Skandale und Erfolge: So tickt Patriots-Coach Belichick

31.1.2019, 15:48 Uhr
Patriots-Fans lieben ihn, der Rest der Liga mag ihn nicht - aber Respekt vor Bill Belichick haben alle.

© David J. Phillip, dpa Patriots-Fans lieben ihn, der Rest der Liga mag ihn nicht - aber Respekt vor Bill Belichick haben alle.

Meist im kurzärmeligen Hoodie und ohne Gefühlsregungen im Gesicht steht der erfolgreiche Coach seit mittlerweile 19 Jahren an der Sideline der New England Patriots. Dabei ist sein Motto stets "Do your Job", auf Deutsch: "Erledige deine Arbeit". Belichicks Umgang mit den Spielern ist fordernd und nicht zu vergleichen mit Sean McVay – Headcoach der Los Angeles Rams, gegen die die Patriots nun im Finale ranmüssen. Geht der Plan des Taktikfuches trotzdem auf und holt er sich seinen achten Ring?

Zu wenig Talent

Als Sohn des College-Football-Coaches Steve Belichick wurden die Weichen für das spätere Leben des heute 66-Jährigen früh gestellt. Der Versuch allerdings, sich als Spieler zu etablieren, scheiterte. Zu wenig Talent und fehlende Physis sorgten dafür, dass ein großer Durchbruch ausblieb. Belichicks Ehrgeiz, sich in der Liga zu beweisen, tat das jedoch keinen Abbruch. Nach seinem Abschluss versendete dieser 250 Bewerbungen an verschiedene Teams, bis er 1975 von Ted Marchibroda, Headcoach der Baltimore Colts als Assistent eingestellt wurde.

Mit vielen schlaflosen und arbeitsreichen Nächten erkämpfte sich der Football Fanatiker schon früh Anerkennung und wurde in den 1980er Jahren zum Defensive Coordinator der New York Giants ernannt. Der Aufstieg in der NFL-Hierarchie gelang ihm 1991 bei den Cleveland Browns mit der Ernennung zum Headcoach.

Für einen Tag New Yorker

Bill Belichick ist pedantisch, autoritär und fokussiert. Außerdem legt er seine Karten nie offen auf den Tisch. Verletzungsberichte sind bewusst irreführend, Pressekonferenzen ungenau und interne Informationen werden wie Staatsgeheimnisse gehütet. Dass das zwangsläufig die ein oder andere Überraschung mit sich bringt, bekamen die New York Jets im Jahr 2000 am eigenen Leib zu spüren: Belichick sollte als neu eingestellter Headcoach seine erste Pressekonferenz geben.

Doch nur wenige Minuten davor kündigte er den neuen Job, indem er einen kurzen Satz auf eine Serviette schrieb und diese dem Präsidenten der Jets aushändigte. Nur einen Tag später wurde offiziell, dass er der neue Headcoach der New England Patriots wird, die er einige Jahre zuvor bereits als Assistent unterstützt hatte.

Belichicks Regeln

Regeln bis zum Äußersten ausreizen oder sogar überschreiten: Das Team aus Boston ist für manchen Eklat verantwortlich, der in der Liga für Aufschreie sorgte. Deflategate, Spygate & Co - nicht selten wird das Team zu Strafen verurteilt, die laut Meinungen einiger Beobachter deutlich zu gering ausfallen. Dazu kommt, dass die Patriots und zuvorderst Belichick, ihre Fehler nicht wirklich einsehen. Auch manche Formationen und Spielzüge sind oft nicht regelkonform.

Bisher kam die Mannschaft von der Ostküste aber mit einem blauen Auge davon: Die höchste Strafe waren 500.000 US-Dollar für Belichick, der die Signale und Kommunikation eines gegnerischen Teams abgefangen haben soll. Für das Ausmaß dieses Skandals eine vergleichsweise niedrige Strafe. Bleibt zu hoffen, dass der diesjährige Superbowl ganz ohne "-gate" über die Bühne gehen wird – das Können, wäre auf jeden Fall vorhanden.

Philosophie und Spielstil

Sportlich gesehen gibt es allerdings nicht viel zu diskutieren: Belichick hat das Team seit Jahren im Griff und sorgt dafür, dass der Erfolg anhält. Auch wenn der Umgang mit seinen Spielern zum Teil unterkühlt wirkt, ist er im Grunde ein fairer Coach. Bill weiß genau, wie er mit welchem Spieler umzugehen hat und erfährt von den meisten Spielern großen Respekt. Er fordert bei dem Team und dem restlichen Trainer-Staff nichts ein, dass er nicht auch selber bereit ist zu geben. Er schätzt Leistungsbereitschaft, Motivation und Engagement. Das spiegelt sich auch in seinem Spielstil wider: Die Offensive, samt ihres Quarterbacks Brady, ist schon seit langer Zeit New Englands Aushängeschild.

Dafür hat Belichick ein nicht ganz unkompliziertes System installiert, dass einerseits dafür sorgt, dass die Bostoner sehr flexibel auf Gegner reagieren können und andererseits gleiche Formationen mit unterschiedlichen Spielergruppen bedienen können. Das sogenannte Erhardt-Perkins-System erfordert höchste Konzentration und benötigt eine gute Harmonie zwischen Quarterback und Receivern, bzw. Runningbacks, die bei den Patriots zweifellos vorhanden ist. Weitere Schlüsselelemente sind Mut und Risikobereitschaft. Nicht selten entwickelt er waghalsige Trick-Spielzüge, mit denen er Gegner immer wieder überrumpelt.

Chance auf den achten Ring

Die Los Angeles Rams haben im Gegensatz zu den Patriots einen eher jungen Coach, der sie in vergleichsweise geringer Zeit an die Spitze geführt hat. Der Umzug 2016 steckt nicht mehr in den Knochen und Jared Goff, Quarterback der Rams, hat sich etabliert. Trotzdem wird Belichick mit seiner akribischen Vorbereitung punkten und wie so oft, versteckte Asse aus dem Ärmel ziehen. Auch wenn es sich viele Pats-Gegner anders wünschen würden: Belichicks Chancen auf einen achten Ring - den fünften als Head Coach - stehen nicht schlecht.

Keine Kommentare