Piratenpartei: Bringt die NRW-Wahl den Untergang?

11.5.2017, 07:50 Uhr
Die Piraten könnten in Nordrhein-Westfalen aus dem letzten Landtag fliegen.

Die Piraten könnten in Nordrhein-Westfalen aus dem letzten Landtag fliegen.

Eine der tiefsten Demütigungen für eine Partei ist es, wenn sie am Wahlabend bei den Tabellen im Fernsehen keinen eigenen Balken mehr erhält, sondern nur noch unter den Rubriken "Andere" und "Sonstige" versteckt wird. Dann wissen Funktionäre und Mitglieder endgültig, dass sie aus Sicht der Demoskopen in einer Liga mit Bibeltreuen Christen, Yogischen Fliegern und den "Violetten" gelandet sind.

Piratenpartei: Bringt die NRW-Wahl den Untergang?

© NN-Infografik

Das dürfte bis auf weiteres das Schicksal der Piraten sein. Am Sonntag werden sie in Nordrhein-Westfalen ihren letzten großen, sagen wir besser: halbgroßen, Auftritt haben. Immerhin waren sie 2012 mit 7,8 Prozent in den Düsseldorfer Landtag eingezogen und hatten dort eine 20-köpfige Fraktion gebildet. Nun geben ihnen die Demoskopen gerade mal um die zwei Prozent.

Damit sind sie dann vorerst in keinem deutschen Landesparlament mehr vertreten. Genau dort (und im Bundestag natürlich) gäbe es aber das, was jede Partei dringend braucht. Geld und Medienöffentlichkeit.

Vor fünf Jahren hatte alles anders ausgesehen für die Piraten. Zeitweise saßen sie neben NRW auch noch in den Landtagen von Schleswig-Holstein (8,2 Prozent), Saarland (7,2) und Berlin (8,9). Ihr Einzug in den Bundestag schien kaum noch zu verhindern, ein zweistelliges Ergebnis war möglich. Und dann der Bruch. In der öffentlichen Wahrnehmung fanden sie kaum noch statt, und wenn, dann als Streithansel.

Dabei sind sich alle, auch die Vertreter der etablierten Parteien, einig: An den Themen lag es nicht. Die Digitalisierung unserer kompletten Lebenswelt, die Stärkung der Bürgerrechte, die Transparenz staatlichen Handelns sind heute aktueller denn je und müssten allemal reichen, um die Piraten über die Fünf-Prozent-Hürde zu hieven. Zumal man bei den anderen Parteien eher den Eindruck hat, die Netzpolitik sei Pflichtprogramm und keine Leidenschaft.

Aber was war es dann? Zum Teil sicher das Personal. In der Blütezeit der Piraten irrlichterte ein politischer Geschäftsführer namens Johannes Ponader durch die Talkshows, trug dabei Trekkingsandalen ohne Socken und nannte sich selbst "Gesellschaftskünstler". Das entsprach wohl nicht ganz dem, was sich viele Deutsche unter einem seriösen Politiker vorstellten. Zunehmend gerieten ein extrem linker Flügel und die eher sachorientierte Funktionärsriege aneinander. Es häuften sich Austritte, Abschiede, Beschimpfungen.

Fachkundig gepiesackt

Dabei haben die Piraten in den Landtagen zum Teil durchaus überzeugende Arbeit geleistet. In Berlin etwa piesackte keiner die Regierungsparteien so fachkundig und detailfreudig wie Martin Delius als Vorsitzender des BER-Untersuchungsausschusses. Zeitweise hatte man den Eindruck, beim Großflughafen seien die Piraten die einzige echte Opposition im Abgeordnetenhaus.

Im Kieler Landtag brachte jedes Fraktionsmitglied durchschnittlich 200 Anfragen ein, unter anderem setzten die Nord-Piraten durch, dass die Vorstandsgehälter von öffentlichen Unternehmen transparent gemacht werden.

Meistens blieb aber in der öffentlichen Wahrnehmung nur der Fraktions- und Parteiknatsch hängen. Die Mitglieder, vor allem diejenigen, die sich einen Namen gemacht hatten, teilten ordentlich aus. Ex-Geschäftsführerin Marina Weisband etwa verkündete: "Die Partei ist im Arsch". Sie trat 2015 aus. Christopher Lauer, eines der bekanntesten Gesichter, schied 2016 mit Getöse. Begründung: Er erhalte keine Mehrheit für seine Pläne "zur Professionalisierung der Partei". Übersetzt hieß das: Die Piraten sind ein Chaotenhaufen.

Ob die Piraten jemals in die Parlamente zurückkehren? Rund 12.000 Mitglieder und etliche Mandatsträger bezeugen immerhin, dass durchaus noch Leben vorhanden ist. Die letzte Pressemitteilung der Bundespartei liegt erst drei Tage zurück. Inhalt: Der Tag der Kapitulation des Deutschen Reichs (8. Mai 1945) müsse Nationalfeiertag werden. Resonanz: gering. So ist das eben bei einer Splitterpartei.

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