Die nächste Klatsche: Auch Leipzig führt den Club vor

7.10.2018, 19:49 Uhr
Hatte am Sonntag gleich sechsfach das Nachsehen: Club-Keeper Fabian Bredlow.

© Sportfoto Zink / DaMa Hatte am Sonntag gleich sechsfach das Nachsehen: Club-Keeper Fabian Bredlow.

Die Gäste hatten ja so etwas wie eine Vorahnung. Eigentlich, so lautete die Hoffnung, sollten die Fußballer von RasenBallsport alias Red Bull Leipzig ihre Dienstreise unter der Woche teuer bezahlen. In der Europa League mussten sie in Trondheim antreten, was schon mal unangenehm sein kann. Strapaziöse An- und Abreise, Kälte, knochenorientierte Norweger. Und das alles nicht ganz drei Tage vor einem Bundesligaspiel.

Weil Ralf Rangnick, der alte Trainer-Fuchs, die Pflichtaufgabe im hohen Norden allerdings nutzte, um seine zahllosen Edelreservisten bei Laune zu halten, konnten die ebenfalls zahllosen Stars während des Betriebsausflugs mal durchschnaufen. Auf gleich sieben Positionen konnte er deshalb seine Startformation verändern, durchweg Nationalspieler spülte es in die Mannschaft.

Dem ungemein kraftraubenden Stil der Leipziger kam die zugeführte Frische natürlich entgegen; exakt 243 Sprints, so hat der kicker ermittelt, absolvieren die Rasenballsportler im Schnitt pro Begegnung, nur der FC Augsburg schafft noch zwei mehr. Das Tempo hochzuhalten, besonders beim Umschalten nach Balleroberungen, gehört zur Unternehmensphilosophie, von der sie auch beim 1. FC Nürnberg gehört haben dürften.

87 Minuten Desaster

Trotzdem liefen sie häufig bloß hinterher, überwiegend chancenlos im Eins-gegen-Eins und auch in allen anderen Kategorien nicht konkurrenzfähig. Zur Pause lag der Club bereits 0:4 zurück, man musste wieder mit dem Schlimmsten rechnen. Dass die Leipziger nach dem 0:6 und einem verschossenen Foulelfmeter nach gut einer Stunde genug hatten und abließen von ihren bemitleidenswert unterlegenen Gegnern, gehört zu den wenigen guten Nachrichten aus Sicht der Nürnberger. Am Ende blieb es bei diesem 0:6 für bemitleidenswerte, völlig überforderte Nürnberger. 


+++ Unter Cluberern: "Eine völlig andere Liga" +++


Im ersten Bundesliga-Vergleich beider, nunja, Vereine hatte Michael Köllner auf Experimente verzichtet; das 0:7 von Dortmund ließ ihn bis auf Weiteres von der Dreierkette abrücken, was eine seiner besseren Entscheidungen in letzter Zeit gewesen sein dürfte. Der Club versuchte mit seiner kompakten, zunächst vorrangig auf Torabsicherung bedachten Aufstellung, ein unangenehmer Gegner zu sein. Die Taktik ging auf. Allerdings nur für ganze drei Minuten.

Die restlichen 87 gerieten wieder zum Desaster; wie bereits elf Tage zuvor im Westfalenstadion machte der Aufsteiger äußerst schmerzhafte Bekanntschaft mit seinem Sehnsuchtsziel. Spätestens Mitte der ersten Halbzeit dürfte der eine oder andere den Schlusspfiff herbeigesehnt haben, der aber trotz mehrfachen Klassenunterschieds regelkonform bis 19.48 Uhr auf sich warten ließ. Wenngleich man festhalten muss, dass sich die Gäste bei den meisten Gegentreffern schon ausgesprochen naiv angestellt hatten.


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Das galt auch für den Torwart; Fabian Bredlow sah beim 0:1 (Kevin Kampl, 3.) schlecht und beim 0:2 (Yussuf Poulsen, 6.) nicht viel besser aus, vor dem 0:3 (Marcel Sabitzer, 21.) schien er sich ausschließlich auf das hintere Eck zu konzentrieren, was der Österreicher zu einem trockenen Schuss ins kurze Eck nutzte. Am 0:4 (Timo Werner, 33.) hatten andere Schuld, vor allem der nach einer guten Stunde und angeblichen Notbremse gegen Werner vom Platz gestellte Tim Leibold; am 0:5, einem eigentlich harmlosen, weil unplatzierten Fernschuss von Sabitzer (55.) wieder Bredlow, vor dem 0:6 ließ die Nummer eins eine scharfe Hereingabe vor Werners Füße prallen (59.) – wobei eigentlich jeder ständig irgendwie beteiligt war.

Ohne Gier, ohne Mut

Viel zu oft genügte eine kurze Geschwindigkeitsverschärfung, um Nürnbergs Defensivverbund auszuhebeln. Ein Pass in die Tiefe auf Timo Werner oder Yussuf Poulsen, und schon brach ganz hinten Panik aus. Die Viererkette konnte einem phasenweise leid tun, ebenso Ondrej Petrak, dem schwindelig gewesen sein müsste nach diversen Begegnungen mit Supertechniker Emil Forsberg. Da zudem die Entlastung fehlte, mussten die armen Nürnberger Verteidiger einen Angriff nach dem anderen über sich ergehen lassen.

 

Von einem ungleichen Kräftemessen zu reden wie Michael Köllner vorab, wäre fast noch untertrieben. Bereits zur Pause hätte es 0:6 oder 0:7 stehen können, der Club wiederum brachte in den ersten 45 Minuten nicht einen Abschluss zustande, erst in der 53. Minute segelte ein Kopfball von Mikael Ishak knapp am hinteren Pfosten vorbei. Es fehlte die Gier, wahrscheinlich auch der Mut, ein Schwergewicht der Liga richtig fordern zu wollen. Stattdessen taumelten sie schon früh am Abend wie angeschlagene Boxer über den Platz; nicht mehr in der Lage, sich angemessen zu wehren. Die Frage, warum es schon wieder passiert ist, wird den 1. FC Nürnberg jetzt ein paar Tage beschäftigen. Erst am 20. Oktober schaut die TSG Hoffenheim im Max-Morlock-Stadion vorbei – und das auch noch ausgeruht. Die Champions League pausiert ebenfalls.

RB Leipzig: Gulacsi - Mukiele, Orban, Upamecano, Halstenberg - Demme, Kampl (46. Ilsanker) - Sabitzer, Forsberg (76. Matheus Cunha) - Werner, Poulsen (64. Augustin)

1. FC Nürnberg: Bredlow - Valentini (82. Bauer) , Margreitter, Mühl, Leibold - Petrak - Misidjan (46. Palacios), Löwen, Behrens, Kubo (60. Knöll) - Ishak

Tore: 1:0 Kampl (3.), 2:0 Poulsen (7.), 3:0 Sabitzer (21.), 4:0 Werner (32.), 5:0 Sabitzer (55.), 6:0 Werner (59.) | Gelbe Karten: Valentini | Rote Karte: Leibold (62., Notbremse) | Schiedsrichter: Stieler (Hamburg) | Zuschauer: 37.389.

+++ Hier gibt's den Live-Ticker zum Nachlesen! +++

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