Party auf den Pegnitzwiesen: Bilder vom Brückenfestival

13.8.2017, 17:23 Uhr
Die Nürnberger Lokalhelden Schubsen als erste Band des Wochenendes vor der Bühne spielen zu lassen, entpuppte sich als Volltreffer.

© Roland Fengler Die Nürnberger Lokalhelden Schubsen als erste Band des Wochenendes vor der Bühne spielen zu lassen, entpuppte sich als Volltreffer.

Im Vorfeld noch mal ein wenig im Archiv geblättert – und gestaunt: 2004 bei der vierten Ausgabe waren es an selber Stelle noch 3000 Besucher an zwei Tagen, die bei freiem Eintritt unter die breite, wahlweise Schatten oder Regenschutz bietende Betonbrücke strömten. Verflixte 13 Jahre später tummeln sich ebendort rund 20.000 Besucher an zwei Tagen.

Das Brückenfestival ist nicht nur gewachsen, sondern längst eine feste Größe in Nürnbergs wahrlich alles andere als armen Umsonst&Draußen-Festivallandschaft… und sich dabei selbst treu geblieben: Noch immer steigt das Open Air jeden Sommer mitten im Naturschutzgebiet, auch der Eintritt ist immer noch frei. Und die Programmauswahl orientiert sich nach wie vor am Geschmack des ehrenamtlichen arbeitenden Organisationsteams und setzt statt auf irgendwelche zugkräftige Namen lieber auf eine zackige Mischung aus lokalen, nationalen und internationalen Geheimtipps und auf Untergrund-Lieblinge abseits vom musikalischen Mainstream.

Nürnberger Lokalhelden als Volltreffer

Bei einem derart selbstbewussten Booking kann es passieren, dass ein Act wie der hoch gelobte LaBrassBanda-Ableger Ströme als letzte Band auf die Bühne geht und mittels einer wild blinkenden Technikburg aus alten, modular verkabelten Analog-Synthesizern eine satte Portion purer Elektronik ins Auditorium bläst. Oder dass ein Publikumsmagnet wie der Münchner Rapper Fatoni schon am frühen Abend an der Reihe ist – und eben nicht als Headliner. Auch die Idee, die Nürnberger Lokalhelden Schubsen als erste Band des Wochenendes vor der Bühne spielen zu lassen, also mitten unter den Zuschauern, entpuppte sich als Volltreffer. Wieder ganz viel richtig gemacht.

Musikalisch zählten neben dem schon erwähnten Elektro-Duo Ströme um die beiden ehemaligen LaBrassBanda-Musiker Tobi Weber und Mario Schönhofer und dem Münchner Rapper Fatoni (einfach nur fett) wie erwartet der schwäbische Multi-Instrumentalist Konstantin Gropper mit seinem Projekt Get Well Soon zu den Festival-Höhepunkten: Ein nachgerade perfekter Pop-Entwurf mit viel Pathos, der ein wenig so klingt, als hätten Depeche Mode ein unverbindliches Date mit Radiohead und für diesen Abend ihre Synthesizer zu Hause gelassen …

Visitenkarten hinterließen auch das italienische DreamPop-Duo She Owl und die Amsterdamer Sängerin, Pianistin und Posaunistin Noam Vazana, die mit einer interessanten Biographie aufwartet (der Papa Palästinenser, die Mama Israelin), dank der sich ihr gerade ganz viele Türen öffnen. Vazanas Musik zeigt sich von diesem vorgeblichen Spannungsfeld freilich unbeleckt: Die selbstbewusste junge Musikerin erinnert in ihren besten Momenten eher an die russisch-amerikanische PianoPop-Königin Regina Spektor, freilich ohne deren herrliche Verschrobenheit.

Längst ist es aber nicht nur die Musik auf der Hauptbühne unter der Brücke sowie in den großen Zirkuszelt auf der Wiese, sondern das ganze Drumherum, das das Brückenfestival ausmacht. "Boutique-Festivals" nennt man im angelsächsischen Raum derartige Sommer Open Airs, bei denen es neben handverlesener Musik auch ein lauschiges Begleitprogramm gibt: Workshops, Kinder- und Impro-Theater, nächtliche Feuershows, eine Graffiti-Wand, einen kleinen Markt mit Kunst- und Verkaufsständen, Foodtrucks, Kinderbespaßung, das beliebte Freiluft-Schach (präsentiert vom Schachclub Schwarz-Weiß Nürnberg Süd) sowie vor allem auch eine bis ins Detail liebevolle Dekoration. Letztere sorgte nach Einbruch der Dunkelheit mit ihren zahlreichen Lichtern und Lampen noch einmal für einen ganz eigenen Reiz auf dem weitläufigen Festivalgelände.

Bird Berlin ist der Held des Wochenendes

So bleibt auch diesen Sommer als Fazit wieder das, was wir jedes Jahr vermelden: Dass das Brückenfestival ein Kleinod in der regionalen Musiklandschaft ist. Nürnbergs Wohfühl-Pop-Festival bleibt auf Erfolgskurs, sogar die Frauenquote im Programm stimmt hier ganz selbstverständlich. Einziger Wermutstropfen: Zu sehen, wie viele Menschen völlig ungeniert ihre eigenen Getränke aufs Gelände schleppen, obwohl sie wissen, dass das komplett ehrenamtlich gestemmte Umsonst&Draußen-Festival auf die Einnahmen aus dem Getränkeverkauf vor Ort angewiesen ist.

Held des Wochenendes ist hingegen Moderator und Maskottchen Bird Berlin, jene kugelrunde Kunstfigur und chronisch gutgelaunte Glitzerkugel, die selbst bei zwischenzeitlich kühlen Temperaturen halbnackt zu ihrer Festival-Hymne "BrüBrüBrü" über die Bretter hüpfte und im Publikum nach wie vor herzhaft polarisierte. Wenn das nur mal keinen Schnupfen nach sich zieht!

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