MAN stellt nach 20 Jahren neue Lkw-Generation auf die Räder

12.2.2020, 07:03 Uhr
Joachim Drees, Vorstandschef von MAN, steht neben einem neu entwickelten Lastwagen. Die neuen Lkw verbrauchten bis zu acht Prozent weniger Sprit und seien auch für Elektroantriebe vorbereitet.

© Juan Carlos Rojas, dpa Joachim Drees, Vorstandschef von MAN, steht neben einem neu entwickelten Lastwagen. Die neuen Lkw verbrauchten bis zu acht Prozent weniger Sprit und seien auch für Elektroantriebe vorbereitet.

Vorstandschef Joachim Drees präsentierte die Modellreihen am Montagabend in der spanischen Hafenstadt Bilbao Spediteuren und großen Transportunternehmen aus ganz Europa - die können die Trucks in den nächsten Tagen dann gleich auf Herz und Nieren prüfen.

Der Zeitpunkt ist auf den ersten Blick ungünstig: Die Konjunktur schwächelt, MAN erwartet dieses Jahr einen Auftragseinbruch um mindestens zehn Prozent, streicht Schichten und schickt Leiharbeiter nach Hause. Aber die Branchenexperten der Schweizer Bank UBS erwarten, dass MAN mit dem Modellwechsel Marktanteile gewinnen kann. Und das Transportvolumen in der EU - wo MAN den größten Teil seiner Lkw verkauft - soll in den kommenden 20 Jahren um 40 Prozent zulegen.

Mehr Leistung, weniger Kosten

Autokäufern ist das Aussehen und der Kaufpreis ihres Fahrzeugs wichtig. Ein Transportunternehmen dagegen muss Geld damit verdienen und schaut vor allem auf die Kosten über die gesamte Laufzeit, wie Martin Bulheller vom Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) erklärt. Hier will MAN punkten.

Die neue Lkw-Generation der Münchner verbraucht bis zu acht Prozent weniger Sprit - durch einen Dieselmotor mit neuer Software, bessere Aerodynamik und digitale Hilfen für eine effizientere Fahrweise. Dazu kommt, dass die Wartung durch neue Bauteile und Vernetzung mit Zentrale und Werkstatt einfacher und schneller wird - auch das spart Betriebskosten. Updates für neue digitale Dienste erfolgen unterwegs.

Die Gesamtkosten sind inzwischen nicht mehr der einzige Maßstab, sagt Bulheller. Heute haben Fahrer ein gewichtiges Wort mitzureden. Denn allein in Deutschland fehlen in den kommenden zwei Jahren 150.000 Berufskraftfahrer. "Früher hatten viele Transportunternehmen eine einzige Marke. Heute sind die Fuhrparks bunt gemischt. Durch den Fahrermangel ist da Bewegung reingekommen", sagt Bulheller. Ein Fahrer könne heute sagen: "Ich komm' zu dir, wenn du mir einen Scania hinstellst." Oder einen Mercedes, Volvo, DAF oder MAN: "Jede Marke hat ihre Fans."

Ausgerichtet auf den Fahreralltag

Um aus erster Hand zu erfahren, wie der ideale Arbeitsplatz und Lebensraum im Lkw aussehen muss, besuchten die MAN-Entwickler Autohöfe und Rastplätze und zeigten 700 Fahrern verschiedene Prototypen. "Das Feedback der Profis und ihre persönlichen Wünsche flossen direkt in die neuen Baureihen ein", sagt ein Sprecher. Raumangebot, Schlafkomfort, anwenderfreundliche Bedienung seien konsequent am Fahreralltag ausgerichtet, denn das könne im Wettbewerb um Lkw-Fahrer ein entscheidender Vorteil sein. Im neuen MAN TGX oder TGL gibt es weiter Außenspiegel statt Außenkameras. Viele Knöpfe und Schieberegler wurden bewusst belassen, nicht aufs Display verlegt.


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Mit Spurwechsel- und Stauassistent soll der neue MAN Fahrern das Leben erleichtern und für mehr Sicherheit sorgen - auch mit einem Abbiege-Assistenten ab Werk, der Radler und Fußgänger schützen soll. Der Abbiege-Assistent ist allerdings nicht serienmäßig.

Weniger CO2-Ausstoß

Der neue MAN-Truck fährt mit Diesel, aber alle neuen Antriebe könnten leicht integriert werden. "Wir planen, ab dem Jahr 2024 auch Elektroantriebsvarianten der Neuen Truck-Generation in das Serienangebot aufzunehmen. Bis dahin wird es Kleinserien geben", sagt ein Unternehmenssprecher. Die Nachfrage nach E-Lastwagen für den Schwerverkehr sei gering: Sie sind teuer, die Infrastruktur fehlt.


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Die EU verpflichtet die Lkw-Bauer, den CO2-Ausstoß innerhalb der kommenden zehn Jahre um 30 Prozent zu senken. Sonst drohen Strafzahlungen in Milliardenhöhe. Die Unternehmensberatung BCG erwartet, dass bis dahin auch schwere E-Lastwagen auf die Straße kommen und der Verkauf von Diesel-Lastwagen dann weltweit um 10 Prozent sinkt.

Nürnberg, München, Europa

Gebaut werden die neuen MAN-Lastwagen im Stammwerk München, Steyr, Krakau und später auch in St. Petersburg. Die Motoren kommen aus Nürnberg. Weit mehr als 6000 Beschäftigte arbeiteten an den neuen Trucks, Tendenz steigend, teilte das Unternehmen mit.


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MAN hat 2018 gut 95.000 Lastwagen verkauft - die allermeisten in Europa - und damit 9,1 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftet. Mit dem schwedischen Hersteller Scania und der südamerikanischen VW Caminhoes gehört MAN zur VW-Tochter Traton, In den beiden größten Lkw-Märkten, China und USA, ist MAN nicht unterwegs. In China spielen Zuverlässigkeit und Fahrer-Komfort eine geringere Rolle. Traton ist dort nur am Hersteller Sinotruk beteiligt. In den USA will Traton den US-Hersteller Navistar gerade komplett übernehmen.

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