Rennen und Rundenzählen für den guten Zweck

8.6.2015, 10:00 Uhr
Rennen und Rundenzählen für den guten Zweck

© F.: privat

Fall 1 : Die Schule organisiert’s

Fast ein Dreivierteljahr haben Lehrer und Schüler der Oskar-von-Miller-Realschule Rothenburg auf den großen Tag hingearbeitet: Angestoßen von Schulleiter Dieter Schulz haben sie einen Spendenlauf zugunsten einer Handwerksschule in Tansania organisiert. Dabei ging es nicht nur darum, dass möglichst viele Schüler möglichst viele Runden um die Schule drehen. Vielmehr verwandelte sich das Schulgelände einen Samstag lang in einen Rummelplatz, auf dem ein buntes afrikanisches Fest mit Afrika-Fanfare der Bläserklasse, Tänzen, Büffelreiten und Wellensurfen (auf Simulatoren) gefeiert wurde.

Bevor das Fest starten konnte, gab es eine Menge zu organisieren: „Wir haben mit unserem Sportlehrer die Erdnägel für die Absperrbänder entlang der Strecke aufgestellt“, erzählt Marcel (17). „Besonderen Spaß hat das Einschlagen der Stahlnägel mit dem großen Vorschlaghammer gemacht.“ Eine 7. Klasse zauberte original afrikanisches Essen, eine 9. Klasse baute einen knapp zwei Meter hohen Elefanten aus Pappmachee als riesengroße Spendenbüchse, und eine 10. Klasse bastelte afrikanischen Schmuck aus gebrauchten Kaffeekapseln.

Die 8. Klasse von Annika und Sara hat für den Tansaniatag Fußbälle selbst gemacht. „Damit wollten wir zeigen, dass man auch ohne den perfekten Ball Spaß am Fußballspielen haben kann und es nicht immer darauf ankommt, Geld für Sachen auszugeben und alles zu kaufen“, sagen die beiden 14-Jährigen. Außerdem entstand eine Extra-Ausgabe der Schülerzeitung, an der die Redaktion seit Anfang des Jahres arbeitete.

„Wenn eine andere Schule ein ähnliches Projekt machen will, empfiehlt es sich auf jeden Fall, alle Aufgaben aufzuteilen. Dann ist jeder einbezogen, und man wird rechtzeitig fertig. Insgesamt war das Tansania-Projekt zwar sehr aufwendig, aber es hat sich gelohnt“, findet Pauline (15).

Vier Stunden dauerte der gesamte Spendenlauf: Statt der erwarteten 2000 Kilometer spurteten knapp 600 Realschüler mit Unterstützung ihrer Lehrer sogar 3200 Kilometer. Am Ende kamen durch die mehr als 6000 gelaufenen Runden, Spenden von Unternehmen und Verkäufen auf dem Fest mehr als 10 000 Euro zusammen. Mit dem gesammelten Geld sollen an der Schule in Tansania neue Toiletten eingebaut, die Klassenzimmer renoviert und ein Stromgenerator gekauft werden.

„Die Schüler lernen, dass es Ziele jenseits der Schule gibt, für die es sich lohnt, sich einzusetzen“, resümiert Schulleiter Dieter Schulz und freut sich über die gemeinschaftliche, gute Stimmung zwischen Schülern und Lehrern, die nach dem Lauftag in der Schule zu spüren war.

 

Rennen und Rundenzählen für den guten Zweck

© Foto: Mark Johnston

Fall 2: Eine Schülerin organisiert’s

Katharina Wiesand besucht die 11. Klasse der Nürnberger Steiner-Schule. Wie ihre Mitschüler muss auch sie in diesem Schuljahr eine Jahresarbeit erstellen. In der Themenwahl sind die Schüler frei. Während eine Klassenkameradin sich intensiv mit dem Musikinstrument Harfe auseinandersetzt und aus Holz eine kleine Harfe selbst baut und eine andere Freundin sich mit Fitness-Programmen ohne Geräte beschäftigt, hat Katharina sich für „Entwicklungshilfe in Äthiopien“ entschieden. Ein halbes Jahr hat sie Zeit, das Thema von verschiedenen Seiten zu beleuchten und eine schriftliche Arbeit zu verfassen. Für den praktischen Teil hat Katharina an ihrer Schule einen Spendenlauf komplett selbst organisiert und durchgeführt.

„Afrika interessiert mich schon lange“, sagt Katharina. „Jetzt wollte ich selbst etwas tun und helfen.“ Durch ihren Vater bekam Katharina Kontakt zur Nürnberger Hilfsorganisation Hawelti, einem Verein, der sich für die Schule in der Stadt Axum im Norden Äthiopiens engagiert. So stand der Empfänger des zu sammelnden Spendengelds schnell fest. Derzeit sammelt der Verein Geld für den Bau einer Schulküche. Neben mangelnder Versorgung mit Trinkwasser ist nämlich Hunger eines der größten Probleme der Schulkinder in Axum. Viele bekommen zu Hause kaum etwas zu essen, werden deshalb krank oder sind viel zu schlapp, um dem Unterricht in der Schule zu folgen.

Zuerst hatte Katharina die Idee, einen Treppenmarathon an ihrer Schule zu veranstalten. „Ich habe im Stadion, im Business-Tower und bei den Grundig-Türmen angefragt: leider ohne Erfolg!“ Überall scheiterte die 17-Jährige, mal wegen zu hoher Kosten, mal wegen Bürokratie wie nötigen Versicherungen. „Dann war die Zeit zu knapp, noch weiter zu suchen“, gesteht Katharina.

Also änderte sie ihren Plan: Spendenlauf auf dem Sportplatz der Schule, hieß nun das Ziel. Dann galt es, Lehrer, Eltern und Schüler zu informieren und von dem Projekt zu überzeugen. „Manche Lehrer hatten Zweifel, ob das gesammelte Geld wirklich an der Schule in Axum ankommt.“

Mit viel Einsatz und Überzeugungsarbeit schaffte Katharina es: Nach mehreren Elternbriefen, Infotreffen und Elternabenden, nach viel Arbeit am Computer, bei der die Elftklässlerin Sponsorenlisten und Infoschreiben erstellte, sowie einem Wochenende voller Bastelei, bei der Plakate, Wimpelketten und Stempelkarten entstanden, konnte der Lauf steigen.

122 Schüler der 6. und 7. Klassen schnürten die Laufschuhe und drehten schließlich an einem Freitagvormittag ihre Runden auf dem Sportplatz. Zwischen 50 Cent und fünf Euro durften die Sponsoren pro gelaufener Runde geben – oder alternativ einen festen Betrag spenden. „Am Ende lief keiner unter zehn Runden“, erzählt Katharina stolz. „Ein Schüler lief sogar 55 Runden, quasi einen Halbmarathon. Und eine Schülerin hat 900 Euro zusammengekriegt.“ Insgesamt joggten die Schüler mehr als 1150 Kilometer und sammelten mehr als 13 500 Euro.

„Diesen Lauf zu organisieren war echt richtig anstrengend“, stöhnt Katharina. „Aber das Ergebnis ist überwältigend. Und ich habe viel gelernt, vor allem: vor Leuten reden. Das habe ich bisher immer gehasst. Nach den vielen Elternabenden und Präsentationen bin ich darin jetzt wirklich gut.“

Verwandte Themen


Keine Kommentare