Bader: Das Fanprojekt ist völlig unterbesetzt

15.1.2013, 14:15 Uhr
Martin Bader (rechts) mit Moderator Jörg Jakob vom "kicker" bei der Podiumsdiskussion zu "Fans und Sicherheit in deutschen Stadien" bei der Deutschen Akademie für Fußballkultur.  Er hält das Nürnberger Fanprojekt für personell unterbesetzt.

© Stefan Hippel Martin Bader (rechts) mit Moderator Jörg Jakob vom "kicker" bei der Podiumsdiskussion zu "Fans und Sicherheit in deutschen Stadien" bei der Deutschen Akademie für Fußballkultur. Er hält das Nürnberger Fanprojekt für personell unterbesetzt.

Martin Bader, Sportvorstand des 1. FC Nürnberg, zeigte sich auf der Veranstaltung der Akademie für Fußball-Kultur selbstkritisch: „Das Fanprojekt in Nürnberg ist personell völlig unterbesetzt. Die Aktion 12:12 hat uns vor Augen geführt, dieses Thema anzugehen“, gestand der Club-Funktionär ein. Drei hauptamtliche Mitarbeiter, verteilt auf 1,5 Stellen, kümmern sich momentan in der von Freistaat, Stadt und Verein finanziell unterstützten Organisation um die Betreuung von zehntausenden Club-Anhängern. Allerdings, forderte Bader, müsse ein Fanprojekt jeden ansprechen, auch die Fans auf der Haupt- und Gegentribüne: „Die sind nicht organisiert, wollen aber auch wahrgenommen werden. Diesen Spagat kann man mit wenig Personal nicht stemmen.“

Mit der nach eigenen Angaben „differenzierten“ Zustimmung zum DFL-Sicherheitspapier hatte der Verein zuletzt einigen Unmut der organisierten Fanszene auf sich gezogen. Diesen verloren gegangenen Boden versuchte der Sportvorstand nun wieder gut zu machen und holte zur Medienschelte aus: So lobte er die Choreographie der Club-Ultras für den von den Nazis vertriebenen Trainer Jenö Konrad vor dem Derby gegen die Bayern und beklagte, diese sei von den Medien nicht aufgegriffen worden. Stattdessen sei über Dinge wie das rechtsextreme Banner von BVB-Fans beim Spiel gegen Bremen berichtet worden, bis der Eindruck entstanden sei, „die ganze Südtribüne ist rechtsextrem“.

Sicherheitsdebatte "nicht vom Himmel gefallen"

Gleichzeitig betonte Bader, die Debatte um Sicherheit in deutschen Stadien sei „nicht vom Himmel gefallen“. Schließlich habe es Vorfälle wie in Düsseldorf, Karlsruhe und Köln gegeben, über sie sei in den Medien nur übertrieben berichtet worden. Denn, so der Sportvorstand: „Es gab keine signifikante Zunahme von Gewalttaten, das wurde nur so dargestellt.“

Der Inhalt des DFL-Sicherheitspapiers sei generell aber nicht so dramatisch, wie er teilweise gemacht wurde, sagte Bader. Als in seinen Augen sinnvollen Punkt nannte der Sportvorstand das Vorhaben, Geldstrafen, mit denen die Vereine bei Verstößen ihrer Fans belegt werden, nicht mehr an wohltätige DFB-Stiftungen wie die „Mexiko-Hilfe“ abzuführen, sondern sie zweckgebunden in Sicherheit und Infrastruktur zu investieren. „Wir müssen das Papier so umsetzen, dass es nie zum Tragen kommt“, meinte Bader abschließend.

Dass es bei der Veranstaltung der Deutschen Akademie für Fußballkultur grundsätzlich eher konstruktiv zuging, könnte auch daran gelegen haben, dass sich auf dem prominent besetzten Podium kein Vertreter der Politik und der Polizei fand. Die hatten in der Vergangenheit die Debatte immer wieder angeheizt, zuletzt etwa der Landesvorsitzende der Polizeigewerkschaft, der gefordert hatte, die Fußballvereine müssten für entstehende Einsatzkosten komplett selbst aufkommen. Ein Wunsch, der verfassungrechtlich gar nicht umzusetzen sei, wie der Hannoveraner Fanforscher Gunter Pilz bei der Diskussion betonte.

Um Dialog bemüht

Mit Andreas Rettig war stattdessen ein DFL-Funktionär eingeladen worden, der sich als neuer Geschäftsführer (seit Januar 2013) schon in den ersten Amtswochen wieder um Annäherung bemüht zeigt. Schon im November hatte er einen Fangipfel bei Union Berlin besucht, im Januar folgte ein Treffen mit rund zwanzig Vertretern der organisierten Fanszene mit den DFL-Spitzenfunktionären Christian Seifert und Rettig. Der zog jetzt in Nürnberg eine vorsichtig positive Bilanz des Treffens: „Ich kann das noch nicht abschließend bewerten, aber es war wichtig ein klares Signal zu setzen. Mein Eindruck war, dass es ein konstruktives, aber kontroverses Gespräch war.“

Michael Gabriel, Leiter der Koordinationsstelle Fan-Projekte, konnte das bestätigen: „Die Fanvertreter sind mit großer Skepsis zu dem Treffen gekommen, die Erfahrungen der letzten Jahre waren desillusionierend. Es war aber wohltuend, dass alles ohne großes Medien-Trara organisiert war. Und es gab Raum, um seinen Unmut zu äußeren. Es ist der Beginn eines mühevollen Weges, das verloren gegangene Vertrauen wiederzugewinnen.“

Hoffnung auf Annäherung zerschlug sich

Schon einmal hatte es Hoffnung auf eine Annäherung zwischen Verband und Fans gegeben: 2007 nach dem großen Fankongress in Leipzig, auf dem der damalige DFB-Präsident Theo Zwanziger unter anderem eine Änderung der Stadionverbotsrichtlinien angekündigt hatte. Doch die Hoffnung auf einen fortlaufenden Dialog erfüllten sich nicht. „Die Erwartungshaltung an den Kongress war zu hoch. Wenn die Strukturen im Verband und an der Basis nicht stimmen, dann ist viel Angekündigtes nicht umsetzbar“, sagte Fanforscher Pilz. Er übte allerdings auch Kritik an den organisierten Anhängern: „Dialog bedeutet für viele Fanvereinigungen eine Einbahnstraße. Auch wenn viele Wünsche verständlich sind, die Umsetzung funktioniert aufgrund von Zwängen nicht. Und vielen Fans fällt es schwer, ihre Anspruchshaltung herunterzufahren.“

DFL-Geschäftsführer Rettig räumte ein, dass der Verband oft schwerfällig agiere: „Solche Prozesse brauchen oft Zeit, deshalb müssen wir die Fans besser einbinden, damit ein Verständnis dafür entsteht.“ Auch der Umgang der Liga mit Pyrotechnik sei „ein Fehler“ gewesen, so Rettig. Fanforscher Pilz nahm jedoch auch Politik und Polizei in die Verantwortung: „Ein Ärgernis für mich ist, dass bei den Strategien der Polizei nicht hinterfragt wird, ob sie nicht mehr Probleme schaffen, als sie lösen. Mich ärgert an den Innenministern, dass sie nicht so selbstkritisch sind, wie sie selbst es von den Fans erwarten.“

Für die konstruktive Fortsetzung des Dialoges müssen sich in Zukunft auch Politik und Polizei selbstkritisch daran beteiligen - genau wie die Medien, von denen auch ein Vertreter bei der Diskussion fehlte.

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