Bund Naturschutz: "Wir betreiben kein Bauernbashing"

19.12.2019, 06:00 Uhr
Beliebtes Ziel des Bauernprotests: "Grüne Besserwisser".

© Soeren Stache/dpa Beliebtes Ziel des Bauernprotests: "Grüne Besserwisser".

Glaubt man Josef Schmid, dann sind die Proteste der Bauern zum Scheitern verurteilt. "Wenn wir gegen Umweltauflagen auf die Straße gehen, unterstützt uns in der Gesellschaft doch kein Mensch", sagt der Landwirt aus dem Kreis Landshut. Doch diese Erkenntnis sei bei den Organisatoren und Teilnehmern der Bauernproteste noch nicht angekommen. Erst im November waren wieder Tausende Landwirte mit Traktoren nach Berlin gefahren und hatten dort mit Plakaten und in Reden nicht nur, aber auch mit Grünen und Naturschützern abgerechnet, die sie für das Höfesterben mit verantwortlich machen.

"Die Ursache dafür sind aber nicht die Ökos und der Bund Naturschutz", sagt Schmid. "Die Ursache ist eine Agrarpolitik, die darauf setzt, immer mehr, immer intensiver und für den Export in Drittländer zu produzieren. Dagegen wäre es sinnvoller zu protestieren. Dann hätten wir auch die Unterstützung der Gesellschaft."

"Mist vor der Haustür angedroht"

Josef Schmid ist Landesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, mit ihr setzt er sich für eine sozial- und umweltverträgliche Agrarpolitik ein. Dass er die Bauernproteste kritisiert, hat ihm auch schon im eigenen Lager Unmut eingebracht. "Mir wurde schon Mist vor der Haustür angedroht", erzählt er in Nürnberg.

Schmids Arbeitsgemeinschaft hat gemeinsam mit dem Bund Naturschutz zu einer Pressekonferenz in Nürnberg eingeladen. Beide Organisationen sehen mit großer Sorge, dass Umweltschützer zur Zielscheibe der Bauernproteste geworden sind – als diejenigen, die Bauern schlecht machten. "Wir betreiben aber kein Bauernbashing, wir kritisieren das System", sagt BN-Agrarreferentin Marion Ruppaner. Sie meint das System der europäischen Agrarpolitik, das Landwirte vor die Wahl stellt, entweder zum Massenbetrieb zu werden, der auch für den Weltmarkt produziert, oder aufzugeben; "zu wachsen oder zu weichen", wie es der bayerische BN-Chef Richard Mergner formuliert.

80 Prozent des Geldes für 20 Prozent der Betriebe

80 Prozent der europäischen Agrarsubventionen gehen inzwischen an nur 20 Prozent der Betriebe, heißt es im Agrar-Atlas, den Heinrich-Böll-Stiftung, Bund Naturschutz und die Zeitung Le Monde Diplomatique herausgegeben haben. Dass Bauern angesichts dieser Situation auf die Straße gingen, nennt Mergner deshalb "verständlich".

Der Bund Naturschutz sieht sich nicht als Gegner der Landwirte, sondern als deren Verbündeter – auf dem Weg zu einer Politik, "die einen nachhaltige bäuerliche Landwirtschaft statt einer immer intensivieren Industrielandwirtschaft fördert". Dafür sei ein neuer "Gesellschaftsvertrag" notwendig.

Angesichts der aufgeheizten Stimmung gestaltet sich der Dialog allerdings nicht immer einfach. Das zeigt eine Episode aus dem vergangenen November: Nachdem sich der Präsident des Bayerischen Bauernverbands, Walter Heidl, beim Bayerischen Rundfunk über die kritischen Äußerungen einer Journalistin beschwert hatte, reagierte BN-Chef Mergner mit einem offenen Brief an Heidl, der im Ton durchaus scharf formuliert war.

Allerdings könnte ausgerechnet diese öffentliche Auseinandersetzung nun zum Startpunkt für einen Dialog werden: Mergner hat inzwischen eine Einladung zur Präsidentenkonferenz des Bayerischen Bauernverbands erhalten.

 

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