Goalie mit Grips: Kleeblatt-Keeper Schaffran ist bescheiden

18.10.2018, 13:30 Uhr
Wartet geduldig auf seine Chance bei den Profis: Leon Schaffran.

© Sportfoto Zink/OGo Wartet geduldig auf seine Chance bei den Profis: Leon Schaffran.

Es gibt dieses Ritual unter Profifußballern, dass Neuzugänge zu Saisonbeginn vor dem gesamten Kader ein Ständchen singen müssen. Videos im Internet halten diesen Moment des verbalen Hosenrunterlassens für die Ewigkeit fest, bei manchen ist die Diskrepanz zwischen der Fußball- und der Sangeskunst schmerzhaft riesig.

Als Leon Schaffran in diesem Sommer vor seine Kollegen getreten ist, durfte man allerdings nicht schlecht staunen: Nicht nur die Liedauswahl war beachtlich, weil es kein Ballermann-Hit war, sondern auch der Vortrag an sich, der einen damals 19-Jährigen zeigte, dem es nicht an Selbstvertrauen mangelt.

Er sang "Bleib in der Schule" von der Band Trailerpark. Der Text handelt von einem reichen, exzessiv lebenden Popstar, der es bereut, dass er nichts Richtiges gelernt hat. Der Refrain lautet: "Wir haben alle in der Schule geraucht und jetzt sieh uns an. Sie sagen, wir ham’ uns die Zukunft verbaut und jetzt sieh uns an. Ihr könnt aus unser’n Fehlern hoffentlich lernen. Wir woll’n doch alle bloß ’n Job und dann sterben."

Keine Lust auf Internat

Schaffran erzählte im Trainingslager, dass er sich das Lied ausgesucht habe, "weil ich viele Jungs erlebt habe, die keine tolle Jugend hatten", weil sie im Sportinternat waren. "Das Lied spiegelt das klischeehafte Leben eines Fußballers wider", eines Stars, der nichts in der Birne hat. So ein Typ wird der heute 20-jährige Leon Schaffran sicher nicht werden. Das merkt man schon allein daran, dass er sein privilegiertes Leben einordnen kann. "Wir haben weniger Stunden als ein Arbeiter, aber unser Alltag ist aufwändiger. Das sehen viele nicht."

Er sagt das ohne Arroganz, aber mit der Miene eines jungen Mannes, der sich als Teenager geweigert hatte, in die berühmte Cottbuser Torwartschule zu gehen, weil er nicht in ein Internat wollte. Trotzdem schaffte der gebürtige Berliner es ins Nachwuchsleistungszentrum von Hertha BSC.

"Menschlich", sagt Schaffran im Nachhinein über die fünf Jahre dort, "war es bei Hertha super." Doch als er 19 wurde, zeichnete sich ab, dass er in der ersten und zweiten Mannschaft (fünf Spiele für Hertha II) "keine realistische Chance auf Einsätze" haben würde. "Die sportliche Perspektive war nicht so, wie ich mir das vorgestellt habe."

Also entschieden sich sein Berater und er für einen Schritt, den schon einige Talente in Deutschland gegangen sind: den Weg nach Fürth. Nicht zuletzt, weil er Torwarttrainer Christian Fiedler und Kapitän Sascha Burchert aus Berliner Tagen noch gut kennt. Nach der Vertragsunterzeichnung (ein Jahr plus Option auf ein weiteres) ging es sofort ans Eingemachte: "Christian erkannte sofort meine Schwächen", berichtet Schaffran. Der Schlaks müsse körperlich robuster werden, ohne dabei an Beweglichkeit zu verlieren. Und spielen darf er auch: Schon jetzt stand er öfter im Tor der zweiten Fürther Mannschaft als in Berlin.

Privat hat er eine kleine Altbauwohnung in der Gustavstraße bezogen, sie sei "bescheiden gehalten", wie er sich ausdrückt. Im Ohr hat er dabei sicher noch das Lied von Trailerpark.

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