sie selbst nicht gehen. Dort steht ein Klagerecht nur unmittelbar Betroffenen zu. Parallel hat die SPD im Landtag bereits einen Gesetzentwurf eingebracht, der das Ende der 10H-Regel vorsieht. Die Fraktion werde abwarten wie sich die Regierung dazu stellt, sagt von Brunn.

Die Bremsen lösen

Auch die grünen um Martin Stümpfig erwägen eine Klage.

Auch die grünen um Martin Stümpfig erwägen eine Klage. © Wolf Kehrstephan

Unterstützung bekommt er von Bund Naturschutz und Grünen. Ministerpräsident Söder müsse "endlich die Bremsen lösen" bei der Energiewende, sagt der BN-Vorsitzende Richard Mergner. Für die Grünen kündigt ihr energiepolitischer Sprecher Martin Stümpfig an, sie wollten ebenfalls eine Klage prüfen. "10H muss abgeschafft werden", sagt Stümpfig.

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hält bislang an der 10H-Regel fest. Allerdings will er Ausnahmen schaffen für das Repowering sowie für Windkraftanlagen, die im Staatsforst oder auf Truppenübungsplätzen stehen. Hier sollen 1000 Meter als Mindestabstand reichen.

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