Siemens Energy steigt aus Kohlegeschäft aus - zumindest ein bisschen

10.11.2020, 16:07 Uhr
Eine offengelegte Dampfturbine liegt zur Wartung im Siemens-Werk für Dampfturbinen-Service in Nürnberg.

© Daniel Karmann, dpa Eine offengelegte Dampfturbine liegt zur Wartung im Siemens-Werk für Dampfturbinen-Service in Nürnberg.

Ungelegen kam Christian Bruch das Timing vermutlich nicht: Siemens Energy steigt aus dem Geschäft mit der Kohle aus, so verkündete es der Konzernchef auf der ersten Bilanz-Pressekonferenz des frisch eigenständig gewordenen Unternehmens - und verdrängte damit sogar so unpopuläre weitere Botschaften wie den Milliardenverlust im vergangenen Geschäftsjahr oder den demnächst drohenden Stellenabbau für einen Moment in den Hintergrund.


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Wobei sich die Entscheidung bei näherem Hinsehen ein Stück weit relativiert. "Siemens Energy wird sich mit sofortiger Wirkung nicht mehr an neuen Ausschreibungen für ausschließlich mit Kohle befeuerte Kraftwerke beteiligen", erklärte Bruch. Bestehende Projekte allerdings sollen weiter umgesetzt werden, ebenso das laufende Geschäft mit Service- und Wartungsaufträgen. Was dann in der Praxis mehr einem Ausstieg light entspricht.

Ausstieg dürfte zum Kraftakt werden

"Das tut uns trotzdem weh", versicherte Bruch. Denn das Geschäft sei profitabel und Kohle im Moment nach wie vor der wichtigste Rohstoff für die Energieerzeugung. Weltweit betrachtet. "Siemens Energy setzt mit diesem Schritt den Umbau zu einem nachhaltigen und wachstumsorientierten Portfolio fort", deutete der Konzernchef aber an, dass auch er diese Zeit am Ablaufen sieht.

Was für die ehemalige Energiesparte der Siemens AG noch zu einem Kraftakt werden dürfte. Denn derzeit erwirtschaftet das Unternehmen erst 30 Prozent seines Umsatzes mit erneuerbaren Energien, genauer: mit Windkraft. Weitere 30 Prozent hängen direkt an Gas und Kohle, der Rest, der mit Übertragungstechnologien und sonstigen Industrieanwendungen verdient wird, in vielen Fällen zumindest mittelbar.

"Wir müssen unsere Kostenbasis verbessern"

Apropos Umsatz: Der sank im abgelaufenen Geschäftsjahr 2020 um fünf Prozent auf 27,46 Milliarden Euro. Unter dem Strich stand am Ende ein Verlust von 1,86 Milliarden Euro, wobei Siemens Energy davon 1,5 Milliarden auf Sondereffekte zurückführt. Und davon wiederum den größten Teil für Wertanpassungen bei Produkten, die sich nicht so verkaufen, wie das Unternehmen das erwartet hatte.

"Wir müssen unsere Kostenbasis verbessern", betonte Bruch. Eine Ankündigung, die Arbeitnehmervertreter natürlich sofort hellhörig werden lässt. Transformation und Portfoliobereinigung seien ja schön und gut, aber das dürfe am Ende nicht auf Kosten der Belegschaft gehen, schlägt Manfred Bäreis, Betriebsratschef am knapp 6000 Mitarbeiter starken Energy-Standort Erlangen, bereits einen ersten Pflock ein.

Bruch will sich bei diesem Punkt für den Moment dagegen lieber noch nicht festlegen. "Wir verändern im Moment viel im Unternehmen, sind an vielen Stellen dran, gucken uns zum Beispiel die Produktionskapazitäten an", so der Konzernchef. Ob und in welchem Umfang das dann auch einen Stellenabbau bedeutet und wo genau, wolle man aber in den kommenden Wochen erst noch mit den Betriebsräten und Gewerkschaften besprechen.

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