Coronahilfen: Bekommt die Gastronomie zu viel Geld?

18.12.2020, 05:55 Uhr
Über einen Steuerberater können Gastronomen die Novemberhilfe beantragen und erhalten bis zu 75 Prozent des Umsatzes aus dem Vergleichsmonat im Jahr 2019.

© Robert Michael, dpa Über einen Steuerberater können Gastronomen die Novemberhilfe beantragen und erhalten bis zu 75 Prozent des Umsatzes aus dem Vergleichsmonat im Jahr 2019.

Robert Horka ist Vorsitzender im Kreis Nürnberg des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) Bayern und äußert sich entsetzt zu diesem Ergebnis: "Niemand nimmt den Staat aus oder verdient sich eine goldene Nase." Der Hotelier betont, wie wichtig die Hilfe sei, die Gastronomen und Hotelbetreiber vom Staat bekommen. Allerdings sei das immer noch zu wenig.

Dass an der Notwendigkeit von Hilfszahlungen durch Bund und Länder kein Zweifel besteht, stellt auch das Institut in seinem Positionspapier vom 7. Dezember klar. Darin werden jedoch Bedenken geäußert, dass "Pauschalerstattungen des Umsatzes zu Verwerfungen zwischen Unternehmen und Wettbewerbsverzerrung" führen.

Darum geht es: Die November- und Dezemberhilfen betragen bis zu 75 Prozent des Umsatzes vom Vergleichsmonat im Vorjahr. Nun haben Gastwirte im Lockdown allerdings weniger oder auch keine Ausgaben für Lebensmittel oder Heizkosten. Auch 450-Euro Arbeitskräfte fallen weg. Wer dazu geringe Fixkosten hat oder diese drücken kann, könnte in den bezuschussten Monaten unter Umständen sogar mehr Gewinn verzeichnen als im Vorjahr.

Falsch gerechnet?

Über eine solche Rechnung kann sich Christian Pöllmann, Gastwirt der Drei Kronen in Adelsdorf bei Höchstadt/Aisch, nur wundern. "Was mich geärgert hat, ist, dass überall die 75 Prozent kursiert sind. Die bilden erst einmal die Bemessungsgrundlage, aber da wird noch einiges abgezogen", erläutert er. Tatsächlich werden staatliche Leistungen, etwa die Überbrückungshilfe oder Kurzarbeitergeld, mit der Novemberhilfe verrechnet. Das wird auf der Internetseite des Bundesfinanzministerium bestätigt.

In den Augen von Pöllmann findet auch zu wenig Beachtung, dass viele Betriebe bereits vor dem Lockdown Ausgaben für die letzten beiden Monate des Jahres getätigt haben. "Die verderblichen Lebensmittel haben wir teils an unsere Leute verschenkt, mussten aber auch Waren wegwerfen. Das sind in etwa 20 bis 30 Prozent Warenverlust", rechnet er für seinen Betrieb vor.

Auch außerplanmäßige Investitionen extra für die kalte Jahreszeit seien nicht zu unterschätzen. Robert Horka nennt hier Heizpilze, die so mancher Gastronom angeschafft hat. Aber statt ihre Gäste im Freien mit etwas Komfort bedienen zu können, mussten sie bereits im November die Außenbereiche schließen.

Rücklagen nur für eine gewisse Zeit

Der Adelsdorfer Wirt Pöllmann räumt dennoch ein, dass eine Orientierung am Gewinn anstelle des Umsatzes geschickter gewesen wäre. Eine Überlegung, der Horka vom Dehoga auf Nachfrage ausweicht: "Bevor wir uns an Umsätzen und Gewinnen orientieren, müssen die Hilfen erstmal ankommen." Bis dahin tragen die Gastronomen die Last, und die wiegt schwer. "Ein ordentlicher Unternehmer hat zwar Rücklagen, aber eben nur für eine gewisse Zeit", so Horka.

Der Betreiber einer Brauerei-Gastwirtschaft samt Hotel in der Metropolregion, der anonym bleiben will, schlägt deutlichere Töne an. Die Hilfen am Umsatz zu berechnen, mache auch für ihn keinen Sinn. "Da verdient man mehr, als würde man arbeiten", sagt er. Er habe noch nie was beantragt, aber das nehme er mit.


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Mit dem Verkauf von Essen außer Haus können Gastronomiebetriebe immerhin etwas Umsatz erwirtschaften. Dieser wird auch nicht mit den Hilfszahlungen verrechnet. Allerdings können nicht alle Restaurants Essen zum Mitnehmen anbieten. "Pizza-Lieferungen sind ja bereits vor Corona gut gelaufen. Bei einem klassisch-fränkischen Lokal wird das aber nicht gemacht, um Geld zu verdienen, sondern um den Kontakt zu den Kunden zu halten", so der Dehoga-Kreisvorsitzende Horka. Im ländlichen Raum sei das Modell zudem nicht wirklich rentabel, wie Pöllmann betont: "Im ersten Lockdown haben am Tag mal drei Leute, manchmal auch keiner angerufen. Dafür stelle ich keine zwei Köche in die Küche."

Neuregelung ab Januar

Mit der "Überbrückungshilfe III", die ab Januar gilt und die strittigen November- und Dezemberhilfen ablöst, soll einer möglichen Überförderung entgegengewirkt werden. Diese orientiert sich an den Fixkosten der Betriebe, also Miete, Pacht und betriebliche Kosten. Die Höhe der Fixkostenerstattung wird am Umsatzrückgang im Vergleich zum entsprechenden Monats des Vorjahres berechnet. Höchstenfalls werden dann bei einem Umsatzrückgang von mehr als 70 Prozent insgesamt 90 Prozent der Fixkosten erstattet.

Unter den Akteuren herrscht Einigkeit, dass Gastronomie und Hotellerie in der Jahresbilanz 2020 keinen Gewinn einfahren werden. Wer fast fünf Monate im Jahr geschlossen hat, könne rein rechnerisch nicht mehr verdienen, sagen der Wirt Christian Pöllmann und Robert Horka vom Dehoga unabhängig voreinander.

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