Fataler Rechenfehler bremst die Windkraft aus

28.4.2021, 17:57 Uhr
Windräder erzeugen Infraschall - und Anwohner sind deswegen oft besorgt um ihre Gesundheit. Der offizielle Wert der Infraschall-Belastung wurde jedoch seit 2009 viel zu hoch angegeben.

© Marquard Och, NN Windräder erzeugen Infraschall - und Anwohner sind deswegen oft besorgt um ihre Gesundheit. Der offizielle Wert der Infraschall-Belastung wurde jedoch seit 2009 viel zu hoch angegeben.

Ein Rechenfehler mit fatalen Folgen: Jahrelang wurde für den von Windrädern erzeugten Infraschall ein viel zu hoher Wert angegeben. Die falsche Zahl hat Proteste gegen Windkraftanlagen mit angeheizt und Sorgen um die Gesundheit ausgelöst. Denn unter Windkraftgegnern heißt es oft, der Infraschall könne das Herz schädigen.

Der Widerstand von Anwohnern zählt zu den Hauptgründen, warum der Ausbau der Windkraft in Deutschland in den letzten Jahren kaum vorankam. Erst am Dienstag wurde ein geplanter Windpark in Eggolsheim bei Forchheim vom Gemeinderat abgelehnt – weil der Gegenwind aus der Bevölkerung zu groß war.

Nun stellt sich heraus, dass der für das menschliche Ohr nicht wahrnehmbare Infraschall in der Nähe von Windrädern falsch ausgewertet wurde. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) hatte 2009 einen Wert ermittelt, der 36 Dezibel zu hoch war. Da diese Werte exponentiell wachsen, bedeutet dies, dass die falsche Zahl um den Faktor 4000 zu hoch war. "Man hätte längst merken müssen, dass mit den Zahlen etwas nicht stimmen kann“, sagt Martin Hundhausen im Gespräch mit der Redaktion. Der Erlanger Physikprofessor hat zusammen mit dem Bayreuther Umweltwissenschaftler Stefan Holzheu den Rechenfehler nachgewiesen. „Schon seit Jahren kommen Studien verschiedener Behörden und Institute zu deutlich niedrigeren Werten, da hätte man beim BGR stutzig werden müssen.“

Minister Altmaier entschuldigt sich

Für Windkraftgegner war der hohe Wert ein wichtiges Argument, der auch in einer Dokumentation im ZDF verbreitet wurde – von einem BGR-Mitarbeiter. Die Bundesanstalt, die dem Wirtschaftsministerium unterstellt ist, hat sich dagegen gesträubt, offen einen Fehler einzugestehen. "Wir waren aber der Meinung, dass bei einem so folgenschweren Fehler eine Entschuldigung angebracht ist“, sagt Hundhausen, "und das haben wir auf Twitter kommuniziert“. Das hat gewirkt: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat sich nun öffentlich entschuldigt.

Die Bürgerinitiative "Vernunftkraft“ in Eggolsheim hingegen warnt weiterhin vor Gefahren fürs Herz durch Infraschall. "Das ist physikalisch unmöglich“, sagt Hundhausen – "und das wäre auch beim höheren Wert aus der falschen Berechnung nicht möglich.“

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