Der Duft der Welt

9.6.2007, 00:00 Uhr
Der Duft der Welt

«Ich bin Bollywood!», sagt Arif Farooqi ganz unbescheiden und macht eine ausladende Handbewegung. Und wirklich: Alles was den kitschig-schnulzigen Kinodramen aus Indien den nötigen Pomp verleiht, findet sich in seinem Laden «Fooqi» am Hallplatz. Saris und Gewänder in grellbunten Farben, mit kleinen Spiegeln bestickte Taschen und Kissen sowie Räucherstäbchen und Wollschals. Aber neben indischem Kunsthandwerk liegen auch andere Produkte aus Asien in Farooqis Regalen. Mehrere Male im Jahr fährt der Pakistaner nach Indien oder in sein Heimatland, um dort neue Trends aufzuspüren und sein Lager wieder aufzufüllen. Aus Nepal kommen Klangschalen und Buddha-Figuren, aus Vietnam bunte Seidenlampions, Rattankisten stammen aus Indonesien und die gepolsterten Matten zum Entspannen sind thailändischen Ursprungs.

Besonders stolz ist Farooqi auf die indischen Lederschuhe, so genannte Kusas, deren vordere Spitze sich kühn nach oben wölbt und dem Schlappen damit ein ganz besonderes Aussehen verleiht. Seit einiger Zeit schon hat er sie in seinem Sortiment, richtig bekannt geworden sind sie aber eigentlich erst durch die mehrstündigen bonbonbunten Leinwandepen mit zahlreichen Tanzeinlagen aus der Filmmetropole Bombay.

Wenn Südamerikaner über den Trödelmarkt schlendern, staunen sie oft nicht schlecht, wenn sie den Namen eines schmalen Ladens dort entdecken. «Arauco» heißt er. Genauso wie das Gebiet, das die Ureinwohner Chiles noch heute bewohnen. Oft passiert es dann, dass die neugierigen Touristen das Wein- und Schmuckgeschäft betreten und mit Inhaber Alejandro Franco einen kleinen Schwatz halten.

Seit vielen Jahren schon betreibt der Chilene, der in den 70er Jahren vor Pinochets Militärdiktatur nach Deutschland floh, seinen Laden, der zugleich auch Galerie, Veranstaltungsort und Treffpunkt für Südamerika-Liebhaber ist. Fünf bis sechs Mal im Jahr stellt Franco Kunst aus Lateinamerika, Spanien oder Portugal aus. Manche der Musiker, die außerdem bei ihm auftreten, sind inzwischen Wiederholungstäter, weil sie an der lauschigen Atmosphäre am Trödelmarkt Gefallen gefunden haben. Und auch viele seiner Kunden kommen immer wieder. Nicht nur, weil sie chilenischen Wein kaufen wollen oder den präkolumbianischen Schmuck, der sich neben vielen zeitgenössischen Goldschmiedearbeiten in den Vitrinen findet. Viele schauen vorbei, weil sie entweder in Lateinamerika gelebt oder das Land bereist haben und im «Arauco» auch in Nürnberg ein Stückchen südamerikanisches Lebensgefühl finden.

Zitronige Limettenblätter, feuriges Chili und süße Kokosmilch - das ist der Geruch der asiatischen Küche. Zu finden ist er auch in Nürnberg, und zwar zum Beispiel im «Hong Kong Store» in der Vorderen Sterngasse. Wer den betritt, wird eingehüllt in eine Duftwolke, die aus der Essenstheke aufsteigt. Dahinter steht ein buntes Völkchen aus Chinesen, Thailändern und Vietnamesen. «Manchmal wundern sich die Kunden, dass wir untereinander Deutsch reden», sagt Inhaberin Vong Nuong Hoang, die aus China stammt und in Deutschland aufgewachsen ist. «Aber das ist die einzige Sprache, die wir alle sprechen.»

Seit beinahe zehn Jahren gibt es den Laden, der im vorderen Bereich Köstlichkeiten aus dem Wok und im hinteren Bereich eine breite Auswahl asiatischer Zutaten verkauft. Wem ein Gericht so gut schmeckt, dass er es zuhause nachkochen will, dem steht Hoang mit Rat und Tat zur Seite. In ihrem Geschäft finden sich unter anderem mindestens ein Dutzend Reis- und Nudelsorten, verschiedene Gewürzpasten, Hülsenfrüchte, Tee und Spirituosen sowie die nötigen Kochutensilien und Geschenkartikel. Fehlt etwas in ihrem Sortiment, braucht sie meist nur ein wenig Zeit, bis sie die gewünschte Zutat über einen ihrer zahlreichen Kontakte auftreibt. Dann kann das asiatische Festmahl nur noch an den Kochkünsten scheitern.

Eine Typveränderung der etwas anderen Art bekommt man bei Constance Reinhardt. Egal ob Cornrows, Rastas oder Twizzles - die Ghanaerin beherrscht sämtliche afrikanischen Haarflechtmethoden. Drei Jahre hat sie diese Kunst in ihrer Heimat gelernt, seit rund einem Jahr hat sie in der Kernstraße 33 einen kleinen Friseurladen Zu ihrer Kundschaft gehören bislang vor allem Frauen aus Afrika. Dort, erzählt Reinhardt, gebe es kaum Frauen mit langen Haaren. «Die Haare sind meistens so trocken, dass sie sofort verfilzen würden», erklärt sie. Wer dennoch nicht mit einem Kurzhaarschnitt rumlaufen möchte, lässt sich in ihrer Heimat einfach Haarsträhnen einflechten - wahlweise in Form von eng an der Kopfhaut anliegenden Zöpfchen, den so genannten Cornrows, in zahlreichen kleinen Rastazöpfen oder in gedrehten Strähnchen, den Twizzles. Zur Anreicherung der eigenen Haarpracht nimmt sie wahlweise Echthaar aus Indien oder Kunsthaar. Eine Auswahl davon hängt in ihrem Friseursalon, auf einem

Regal stehen bunte Tiegel mit verschiedenen Cremes zum Glätten widerspenstiger Strähnen.

Wer sich Zöpfchen flechten lassen will, muss sich auf eine mehr oder weniger langwierige Prozession einstellen. Je nach Größe des Flechtwerks sind vier bis acht Stunden geduldiges Verharren auf dem Frisierstuhl nötig. Schneller geht da eine Hochsteckfrisur, die dann aber nur einen Abend lang hält, während die Zöpfe mehrere Wochen lang hübsch anzusehen sind.

GWENDOLYN KUHN