Kündigung von Prämiensparverträgen: Was Kunden tun können

2.12.2020, 06:00 Uhr
Zahlreiche Sparkassen haben im letzten Jahr damit begonnen ihre Prämiensparverträge zu kündigen. 

© Christin Klose, dpa-tmn Zahlreiche Sparkassen haben im letzten Jahr damit begonnen ihre Prämiensparverträge zu kündigen. 

Mitte September erhielt Karl Wolf (Name geändert) die Kündigung für seinen Prämiensparvertrag bei der Sparkasse Ansbach. Schon etwas früher fand auch Paul Schmidt (Name geändert) aus Neustadt an der Aisch ein ähnliches Schreiben in seinem Briefkasten. Kein Einzelfälle. Schon im vergangenen Jahr fingen etliche Sparkassen im ganzen Bundesgebiet damit an, derartige Verträge mit Verweis auf die Niedrigzinsphase zu kündigen. Allein die Sparkasse Ansbach beendete rund 8300 Verträge mit einem Gesamtvolumen von nahezu 200 Millionen Euro. Bei der Sparkasse in Neustadt an der Aisch waren es 3255 solcher Verträge.

Die Verbraucherzentrale Bayern hält allerdings nicht alle Kündigungen für rechtens. Gegen die Sparkasse Nürnberg hat sie deswegen eine Musterfeststellungsklage laufen, über die auch wir berichteten. Daraufhin meldeten sich mehrere Leser, darunter auch Wolf und Schmidt, mit der Frage: Was tun, wenn man nicht bei der Sparkasse Nürnberg ist?

Darum geht es: Die sogenannten Prämiensparverträge waren vor allem in den 1990er und 2000er Jahren ein Besteller. Grundsätzlich gibt es unter der Bezeichnung "Prämiensparverträge" eine Vielzahl unterschiedlicher Modelle und Konditionen, die je nach Sparkasse variieren. Das Grundprinzip dahinter ist allerdings immer das gleiche: Der Kunde zahl monatlich einen bestimmten Betrag ein und erhält dafür ab einer im Vertrag festgelegten Frist jährliche Prämien, die im Laufe der Jahre steigen. In vielen Fällen ist die Höchststufe von 50 Prozent nach 15 Jahren erreicht. Während die Kunden profitierten, wurden die Verträge durch die anhaltende Niedrigzinsphase jedoch für die Banken mit der Zeit zu einer finanziellen Belastung.

So entschied der Bundesgerichtshof: Im vergangenen Jahr hatten Sparer aus Sachsen-Anhalt gegen die Kündigung ihrer Prämiensparverträge geklagt. Im Mai entschied der Bundesgerichtshof (Az. XI ZR 345/18) jedoch, dass die Niedrigzinsphase und deren Folgen ein sachgerechter Grund für eine Kündigung seien, wenn denn der höchste Prämiensatz bezahlt wurde. Die damalige Entscheidung bezog sich auf unbefristete Verträge, also Verträge ohne festgelegte Laufzeit.


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Das rät die Verbraucherzentrale: Sibylle Miller-Trach, die in der Verbraucherzentrale Bayern für Finanzfragen zuständig ist, rät Betroffenen, sich zunächst auf der Webseite der Verbraucherzentrale zu dem Thema einzulesen. So könne man herausfinden, ob es sich bei dem eigenen Vertrag überhaupt um einen dieser Prämiensparverträge handele und ob die Kündigung möglicherweise anfechtbar sei.

Strittig sind dabei vor allem zwei Faktoren: Zum einen ob eine Vertragslaufzeit besteht oder nicht, zum anderen wie die Prämienstaffeln festgelegt sind. Falls im entsprechenden Vertrag – anders als in den vom BGH verhandelten Fällen - eine Laufzeit vereinbart ist, darf die Sparkasse laut Auffassung der Verbraucherschützer nicht vor Ablauf der Laufzeit kündigen. Das gelte auch bei sehr langen Laufzeiten, etwa über 1188 Monate, also 99 Jahren. Ist in dem Vertrag zudem fixiert, dass die Prämie vom 15. Laufzeitjahr bis zum 25. Laufzeitjahr 50 Prozent beträgt, dann erreicht die Prämie erstmals mit dem Ablauf des 15. Laufzeitjahres ihren Höchstwert. Geht es nach der Verbraucherzentrale, müsste die Prämie in dem Fall aber mindestens weitere zehn Jahre ausbezahlt werden, bis der Vertrag gekündigt werden kann.

Betroffenen rät Miller-Trach, der Kündigung zunächst in jedem Fall zu widersprechen und sich dann gegebenenfalls über mögliche weitere Schritte beraten zu lassen. Grundsätzlich kann noch drei Jahre nach der Vertragsbeendigung gegen die Kündigung vorgegangen werden.

Die Verbraucherschützerin verweist zudem darauf, dass das Urteil in der Musterfeststellungsklage gegen die Sparkasse Nürnberg eine Signalwirkung auch gegenüber anderen Sparkassen haben könnte - in die eine, oder andere Richtung. Ähnliche Klagen gegen Sparkassen in Bayern gebe es derzeit nicht, weitere seien aber durchaus möglich, so Miller-Trach.

Das sagen die Sparkassen: Die Geldinstitute sehen sich dagegen im Recht. "Auf Basis des BGH-Urteils sind wir davon überzeugt, dass wir berechtigt sind, diese Verträge zu kündigen", erklärt der Pressesprecher der Sparkasse Ansbach, Günter Pöschko. Gleichzeitig wirbt er auch für Verständnis: "Natürlich überlegen wir uns gut, ob wir Verträge mit langjährigen Kunden kündigen oder nicht. Vor 20, 30 Jahren war es allerdings völlig unvorstellbar, dass wir jemals eine solche Niedrigzinsphase, zum Teil sogar negative Zinsen, haben würden." Der wirtschaftliche Druck sei nun einfach zu hoch geworden. "Und selbstverständlich bieten wir den Kunden dann ein Beratungsgespräch an, um ihnen je nach individueller Situation Alternativen anzubieten."

Ähnliches sagt auch die Sparkasse Neustadt an der Aisch. "Wir haben natürlich bei den Kündigungen darauf geachtet, dass sie von dem BGH-Urteil abgedeckt sind", so der Referatsleiter Vorstandssekretariat, Andreas Stern. Verträge mit einer Laufzeit von 99 Jahren habe man sowieso kaum, so dass es hierzu auch keine rechtlichen Schritte gegen die Sparkasse gegeben hat. Die Kunden habe man schriftlich über die Kündigung informiert und ihnen "ein Gespräch mit dem jeweils zuständigen Berater angeboten, um gemeinsam nach Anlagealternativen zu suchen".

Das sagen die Betroffenen: Karl Wolf hat die Kündigung durch die Sparkasse Ansbach nicht akzeptiert, sondern mit Hilfe der Verbraucherzentrale Widerspruch eingelegt. "Ich muss auch sagen: Was mich am meisten enttäuscht ist, wie die Sparkasse mit ihren Kunden umgeht. Es gibt manchmal fette Jahre und manchmal eben magere, auch bei einer Bank." Die Leidtragenden seien am Ende die Kunden, so Wolf. Ähnlich sieht es Paul Schmidt. Er will nun zunächst das Ergebnis der Musterfeststellungsklage abwarten und dann gegebenenfalls selbst rechtliche Schritte unternehmen.

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