Das Trainingslager in Natz hat dem Club Mut gemacht

6.8.2018, 05:21 Uhr
Bis nächstes Jahr: Nürnbergs Fußballer verabschieden sich nach dem Testspiel gegen Bologna vom liebgewonnenen Natz.

© Sportfoto Zink / JüRa Bis nächstes Jahr: Nürnbergs Fußballer verabschieden sich nach dem Testspiel gegen Bologna vom liebgewonnenen Natz.

Am letzten Abend sollte es noch einmal schnell gehen. Michael Köllner wollte nach dem abschließenden Testspiel gegen den FC Bologna in Brixen noch einmal zurück an den Sportplatz nach Natz, der ihnen jetzt zehn Tage lang ein Zuhause war. Es stand dort an: das Endspiel um den Peintner-Fliesen-Pokal, ein Turnier von Amateurmannschaften aus Südtirol, und die Gastgeber, das hatte Köllner schon am Mittag erzählt, hatten "seit langer Zeit mal wieder die Chance", in dieses Endspiel einzuziehen.

Dass Köllner persönlich vorbeischauen wollte, sagt schon alles über die Beziehung, die er zu dieser Gemeinde inmitten einer Apfel-Hochebene aufgebaut hat. Der Trainer des 1. FC Nürnberg fühlt sich wohl in Natz – und mit ihm alle anderen Nürnberger. Knapp 600 Club-Fans verfolgten am Samstag die Partie gegen Bologna, viele nutzen den Arbeits-Ausflug ihrer Lieblingsmannschaft, um hier Urlaub zu machen.

Vor einem Jahr war das schon so, als Köllners Club sich das erste Mal hier auf eine Saison vorbereitet hat. Es wurde eine Spielzeit mit dem schönstmöglichen Abschluss, und dass der 1. FCN jetzt seit langer Zeit mal wieder die Chance bekommt, sich mit den besten Fußball-Mannschaften des Landes zu messen, lag auch an der Wahl des Trainingslager-Ortes.

Eine besondere Beziehung

Köllner hat das immer wieder betont, und auch Hanno Behrens, der Kapitän, hat das noch einmal unterstreichen wollen in einem abschließenden Gespräch. Die Euphorie, die sie durch die letzte Saison getragen hat, sie ist damals im schönen Natz entstanden. Vor einem Jahr konnte man das spüren, die Mannschaft gab sich damals sehr unprätentiös volksnah, schrieb Autogramme auf dem Dorffest und spielte Fußball mit der Dorfjugend.

Es hat sich damals eine Beziehung entwickelt zwischen Natz und dem 1. FC Nürnberg, ein Jahr später ist die Dorfjugend wieder jeden Tag an den Trainingsplatz gekommen, kümmerte sich um die Pflege des Rasens – und trug in einem Landstrich, der traditionell dem FC Bayern München zugetan ist, sehr stolz Trikots des 1. FC Nürnberg.

Ein Unterschied: Vor einem Jahr wirkte dieser Club in Natz plötzlich so leichtfüßig, wie man ihn in der Saison zuvor nie gesehen hatte. In diesem Sommer kommt alles etwas gedämpfter daher, und das liegt nicht nur an der Hitze, die die zehn Tage hat sehr anstrengend werden lassen. Mag schon stimmen dieser Eindruck, sagt Behrens, hat dafür aber auch eine Erklärung. Vor einem Jahr haben sie hier in Natz gemerkt, dass das, was sie auf den Rasen bringen können, für eine Zweitliga-Mannschaft sehr ordentlich ist. Jetzt fehlt ihnen die Vergleichsmöglichkeit, die erste Liga kennen die meisten nur vom Hörensagen.

93 oder nur 92 Pässe?

Sie gehen deshalb die neue Aufgabe mit einigem Respekt an – zumindest so viel Respekt, wie entstehen kann, wenn man vom immer optimistischen Michael Köllner trainiert wird. Natürlich, sagt Köllner, wird es in der ersten Liga selten vorkommen, "dass wir in der gegnerischen Hälfte 93 Pässe spielen und am Ende muss einer nur noch den Fuß hinhalten". Gänzlich will er sich aber nicht dem Ansatz ähnlich gering eingeschätzter Aufsteiger der letzten Jahre hingeben. Vielleicht, so hört sich das manchmal an, muss es auch einmal sein, dass sie nach 92 Pässen schon aufs Tor schießen. Verhinderungsfußball will er nicht sehen, auch gegen die Großen der Republik soll Köllners Mannschaft schon versuchen, den spielerischen Aspekt des Sports zu betonen.


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Ob das immer möglich ist, ist fraglich, sie haben in Natz deshalb auch immer wieder solche Übungen eingestreut, wie man sie braucht, wenn man das schnelle Spiel nach vorne in der Folge von Ballgewinnen einigermaßen beherrschen will. Wirklich überzeugt wirkt der Trainer von diesem Ansatz aber nicht immer, zu selbstbewusst geht er das Abenteuer erste Liga an – in der auch er ein Neuling ist.

Lieber im gewohnten 4-1-4-1

Etwas zurückhaltender wird Michael Köllner, wenn es um das Einstudieren taktischer Varianten geht. Zwar hat seine Mannschaft auch in der Vorsaison schon in ausgewählten Spielen mit einer defensiven Dreierreihe agiert, der Versuch, dieses System zu einem dauerhaften Stilmittel zu machen, verläuft bisher aber eher schleppend. Allzu groß scheint das Vertrauen innerhalb der Mannschaft noch nicht zu sein.

Es bleibt allerdings tatsächlich noch Zeit, ehe in drei Wochen das erste Bundesligaspiel seit vier Jahren auf dem Programm steht – und in der gewohnten 4-1-4-1-Anordnung wirkt die Mannschaft durchaus jetzt schon phasenweise überzeugend.

Zu viele vergebene Chancen

So war das auch im samstäglichen Testspiel gegen den FC Bologna aus der Serie A. Der Club machte in seiner derzeit besten Formation – es fehlten nur der verletzte Ewerton und der angeschlagene Eduard Löwen – das Spiel, das einzige Tor des Nachmittags aber schossen die Italiener. Der Club fiel vor allem durch vergebene Torchancen auf. Aber, sagte Köllner natürlich, bis zum Bundesligastart wird das schon wieder.

Der ASV Natz übrigens ist nicht ins Finale des Peintner-Fliesen-Pokals gekommen, sondern Dritter geworden. Trotzdem ein Erfolg, sagen sie in Natz. Vielleicht haben sie das von Michael Köllner gelernt. Der ist am nächsten Tag mit seiner Mannschaft wieder nach Hause gefahren – vorher aber haben sie noch Fußball gespielt mit der Dorfjugend.

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