Gipfel mit Aiwanger: Brauer drängen auf Hilfe - und werden vertröstet

25.2.2021, 17:02 Uhr
Fassbier ist für die bayerischen Brauereien derzeit ein Problem, weil es bei geschlossener Gastronomie und ohne Volksfeste kaum verkauft werden kann. Beim bayerischen Brauerei-Gipfel soll es auch um Hilfen für die Brauer gehen.

© Armin Weigel, dpa Fassbier ist für die bayerischen Brauereien derzeit ein Problem, weil es bei geschlossener Gastronomie und ohne Volksfeste kaum verkauft werden kann. Beim bayerischen Brauerei-Gipfel soll es auch um Hilfen für die Brauer gehen.

Nach der Runde wirken die Brauer und ihre Verbandsvertreter fast euphorisch. "Ich fühle mich bedeutend besser als vor dem Treffen", sagt Mike Schmitt, Chef des kleinen Nikl Bräu im oberfränkischen Pretzfeld. "Super", sagt ein begeisterter Stefan Stang vom Verband Private Brauereien Bayern, Hubert Aiwanger klinge "als sei er der Pressesprecher der Brauereiwirtschaft".


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Der bayerische Wirtschaftsminister und Chef der Freien Wähler ist sichtlich zufrieden. Zum Brauereigipfel hatte er nach München geladen, zu einem "sehr wichtigen Gespräch auf hoher Ebene". Danach bricht er ein paar Lanze für die bayerischen Brauereien. Sie seien "die Säule des bayerischen Lebensgefühls". Mit dem Lockdown sei auch "die Lebensfreude in den Keller gesperrt". Die Zukunft stehe auf dem Spiel.

Bier verrottet im Lager

Tatsächlich zählte Bayern bis zum Lockdown rund 640 der 1500 Brauereien bundesweit. 13.000 Arbeitsplätze hängen laut Aiwanger daran allein im Freistaat, dazu ein Umsatz von 3,5 Milliarden Euro. Den haben sie im vergangenen Jahr nicht einmal annähernd erzielt. Mit der Pandemie kam das Aus für die vielen Volksfeste, kam das Aus für etliche Gastwirtschaften. Dort aber setzen die Brauereien ihr Faßbier um.


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Das verrottet nun in den Lagern und muss, weil es das Verfallsdatum überschreitet, weg geschüttet werden. Was derzeit überall im Land geschieht. Immer mehr der kleinen Betriebe kapitulieren angesichts der langen Durststrecke, die sie durchleiden müssen. Mike Schmitt hat das in einem Internetvideo auf den Punkt gebracht. Das müsse ihm mal einer erklären, sagte er da, warum die Friseure öffnen dürften, er mit seinem "Super Hygienekonzept" aber nicht.

Sein Gewinn sei um 70 Prozent eingebrochen, sagt Schmitt. Und will von den Politikern wissen, "wie ihr euch das vorstellt?" Hubert Aiwanger warnt, dass da etwas verloren gehe. "Bei vielen ist die wirtschaftliche Decke zu kurz", sagt er. Es dürfe aber nicht sein, "dass wir mit 640 Brauereien reingehen und mit Exportbier aus China und den USA wieder rauskommen."


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Der Bund müsse endlich helfen und nicht nur normale Gaststätten auffangen, sondern auch die Brauereigaststätten. Die fallen als Mischbetriebe durchs alle Hilfsraster. Aiwanger schimpft und poltert gen Berlin, das kommt an bei den Brauern. Die Brauer fänden kein Gehör bei der Politik, insbesondere nicht auf der Bundesebene", sagt etwa Lothar Ebbertz vom Bayerischen Brauerbund. Es gebe Brauereien, "die sind 400, 500, 600 Jahre alt. Die haben den 30-jährigen Krieg und die Pest überlebt." Jetzt aber herrsche dort "die nackte Existenzangst".


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Auf finanzielle Hilfe aus Bayern allerdings dürfen sie vorerst nicht hoffen. Aiwanger nimmt lieber den Bund in die Pflicht, schiebt den schwarzen Peter nach Berlin. "Wir wollen die Hilfsbereitschaft des Bundes in Anspruch nehmen", erklärt er.

"Sonst sagt der Bund, die machen das schon in Bayern." Tun sie aber nicht. Aiwanger will "in Berlin rausholen, was rauszuholen ist". Menschen wie Mike Schmitt hilft das vorerst wenig. 70 Plätze hat er im Außenbereich, 400 im Bierkeller, alle seit Monaten ungenutzt. "Wir betreiben einen wahnsinnigen Hygieneaufwand", sagt er. Und wenn es denn sein müsse, werde er auch ein Konzept entwickeln, wie sich die Gäste vor einem Besuch auf das Virus testen können.

Praxisgipfel angekündigt

Das ist die andere Idee Aiwangers, dass Hotels und Gaststätten bis spätestens Ostern wieder öffnen sollen, mit entsprechenden Konzepten. Niemand, sagt er, habe sich in einem Biergarten angesteckt. Mitte März will er einen "Praxisgipfel" einberufen, dann auch mit Gesundheitsministerium und Staatskanzlei. Der solle beraten, "wie wir mit den Öffnungen verantwortungsvoll umgehen. Das dürfte keine unlösbare Aufgabe bis Ostern sein", glaubt Aiwanger.


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Bayerns Ministerpräsident Markus Söder freilich lässt derzeit nicht erkennen, dass er davon viel hielte. Er gibt den Gastwirtschaften und Hotels nur eine nachgeordnete Priorität, sieht Schulen, Kitas und Handel weit vorne. Andere sprechen bereits von einer dritten Welle und einem dritten Lockdown. Aiwanger, der gerne forsch auftritt, muss auf Nachfrage einräumen, dass auch er nicht sagen kann, wie es kommt. "Sicher macht mich nichts," sagt Aiwanger, "was Ende März passieren wird. Aber ich strebe es an." Er wünsche es sich, "und ich halte es für verantwortbar".

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