Erfolg für Bowie-Musical in Nürnberg

3.2.2019, 18:17 Uhr
Erfolg für Bowie-Musical in Nürnberg

© Foto: Konrad Fersterer

Er war Ziggy Stardust, er war Alladdin Sane, er war Major Tom, der Thin White Duke und der Mann, der vom Himmel fiel. Er war eines der schillerndsten Popgenies und seiner Zeit oft weit voraus. David Bowie stilisierte sich zur Kunstfigur und hatte so viele Gesichter, dass der Mensch dahinter fast verschwand. In der Musikszene wirkte er fast wie ein Außerirdischer.

Genau das ist auch der Kern des Musicals "Lazarus": Es geht um einen Außerirdischen, der auf der Erde gelandet und allmählich vor die Hunde gegangen ist, um eine einsame Seele, die sich nach Liebe sehnt, um einen Unsterblichen, der vom Leben genug hat und endlich sterben will. So ernst das Thema, so bizarr und wirr ist die Handlung des Musicals, das Bowie zusammen mit dem irischen Dramatiker Enda Walsh geschrieben hat. Ehrlich gesagt ist die symbolträchtige Story ziemlich dünn und eindimensional. Gastregisseur Tilo Nest versucht zusammen mit seinem Bühnenbildner Stefan Heyne, aus dem Psycho-Drama mit Musik so etwas wie große Oper zu machen: Spiel mir das Lied vom Tod! Hier geht es gar nicht so sehr um David Bowie, sondern ganz allgemein um die letzten Dinge.

Die Bühne ist dunkel, ein ungemütlicher Ort, der anfangs an den Wartebereich eines Flughafens erinnert, der mit der Zeit jedoch aus allen Fugen gerät. Die Hebebühnen kommen heftig zum Einsatz, bald weiß man nicht mehr, wo unten und oben ist, die Protagonisten verlieren buchstäblich den Boden unter den Füßen.

Das entspricht ganz und gar dem Geisteszustand der Hauptfigur, die buchstäblich nicht von dieser Welt ist. Sascha Tuxhorn spielt diesen Thomas Jerome Newton, der vor langer Zeit auf der Erde gelandet ist, wie versteinert. Er darf sich kaum auf der Bühne bewegen, sitzt meist bewegungslos herum und trinkt Gin, während alles und alle anderen ringsum in Bewegung sind. Newtons Mission war es ursprünglich, seinen Heimatplaneten zu retten, doch das ging gründlich schief. Stattdessen macht er im irdischen Exil mit seinem Wissen ein Vermögen, bevor er zum Opfer von Intrigen und Experimenten wird. Kein Wunder, dass E.T. nur noch nach Hause will. Aber das ist leichter gesagt als getan.

Tilo Nest interpretiert die Handlung durchaus schlüssig als eine Art Delirium, als Bewusstseinszustand zwischen Tag und Traum, Wahn und Wirklichkeit. Die Dämonen quälen den lebensmüden Newton, Fantasiefiguren halten ihn zum Narren. Auch seine große Liebe Baby Grace Blue, von der er sich Erlösung erhofft, entpuppt sich am Ende als pure Einbildung. Das überall hingekritzelte Wörtchen Hope wirkt in diesem Zusammenhang wie blanker Hohn. Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber sie stirbt eben doch – und das ist für Newton paradoxerweise eine Erlösung. Denn der Traum vom ewigen Leben ist ein Alptraum.

Bunte Glamrock-Kostüme

Bei ihren kurzen Auftritten haben die Schauspielerinnen und Schauspieler in den extravagant-bunten Glamrock-Kostümen von Anne Buffetrille kaum eine Chance, ihre Charaktere zu entwickeln. Das liegt auch an der Textvorlage, wie überhaupt vieles von den Rechteinhabern des Musicals vorgeschrieben und nicht zu ändern ist. Das reicht von der Auswahl der Songs bis zur Besetzung der Band.

Womit wir bei der Musik wären, der eigentlichen Attraktion des Abends. Insgesamt 17 Bowie-Songs, allesamt neu arrangiert, sind zu hören. Der Bogen spannt sich von "Lazarus", das sich durch Bowies aufwühlendes Abschiedsvideo ins kollektive Fan-Gedächtnis gebrannt hat, bis zur verzweifelten Hymne "Heroes".

Sascha Tuxhorn spricht die Texte eher, als dass er sie singt. Als sängerische Talente fallen vor allem Nicolas Frederick Djuren (Valentine) und Pauline Kästner (Das Mädchen) auf. Über alle Zweifel erhaben sind die acht Musiker, die auch in das Spielgeschehen mit einbezogen sind. Kostia Rapoport und Vera Mohrs haben eine famose, dynamische Band aus der Nürnberger Jazz-Szene zusammengestellt, die zwischen ruhigen Unplugged-Stücken und heftigem Jazz-Rock alle Spielarten drauf hat. Ein dickes Lob verdient auch die Tontechnik, die einen sagenhaften Sound zaubert.

Der Nürnberger "Lazarus" hat übrigens den Segen des offiziellen Bowie-Fanclubs, der alle Inszenierungen unter die Lupe nimmt. Nach Meinung der Fans braucht diese Fassung den Vergleich nicht zu scheuen. Im Gegenteil. Ja, das neue Nürnberger Schauspiel kann auch Musical. Von einigen Schwachpunkten abgesehen.

Vorstellungen: 6., 12., 14., 21., 23. Februar sowie 5., 15. und 31. März. Karten im NN-Ticket-Corner, Tel. 09 11 / 2 16 27 77.

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