Theaterstück "Terror" kommt ins Fernsehen

16.10.2016, 22:00 Uhr
Theaterstück

© F.: ARD

Knapp 60 zu 40 für "Freispruch". So lautet momentan der Stand bei der Online-Zählung aller Stimmen, die Theaterzuschauer bei Aufführungen von Ferdinand von Schirachs "Terror" gefällt haben (zu sehen auf terror.theater). Angeklagt ist Kampfpilot Lars Koch, der eigenmächtig entschied, ein Flugzeug mit 164 Passagieren abzuschießen, damit es Terroristen nicht in die vollbesetzte Münchner Arena mit 70.000 Menschen lenken. Darf man wenige töten, um viele zu retten?

Über diese Frage musste auch der Bundestag entscheiden und stimmte für "Ja". Ein Luftsicherheitsgesetz wurde nach einem Zwischenfall mit einem Sportflugzeug über Frankfurt verabschiedet, natürlich immer mit den Ereignissen vom 11. September 2001 im Hinterkopf. 2006 entschied aber das Bundesverfassungsgericht, dass der prophylaktische Abschuss mit dem Grundgesetz und der Menschenwürde nicht vereinbar ist.

Ferdinand von Schirachs Erfolgsstück (derzeit werden Inszenierungen in Japan und Venezuela vorbereitet, es läuft auf etlichen deutschsprachigen Bühnen, etwa in Nürnberg; Ansbach, Würzburg und Ingolstadt planen Premieren) lässt Richter, Staatsanwältin, Verteidiger und den Angeklagten diskutieren, ob das Rechtsgefühl, also die eigene Moral, oder das geschriebene Gesetz höher einzuschätzen sind.

Produzent Oliver Berben kündigt ein "Fernsehereignis" an, wenn der Stoff jetzt mit hochkarätiger Besetzung auf die Bildschirme kommt. Die Regie hat Lars Kraume ("Der Staat gegen Fritz Bauer") übernommen. Zunächst erscheint die Szenerie erschütternd nüchtern und man fragt sich als Zuschauer, ob man sich das 85 Minuten lang antun will: Dunkelgraue Wände, dunkelgrauer Teppich, durchs Fenster des Berliner Verhandlungssaals sieht man die Reichstagskuppel. Auch die Theateraufführungen haben das Manko der nicht wechselbaren Szenerie. Hier kommt es allein aufs Wort an. Es geht um nichts weniger als das Gesetz als Grundlage jeder Gesellschaft.

Aufbrausender Verteidiger

Der Film hat den Vorteil, dass die Kamera hautnah an die Gesichter heranzoomen kann. Und das ist vor allem beim Angeklagten Koch (Florian David Fitz) in diesem Fall ein Gewinn. Wie Überzeugung und Gewissen in ihm kämpfen, stellt Fitz mit wechselvollem Gesichtsausdruck dar. Eher eindimensional ist Martina Gedeck als Staatsanwältin. Lars Eidinger als aufbrausender Verteidiger punktet ebenso wie sein Mandant, und Jördis Triebel erregt Mitleid als Witwe eines Opfers. Burghart Klaußner ist der sachliche Richter.

Das alles soll uns im Innersten ansprechen, denn die Fernsehzuschauer sind aufgerufen, danach online ihr Urteil zu fällen. Und die Kontrahenten haben gewichtige Argumente und Beispiele parat. Ob man für "Mord in 164 Fällen" plädiert wie die Anklage oder für Freispruch, weil das Gewissen den Kampfpiloten leitete, muss jeder selbst entscheiden. Den Machern und Ferdinand von Schirach kommt es darauf an, die Diskussion anzufachen.

Das macht auch die ARD: Nach der Ausstrahlung des Films wird über das Thema in Frank Plasbergs Sendung "Hart aber fair" debattiert. Um 20.15 Uhr ist am 17. Oktober der Film zu sehen, um 21.40 Uhr kann man per Telefon oder online entscheiden, um 21.55 Uhr wird dann der entsprechende Ausgang des Films mit der Urteilsverkündung gesendet. Gedreht wurden natürlich zwei Versionen.

Wer etwas mehr Zeit zum Nachdenken braucht, kann schon am 14. Oktober ins Kino gehen. In der Region ist "Terror" im Cinecittà Nürnberg, im Cinestar Erlangen, Cinemaxx Regensburg und Würzburg zu sehen. Danach könnte sich das 60:40 für "Freispruch" schnell ändern.

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