David Garrett in Nürnberg: Viel Show, wenig Authentizität

22.11.2016, 06:32 Uhr
Geiger David Garrett schaute mit seiner "Explosive"-Show in der Arena vorbei und sorgte für viel Spektakel.

© Roland Fengler Geiger David Garrett schaute mit seiner "Explosive"-Show in der Arena vorbei und sorgte für viel Spektakel.

Natürlich könnte er mit seinem Charme genauso erfolgreich Bausparverträge oder Thermomix-Geräte verkaufen. Aber er setzt auf die Gefühlskraft der Musik: Das Programm, das er sich in zweieinhalb Stunden zumutet, reicht für drei bis vier klassische Konzertauftritte. Doch Garrett liebt es, auf Tuchfühlung mit dem Publikum zu gehen. Er verneigt sich vor Prince ("Purple rain"), vor Filmkomponist Hans Zimmer, vor Gipsy-Gitarrist Django Reinhardt und dem griechischen Urereignis Mikis Theodorakis ("Alexis Sorbas").
 
Die Performance auf der 360-Grad-Drehbühne macht mächtig was her, die Videoeffekte auf den Großleinwänden rücken den Saiten-Helden geschickt in den Mittelpunkt und die vier Damen und zwei Herren vom Deutschen Fernsehballett spulen routinierte Choreografien ab. Eine gewaltige Energieleistung, die David Garrett da abrruft, auch wenn der musikalische Ertrag letztlich recht übersichtlich bleibt.

Er schmeichelt mit dem "Midnight Waltz", nimmt sich dem "Marathon"-Song seiner Schwester Elena an, aber der übersteuerte Geigenton stellt alle Mitakteure in den Schatten. Vor allem auch die Neue Philharmonie Frankfurt, die im Halbrund um ihn kreist, deren Fagotte oder Bratschen leider vergeblich spielen, weil sie ohnehin nicht zu hören sind.

Keine Frage: Garrett ist äußerst flink am Griffbrett, donnert sich mit Vivaldis "Sommer"-Sturm rasant in den zweiten Teil und pendelt glaubwürdig zwischen Rock und Tschaikowsky. Und doch bleibt vieles synthetisch und auch nicht wenig anbiedernd. Klaro: Charming Garrett ist ein gewinnender Performer. Vieles verdankt er seinem Chefarrangeur Franck van der Heijden, der von der E-Gitarre aus mit linkischen Dirigierbewegungen die Symphoniker befehligt. Die Show flutscht, nur eins gerät unter die Räder - die musikalische Authentizität.

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