Der Söder, der Marggus und ich: Kabarettist Wolfgang Krebs über seine Parodien

3.4.2021, 13:23 Uhr
Kabarettist Wolfgang Krebs und die Bayerischen Löwen.

© Foto: Severin Schweiger/südpolmusi GmbH Kabarettist Wolfgang Krebs und die Bayerischen Löwen.

Herr Krebs, Sie haben so viele im Repertoire. Ist Markus Söder im Vergleich einfach zu imitieren oder schwer?

Wolfgang Krebs: Der Markus Söder war am Anfang gar net so leicht für mich zu imitieren. Das hat sehr lange gedauert. Ich habe mich gefragt, wo liegt denn der von der Stimmlage her? Dann hab ich gemerkt, dass er fast dieselbe „Donlage“ wie ich hat, gell. Da muss man eigentlich gar net so viel machen. Dann hab ich mir alles angeschaut, was es zum Anschauen gibt auf YouTube. In verschiedenen Lautstärken. Und dann hab ich ihn auch ein paar Mal treffen dürfen auf Veranstaltungen. Jetzt ist er so omnipräsent, da kommt immer mehr dazu. So wird es immer genauer.

Hilft es Ihnen, dass Ihr Vater Oberfranke ist?

Krebs: Schon, wobei das was anderes ist als Mittelfränkisch. Grundsätzlich ist es ist ja nicht so, dass Söder „dodal“ Nürnberger Dialekt spricht. Er versucht ja Hochdeutsch a weng zu sprechen. Das kann er sehr gut, aber man merkt, dass er manchmal einfach a weng Fränkisch reden möchte. Ich hab mir angewöhnt, das L a weng außerhalb des Mundes zu sprechen. Das sieht man beim Söder. Das ist das Wesentliche. Und der Unterschied zum Oberfränkischen.

Ist in der Bundespolitik ein dialektaler Einschlag ein Manko? Oder ist es als CSU-ler sogar ein Must-have?

Krebs: Auf jeden Fall führt es in der Bundespolitik offenbar zu großer Durchsetzungskraft, fränkisch aufzutreten. Jetzt sag’ ich das a weng spaßeshalber: Die Franken haben über 800 Jahre lang die Geschicke in Europa gelenkt und geleitet. Zu jener Zeit, als die Frankenkönige bis nach Frankreich vorgedrungen sind, hat man in Städten wie Berlin und München noch mit Keulen aufeinander eingeschlagen. Zu jener Zeit waren die Franken schon eine stolze Hochkultur. In aller Vollmundigkeit muss man da manche Leut’ noch mal dran erinnern, dass dieser fränkische Anspruch, Führungsqualität zu zeigen, sehr gut durch Markus Söder repräsentiert ist, meines Erachtens. Mit dieser Pandemie können wir froh sein, dass wir einen durchsetzungsstarken Ministerpräsidenten haben. Ich bin Kabarettist und hab’ einen anderen Hut auf normalerweise, aber ich fühle mich seit einem Jahr als Bayer und als halberter Franke sehr gut durch Markus Söder in Berlin repräsentiert.

Ohne Politiker-Maske: Kabarettist Wolfgang Krebs

Ohne Politiker-Maske: Kabarettist Wolfgang Krebs © Gregor Wiebe Huckleberryking Media GmbH

Jetzt klingen Sie echt fast wie Söder selber. In Ihrem Buch schreiben Sie, die Person macht sich in Ihnen breit, wenn Sie beginnen, sie zu imitieren. Was passiert, wenn sich Söder in Ihnen breit macht? Und wie bekommen Sie ihn wieder raus? Mit Seehofer?

Krebs: (Lacht) Ja, das ist das Problem. Neulich hat jemand gesagt, das ist wie beim Stockholm-Syndrom: Man ist in Geiselhaft und verbündet sich mit dem Geiselnehmer. Es könnte schon sein, dass da was dran ist. Ich versuche, auch die Geisteshaltung aufzunehmen und irgendwann glaube ich dann, ich könnte einen Dialog zwischen Markus Söder und Hubert Aiwanger entwickeln, ohne dass die beiden dabei sind. Ich bin natürlich gut informiert über das, was im Landtag passiert. Über Hintergründe, Geschichten, über Einstellungen, und ich glaube, dass ich die Person dann ziemlich gut erfasse und weiß, was für eine Antwort sie jetzt geben würde.

Sie haben Söder studiert, wie vermutlich kein anderer. Jede Geste, jede Kopfhaltung. In wie weit hat er sich in den letzten Jahren verändert?

