Corona-Dilemma für Ärzte: Wann wird Beatmung abgestellt?

1.4.2020, 08:10 Uhr
Gerade bei schweren Covid-19-Erkrankungen sind Beatmungsgeräte wichtig.

© Zoltan Balogh, dpa Gerade bei schweren Covid-19-Erkrankungen sind Beatmungsgeräte wichtig.

Während Millionen Menschen versuchen, angesichts der Corona-Krise ihren Alltag unter ungewöhnlichsten Umständen zu organisieren, überschneiden sich zwei Meldungen von kaum abzuschätzender Tragweite. Zum einen legen deutsche Mediziner Handlungsempfehlungen für ein Szenario vor, in dem hierzulande eines Tages womöglich nicht mehr alle Covid-19-Patienten ausreichend intensivmedizinisch versorgt werden können. Gleichzeitig wird bekannt, dass Kliniken im Elsass diesen Punkt bereits erreicht haben: Die Lage ist dort, gerade mal drei Autostunden von Nürnberg entfernt, derart dramatisch, dass über 80-jährige Infizierte nicht mehr beatmet werden, weil dazu schlicht die Kapazitäten fehlen. Das dürfte für viele Betroffene einem Todesurteil gleichkommen.


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Man kann sich vorstellen, in was für ein unsagbar großes moralisches Dilemma das die beteiligten Ärztinnen und Ärzte und das Pflegepersonal stürzen muss. Anstatt eine Krankheit zu behandeln, wie es der hippokratische Eid gebietet, müssen sie im Zweifelsfall plötzlich Sterbehilfe leisten und das Leiden ihrer Patienten so gering wie möglich gestalten. Ist das ethisch überhaupt vertretbar? Ist das Nachdenken über dieses Thema „alarmistisch“, da es bei uns ja (noch) längst nicht so schlimm aussieht?

Nein, ist es nicht, im Gegenteil: Es macht Sinn, sich derartigen Fragen zu stellen, bevor ein solches worst-case-Szenario unvermittelt zur Realität wird. Allein schon deshalb, um eine verbindliche Empfehlung an der Hand zu haben, wie mit dadurch entstehenden Konflikten umzugehen ist.

Kriterien sind klar definiert

Als allererstes gilt: Der Gleichheitsgrundsatz muss gewahrt sein. Es ist moralisch nicht zu vertreten, eine Behandlung vom sozialen Status oder (wie jetzt in Frankreich) gar vom Lebensalter eines Patienten abhängig zu machen. Vielmehr muss die Erfolgsaussicht das entscheidende Kriterium sein – also die Wahrscheinlichkeit, mit der eine erkrankte Person eine Intensivbehandlung überleben wird. Das haben die mit dem Thema befasst deutschen Mediziner bereits so festgehalten, und das ist richtig.


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Die von ihnen aufgestellten Kriterien, unter denen eine Intensivtherapie im Fall der Fälle abgelehnt würde, sind klar definiert: 1. Wenn der Sterbeprozess unaufhaltsam begonnen hat, 2. wenn eine Therapie aussichtslos ist und 3. wenn das Überleben des Betroffenen nur bei dauerhaftem Aufenthalt auf der Intensivstation gesichert werden kann. Es wird dann immer noch um Entscheidungen gehen, die Leben und Tod betreffen, und kein Mediziner wird eine solche leichtfertig treffen. Aber er kann sich in einer derartigen Extremsituation dann wenigstens auf einen gesellschaftlichen Konsens berufen und muss nicht sein eigenes Gewissen damit belasten.


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Entscheidend ist, die Bevölkerung rechtzeitig dafür zu sensibilisieren und die damit zusammenhängenden Entscheidungsprozesse mit größtmöglicher Transparenz zu diskutieren, damit ein solcher Konsens auch zustande kommt. Extreme Situation erfordern extreme Maßnahmen. Das Coronavirus führt uns das auf schreckliche Weise vor Augen.


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