"Der öffentlich zelebrierte Streit schreckte Bürger ab"

11.5.2017, 07:40 Uhr
Der Neumarkter Stefan Körner stand an der Spitze der Piraten.

Der Neumarkter Stefan Körner stand an der Spitze der Piraten.

Mit ziemlicher Sicherheit werden die Piraten am Sonntag aus dem Landtag von NRW fliegen und damit in keinem Landesparlament mehr vertreten sein. War es das dann mit Ihrer Partei, Herr Körner?

Stefan Körner: Ich bin davon überzeugt, dass es noch nicht vorbei ist. Schauen Sie sich doch mal an, wie schlecht die FDP vor vier, fünf Jahren dastand und wo sie heute wieder ist. Oder auch die SPD, die binnen weniger Wochen fast um zehn Prozentpunkte zulegte. Jede Partei hat solche Schwächephasen bereits erlebt. Wer die Piraten nur auf eine Momentaufnahme reduziert und schon komplett abschreibt, der macht es sich zu einfach.

Aber Sie wollen jetzt auch nicht behaupten, dass es der Partei glänzend geht?

Körner: Natürlich nicht. Es ist bitter, die Umfrage- und Wahlergebnisse zu sehen. Aber viel wichtiger als diese Zahlen ist es mir, dass ich von unseren Themen überzeugt bin. Die Digitalisierung und all die damit verbundenen Probleme wie Datenschutz und Bürgerrechte nehmen dramatisch an Bedeutung zu. Und dabei verfügen wir nun einmal über die größte Kompetenz unter allen Parteien.

Auf dem bestem Weg in den Bundestag

Warum konnten die Piraten ihre Erfolgsphase nicht nutzen? Sie waren doch schon auf bestem Wege in den Bundestag einzuziehen und sich im politischen System zu etablieren.

Körner: Vielleicht ist der Hype zu schnell und zu früh gekommen. Wir sind überrannt worden von vielen Menschen mit ganz unterschiedlichen Vorstellungen. Unsere Überzeugung, alles offen auszudiskutieren, ist zwar richtig. Aber der öffentlich zelebrierte Streit schreckte dann doch viele Bürger ab. Das ist ja durchaus etwas, was viele neu gegründete Parteien erleben. Ich habe das in den vergangenen Jahren immer wieder mit Interesse beobachtet.

Es ist in der Nachkriegsgeschichte ja auch kaum einer neu gegründeten Partei gelungen, längerfristig erfolgreich zu sein.

Körner: Ich sehe nur drei Beispiele. Das waren die Grünen mit den Themen Umwelt und Gleichberechtigung, die Piraten mit der Digitalisierung und die AfD, die rechtes Denken wieder salonfähig gemacht hat. Wer nur auf bekannte Personen setzt oder darauf, dass er in Details manches besser macht als alte Parteien, der schafft es nicht.

Wie könnte der Rückweg der Piratenpartei in die Parlamente aussehen?

Körner: Wir müssen uns auf unseren Markenkern besinnen. Diese Einsicht scheint bei den rund 12 000 Mitgliedern auf Bundesebene langsam anzukommen. Für einen Neustart können wir auf viele Mandatsträger zählen – zum Beispiel auf Stadträte in Nürnberg, München und vielen anderen Städten und auf eine Europaabgeordnete.

"Unglaublich spannend"

Hielten Sie es denn für sinnvoll, die Fünfprozenthürde abzuschaffen, damit die Piraten – und andere – es eher wieder in die Parlamente schaffen?

Körner: Da bin ich sehr zwiegespalten. Natürlich würde es mich für uns freuen, wenn wir auch mit drei oder vier Prozent in den Landtagen wieder Einfluss nehmen könnten. Andererseits halte ich einen Filter grundsätzlich schon für sinnvoll, der verhindert, dass jede Kleinstgruppe plötzlich im Parlament sitzt.

Sie waren in der erfolgreichsten Zeit der Piraten als Funktionär ganz vorne dran. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Körner: Das war unglaublich spannend. Da kam es vor, dass ich an einem Tag nacheinander Christian Ude und Horst Seehofer persönlich kennenlernte. Alle interessierten sich für uns Piraten. Nachdem bei uns alle Spitzenpositionen im Ehrenamt ausgeübt werden, war das aber auch sehr anstrengend. Mit den Ämtern ging es anfangs schnell bei den Piraten: In der ersten Versammlung, die ich jemals besuchte, wurde ich gleich zum stellvertretenden Bezirksvorsitzenden für die Oberpfalz gewählt.

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