Yucca: Band mit vielen Gesichtern

9.2.2011, 19:30 Uhr
Yucca: Band mit vielen Gesichtern

© Carina Risch

Glück haben Yucca nun wirklich nicht, wenn es ans Aufnehmen neuer Platten geht. Im Juni 2008 stand der Proberaum nach einem Wolkenbruch bis zur Decke unter Wasser. Drei Wochen bevor es ins Studio ging, war Ausrüstung im Wert von 25000 Euro im Eimer. Nur mit Hilfe eines Kredits und vielen wohlwollenden Freunden gelang es damals, die Platte doch noch planmäßig einzuspielen.

Beim dritten Album sollte alles anders werden. Die Band hatte sich extra einen überschwemmungssicheren Proberaum im ersten Stock eingerichtet. Alles war bereit für den großen Wurf. Voller Vorfreude steuerten Matthias Scharrer (Gesang, Gitarre) und Peter Graf (Keyboard) am Tag vor Aufnahme-Beginn den Band-Bus in Richtung Bochum, um den Produzenten Oliver Zülch mitsamt seiner Ausrüstung abzuholen. Ein feucht-fröhlicher Rock'n'Roll-Roadtrip hätte es werden können. Eine Höllenfahrt wurde es.

Vollgas trotz Motorschadens

Schon kurz hinter Bochum gab der Bus auf der Autobahn den Geist auf, Motorschaden. Verzweifelt standen die drei am Straßenrand. Ein Jahr hatten Scharrer und Graf mit Christian Mertel (Gesang, Gitarre), Daniel Hönig (Bass) und Jens Würdemann (Schlagzeug) an neuen Songs gearbeitet. Und nun sollte ihr Traum mit dem Abschleppwagen davonfahren? Der Band-Bus musste noch für zwei Wochen im Ruhrpott bleiben. Doch ein Mietwagen rettete das Unternehmen „Make Up“.

Eine düstere, mystische Atmosphäre liegt über dem neuen Album. Morbide Synthies und bedrohlicher Sprechgesang peitschen gleich den ersten Song („Victoria“) heftig an. Noch beklemmender wird es bei „Young Birds“, über das sich eine schwermütige Kirchenorgel legt, bevor ein Summen ertönt, als ob sich eine Armada gespenstischer Nachtfalter im CD-Player verfangen hätte. „Make Up“, das dritte Album der Band und größtenteils am Reißbrett entstanden, entwickelt einen eigenartigen Sog, verschmilzt mit dem Hörer, zieht ihn hinab in die Tiefe.

Wer sich einmal in den Klauen dieser eingängigen, von Synthies, Bass und Beats geprägten Platte befindet, kommt nicht mehr so leicht los. Kein Wunder, dass Yucca vergangene Woche von „on3“, der Jugendwelle des Bayerischen Rundfunks, zur „Band der Woche“ gekürt wurden.

Nach dem düsteren Vorspiel ballern einem Yucca denn auch die Melodien nur so um die Ohren. Auch wenn es bis zu „Ordinary Road“, immerhin Song Nummer vier, dauert, bis die früher so omnipräsenten Gitarren ausgepackt werden. Sofort zündet die Melodie, sofort dürften sich die alten Fans an frühere Hymnen erinnert fühlen. „Wir legen für jeden Song ein neues Sound-Make-up auf. Aber darunter bleiben wir dieselben Menschen“, erklärt Christian Mertel die Anspielung im Albumtitel und die vielen verschiedenen Gesichter, die die Band auf der Platte zeigt.

Ein knarzendes, sprudelndes und elektronisch blubberndes ist das in „Clarity“, ein obskur-verspieltes, mit fiebrigen Synthies angereichertes in „Gloomy Alleyway“. Für den Feinschliff hat zum zweiten Mal Oliver Zülch gesorgt, der schon für „Die Ärzte“, „Juli“ oder „The Notwist“ die Knöpfchen drehte. Als arroganter Star-Produzent trat er dabei nicht auf: „In der Aufnahme-Zeit hat er sogar bei mir auf dem Sofa übernachtet“, erzählt Christian Mertel.

Damit die Songs Raum zum Atmen bekommen, haben sich die einzelnen Band-Mitglieder zurückgenommen. Die Gitarren bleiben dezent im Hintergrund, der Gesang wurde reduziert. So wurde ein zerbrechliches Kleinod wie „Happy New Year“ möglich, das die letzte Make-up-Schicht des Album darstellt. Es ist eine besonders verführerische.