"Leyla" als Flüchtling anerkannt: Deutliche Kritik an der Stadt

14.1.2015, 06:00 Uhr

© Foto: Harald Sippel

Man könne die Kurdin nicht in die Unsicherheit in der Türkei zurückschicken, sagte Verwaltungsrichter Willy Opitsch und zitierte Berichte des Auswärtigen Amtes, nach denen Kurden in der Türkei nach wie vor von Verhaftungswellen betroffen seien. Er könne nicht verstehen, warum die Stadt Nürnberg die junge Frau ausweisen wolle. Die bloße Teilnahme an Demonstrationen sei keine Straftat.

Sultan Karayigit, die seit zehn Jahren in Deutschland lebt, hatte an ihrem 18. Geburtstag den Ausweisungsbeschluss des kommunalen Ausländeramts bekommen. Darin warf man ihr vor, mit 14 beziehungsweise 16 Jahren an kurdischen Demonstrationen teilgenommen und "Hoch lebe Öcalan!" gerufen zu haben. Sie sei deshalb eine "abstrakte Gefahr" für die Bundesrepublik. Weil sie Nürnberg nicht mehr verlassen durfte, verlor die Jugendliche zwei Ausbildungsstellen in Fürth. Im vergangenen Herbst wurde ihr Asylantrag vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) abgelehnt.

Dagegen klagte sie jetzt erfolgreich vor dem Verwaltungsgericht. Richter Opitsch folgte unter anderem der Sicht des Auswärtigen Amtes, nach der in der Türkei mit Strafverfolgung rechnen müsse, wer im Ausland in herausgehobener Position für eine verbotene Organisation aktiv sei.

"Nicht so rechtsstaatlich"

Auch wenn Sultan Karayigit keine solche Position in der kurdischen PKK gehabt habe, seien ihre Aktivitäten dem türkischen Generalkonsul in Nürnberg mit Sicherheit bekannt. Zumal zahlreiche Medien über den Fall berichtet hätten. Richter Willy Opitsch: "So rechtsstaatlich geht es in der Türkei nicht zu."

Auch Karayigits Anwältin Brigitte Kiechle wies auf die Menschenrechtslage in der Türkei hin, die sich "nicht verbessert" habe. Dass das Ausländeramt "Leyla" öffentlich als politische Aktivistin bezeichnete, habe sie erst wirklich in Gefahr gebracht.

Hinter der jungen Frau, die im Sommer ihre Ausbildung zur Krankenschwester am Nürnberger Klinikum beendet und dort auch übernommen wird, liegen vier harte Jahre. Wegen der drohenden Abschiebung (Sultan Karayigit: "Einmal lag das Flugticket in die Türkei schon auf dem Tisch im Ausländeramt") tauchte sie unter; lange musste sie getrennt von ihrer Familie im Asylbewerberheim in St. Leonhard leben.

Ein "Bündnis Bleiberecht für Leyla" machte sich für die heute 22-Jährige stark und organisierte Protestdemonstrationen. 2400 Menschen haben eine Petition an den Bayerischen Landtag unterschrieben, die Ende des Monats behandelt werden soll. Grüne, Linke, ÖDP, Integrationsrat und Amnesty International bis hin zu mehreren evangelischen Pfarrern forderten die Rücknahme des Ausweisungsbeschlusses.

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