Krebs: Er ist seit einem Jahr unheimlich staatstragend, ruhig und vorausschauend. Früher hatte er den Hang, ein paar schnelle Sachen mitzumachen. Mal ein Foto, wo er sich hat hinreißen lassen oder so. Das passiert jetzt nicht mehr. Ich habe den Eindruck, dass er jetzt viel mehr überlegt: Was denken die Leute darüber? Er denkt viel mehr strategisch voraus, als nur einen kurzen Effekt zu landen. Er nimmt nicht die erste Antwort, die ihm einfällt – obwohl er ja sehr schnell denkt – sondern erst die zweite.

Stellen Sie auch fest, dass sich seine Sprache verändert hat? Dass er früher aggressiver klang?

Krebs: Ja, das stelle ich sehr fest. Er ist jetzt staatsmännischer.

Und optisch? Gibt’s da Veränderungen? Anfänglich hatten Sie, wenn Sie ihn imitiert haben, einen angefressenen Topfschnitt auf. Jetzt haben Sie auch den Spoiler vorne...

Krebs: Das ist das, was die Maskenbildner wahrnehmen. Für diese Perücken ist eine der Besten verantwortlich, Heike Puzicha, Maskenbildnerin vom Nockherberg. Sie hat diese Perücke geknüpft. Es gibt mittlerweile zwei: Eine ist die Filmperücke und eine ist die Theaterperücke. Die werden regelmäßig behandelt. Wir konnten die Haarlänge jetzt natürlich nicht so mitgehen, des is’ ja a bissele lang ’worn (lacht).

Wie ist das, wenn Sie live vor ihm auftreten? Da stehen Sie auf der Bühne und ziehen als Söder vom Leder oder tauchen ihn ja auch rein. Und der Echte sitzt in Reihe eins...

Krebs: Auf jedes Zucken achten kann ich da nicht. Ich blende das ein bisschen aus. Außerdem bin ich ja immer auf Wunsch des Ministerpräsidenten beziehungsweise des Heimatministers da. Es ist ja schön, wenn die mir zuhören, oder? Es ist auch eine große Ehre, weil ich ja die Chance habe, das ein oder andere zu sagen. Ich äffe ja nicht nur etwas blöd nach und versuche, den Leuten nach dem Mund zu reden. Aber auf eine Art und Weise, dass man mir auch zuhören mag. Es ist schon schwierig, mit Kritik umzugehen. Wenn mich jemand verreißt, das hör’ ich auch nicht gern, auch wenn’s berechtigt sein mag. Deshalb habe ich Respekt davor, dass die sich das antun. Ich empfinde es auch als Anerkennung.

Umgekehrt ja auch: Denn jemand, der bedeutungslos ist, der wird auch nicht nachgeahmt...

Krebs: Richtig. Wenn man schaut, welche Politiker imitiert werden, sind das immer die, bei denen es nicht nur optisch Sinn macht, sondern auch inhaltlich. Ich würde zum Beispiel wahnsinnig gerne den Toni Hofreiter parodieren, denn mit seiner Frisur, das könnte man gut machen. Aber inhaltlich ist das schwierig, weil er so eine komplizierte Sprache hat. Der salbadert immer so rum. Und er ist auch nicht so viel in der Presse. Es muss schon einer sein, der sehr bekannt ist, weil nicht jeder alle Politiker immer parat hat. Und Markus Söder ist jetzt bundesweit bekannt. Das sehe ich natürlich sehr gerne. Durch ihn bekomme ich jetzt auch bundesweit Anfragen.


Ein Kanzler aus Nürnberg? Söder punktet bundesweit


Apropos bundesweit: Sie scheinen ja oft Söders innerste Gedanken auszusprechen. Was sagt er Ihnen denn in puncto Kanzlerkandidatur, so ganz im Vertrauen?

Krebs: Wenn ich mit mir selber spreche, denn ich habe ja keine Informationen von Markus Söder darüber, dann sage ich: Von sich selbst aus, wird er das niemals machen, weil das ein taktischer Fehler wäre. Wenn aber die CDU, die so schlecht dasteht, wie schon lange nicht mehr, ihn ruft, ist es etwas anderes. Ich glaube, es wird eine Zeit geben, da werden die Abgeordneten scharenweise nach Nürnberg pilgern und ihn bitten, die Kanzlerkandidatur zu übernehmen. Und wenn dem so wäre, dann würde ich als Markus Söder öfter den Gedanken im Kopf hin und her gehen lassen. Es ist risikobehaftet, denn es ist nicht sicher, dass der, der aufgestellt wird, es dann auch wird. Wenn die Logistik beim Impfen weiter so schlecht bleibt, dann sehe ich sowieso schwarz für die Bundestagswahl aus Sicht der CDU. Wenn Sie es auf die Reihe kriegen, sieht es anders aus.

