FCN-Strukturreform: Glaubenskrieg mit harten Fronten
10.12.2016, 12:36 Uhr
Vor dem verbalen Schlagabtausch hatten sich beide Lager in Stellung gebracht. Die PR-Abteilung des 1. FCN platzierte punktgenau auf der Vereinshomepage ein selbst geführtes Interview mit Finanzvorstand Michael Meeske. Die Vertreter der Initiative "Mein Club, mein Verein" wiederum empfingen die rund 220 Besucher gleich am Eingang mit einem Infostand und einer eindeutigen, auf T-Shirts verewigten Parole: "Keine Spielwiese für Investoren!"
Es ist vor allem diese Angst vor unberechenbaren Geldgebern, die viele Fans beim Gedanken an die Umwandlung des eingetragenen Vereins in eine Kapitalgesellschaft samt Ausgliederung der Profiabteilung umtreibt. Warnende Beispiele gibt es zur Genüge, mitleidig oder auch schadenfroh blickt man derzeit nach Hamburg und München, wo Klaus-Michael Kühne und der gern als "Scheich" titulierte Jordanier Hasan Ismaik eben nicht nur als große Gönner auftreten, sondern auch massiv Einfluss nehmen.
"Schulden müssen trotzdem abbezahlt werden"
Nicht wirklich überraschend findet das Rechtsanwalt Jahn-Rüdiger Albert, der dem Bündnis aktiver Clubmitglieder angehört und am Donnerstag die Gegenbewegung vertritt. "Investoren wollen ja etwas haben, sei es Gewinn oder eben Mitspracherecht", warnt er und prophezeit zudem eine "Beschränkung der Mitgliederrechte". Generell zweifelt Albert die Notwendigkeit einer Reform an: "Es wird immer so getan, als würde der Club wie ein Geflügelzüchterverein geführt", dabei verfüge man doch über ein "modernes Management".
Der FCN als Kapitalgesellschaft? Das planen die Ultras
Die strukturellen Probleme des Zweitligisten blieben auch bei einer Ausgliederung bestehen, "die Schulden müssen ja trotzdem abbezahlt werden", mahnt der Jurist, der eine Modernisierung der Satzung durchaus befürwortet, den e. V. aber als adäquate Organisationsform eines Sportvereins sieht: "Es ist ja nicht unser primäres Ziel, Gewinn zu machen." Wenn schon Gelder generiert werden müssen, dann doch lieber über Sponsoren. "Der FCN wird nur Erfolg haben, wenn er bei seinen Werten bleibt", betont Albert.
Club will den e. V. nicht auslöschen
Das sieht man beim Club etwas anders. Für Meeske ist die Einbindung von Investoren momentan eh noch ein rein hypothetisches Konstrukt, auch wenn der 45-Jährige durchaus potenzielles Interesse regionaler Unternehmen zu spüren glaubt. Aber auch ohne externe Geldgeber könne schon allein eine Änderung der Rechtsform weiterhelfen, betont Meeske und verweist auf eine Hebung der stillen Reserven und die Verbesserung des negativen Eigenkapitals.
In erster Linie gehe es darum, den finanziellen Handlungsspielraum zu erweitern, weil der klamme Club in der boomenden Fußballbranche sonst den Anschluss zu verlieren droht. Auch wolle man den e. V. keineswegs auslöschen, sondern ihm und damit auch den Mitgliedern weiter "eine bestimmende Rolle geben". Die Sorge, eine Kapitalgesellschaft könnte die emotionale Beziehung der Fans zum Club zerstören, mag Meeske so nicht gelten lassen. Emotionalität sei letztlich nicht von der Rechtsform, sondern einer positiven Vereinsentwicklung abhängig - in Köln oder Braunschweig etwa werde sich gerade kaum jemand unwohl fühlen.
"Von Champions League hat niemand gesprochen"
Eine Ausgliederung könne eine erfolgreiche Zukunft zwar nicht garantieren, viele Klubs aber hätten davon profitiert, betont Meeske. Alberts Behauptung, die Club-Verantwortlichen würden suggerieren, dann die Champions League zu erreichen, weist Meeske resolut zurück: "Davon hat niemand gesprochen, das entspringt Ihrer Fantasie oder einer sehr subjektiven Wahrnehmung."
Juristische Schützenhilfe erhält der Vorstand vom Sportrechtsexperten Jan-Henric Punte, der als neutrale Instanz auf dem Podium sitzt. Was er zur Diskussion beizutragen hat, dürfte der e. V.-Fraktion allerdings kaum gefallen. Weil der 1. FCN wie andere Profiklubs auch längst ein mittelständisches Wirtschaftsunternehmen mit Millionenumsatz darstellt, könnte ihm als Verein der Verlust der Rechtsfähigkeit und der Gemeinnützigkeit drohen, die Mitglieder wären dann persönlich haftbar. "Das ist ein nicht zu unterschätzendes Risiko", warnt Punte. Bei einer Insolvenz der Fußballabteilung wäre nach jetzigem Stand zudem der gesamte FCN betroffen.
Nach fast zweistündiger Debatte wird klar, dass hier im Prinzip ein reiner Glaubenskrieg verhandelt wird - mit verhärteten Fronten. Auch wenn am Valznerweiher stets von einer "ergebnisoffenen Diskussion" gesprochen wird, ist der angestrebte Kurs von Vorstand und Aufsichtsrat klar. Abzuwarten bleibt lediglich, welche Rechtsform sich als ideal herauskristallisiert und ob genügend Mitglieder mobilisiert werden können, die die Strukturreform dann bei einer außerordentlichen Versammlung mit der erforderlichen Dreiviertelmehrheit absegnen. Die traditionsfixierten Verteidiger des e. V. wiederum scheinen ihre Mission bei aller ehrlichen und auch verständlichen Sorge um den Club zumindest partiell betont dogmatisch und auch etwas trotzig zu verfolgen.
Somit bleibt an diesem Abend der Einzige auf dem Podium, der sich den ungeteilten Applaus aller Anwesenden abholen darf, Rechtsanwalt Punte - für die finale Bemerkung, er hoffe am Freitag auf drei Punkte für den Club in Düsseldorf. Denn letztlich geht es dann eben doch vor allem noch: um Fußball.
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