Müssen Sie sich dann auf einen Kanzler Söder vorbereiten und würde es Sie freuen?

Krebs: Ich möchte das in diesem Interview in aller Deutlichkeit sagen: Niemand ist mehr daran interessiert, dass Markus Söder Bundeskanzler wird, als ich (lacht).

Warum?

Krebs: Man lebt und stirbt mit seiner Figur. Ich hab das die letzten Jahre erlebt, mit Horst Seehofer. Von einer Beliebtheit zu weniger Beliebtheit und wieder zu mehr. Es ging immer auf und ab. Bei Edmund Stoiber war es auch ein Wechselspiel der Gefühle. Und Günther Beckstein – kaum hast du dich daran gewöhnt, war er schon wieder weg! Und jetzt bei Markus Söder dieser permanente Aufstieg! Ich fiebere schon mit ihm mit. Ich muss in der Coronakrise ja auch schauen, wo ich bleibe. Ich sag’ das jetzt scherzhaft: Aber das wäre schon ein Ausgleich für meinen Umsatzausfall. Das kann mir doch keiner verübeln (lacht)!

Gibt’s eigentlich auch mal Beschwerden von Seiten der Politiker? Zum Beispiel von Herrn Aiwanger . . .

Krebs: Nein. Ich treffe ihn ja ab und zu mal. Sie glauben doch nicht, dass der Aiwanger da sagt: „Do übertreiben Sie oober, dos ist eine Onverschämtheit!“ Nix! Die nehmen das ganz professionell an. Im Mittelalter hat’s ja auch Hofnarren gegeben. Es gibt Zeiten, da ist man mehr Kabarettist und es gibt Zeiten, da ist man mehr Hofnarr. Beides kann widerspiegeln, was das Volk so denkt. Und da kann man vielleicht auch mal das Zünglein an der Waage sein. Kabarett kann der Kitt sein, der unsere Gesellschaft zusammenhält, gerade in diesen Zeiten.

Würden Sie gerne selber mal in die Politik gehen?

Krebs: Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich das aushalten könnte. Einen Spiegel vorhalten, das kann ich ganz gut, dafür mögen mich die Leute. Aber der Politiker Wolfgang Krebs, das möchte ich nicht erleben. Ich hab größten Respekt vor der Politik.


Wolfgang Krebs begeisterte in Großenseebach


Wer wäre besser zu imitieren: Söder oder Armin Laschet?

Krebs: Natürlich Söder für mich. Den Laschet hat neulich mein lieber Kollege Helmut Schleich parodiert, das war ein Wahnsinn! Da hat alles hundertprozentig gepasst. Ich würd’s freilich auch probieren. So lange die Leute in meinem Alter sind oder älter, kann ich sie gut parodieren. Bei Jüngeren wird es schwierig. Ich könnte vielleicht so ähnlich sprechen wie Sebastian Kurz, aber ich könnte ihn nicht mehr überzeugend darstellen.

Nehmen wir mal an, Söder sagt: „Also gut, dann mach ich’s halt“, dann müssten Sie sich ja auch auf einen neuen Ministerpräsidenten vorbereiten . . .

Krebs: Dann würde ich mir natürlich Joachim Herrmann wünschen. Nur weil ein Franke Kanzler wird, heißt des net, dass nicht auch ein Franke noch Ministerpräsident sein soll.

Zur Person: Wolfgang Krebs (54) parodiert sämtliche bayerischen Politiker. Er wurde bei Starnberg geboren, ließ sich zum Postbeamten ausbilden, ging dann auf den zweiten Bildungsweg, wurde Radio-Studioleiter und arbeitete bei einer TV-Werbezeiten-Vermarktung. Nach Theaterworkshops trat er 1993 das erste Mal als Edmund Stoiber auf, später seine Paraderolle. Seit 2004 tritt er in der BR-Sendung „Quer“ in der Rolle des amtierenden Ministerpräsidenten auf, jetzt als Markus Söder. Seit 2007 ist er hauptberuflich Kabarettist mit Soloprogrammen. Er wurde u.a. mit dem Fränkischen Kabarettpreis und dem Orden wider die Neidhammel ausgezeichnet. Weitere Infos zu Wolfgang Krebs finden Sie hier.

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