Nelson-Mandela-Platz

Diamant-Kunstwerk in der Nürnberger Südstadt - kann das gut gehen?

Ngoc Nguyen

E-Mail zur Autorenseite

12.10.2021, 18:10 Uhr
Da ist er, der Diamant: der kleine weiße Punkt in Acryl, auf den Oberbürgermeister Marcus König, die südafrikanische Generalkonsulin Roleta Julieta Susana Lebelo und Baureferent Daniel F. Ulrich (v. l.) schauen. 

© Roland Fengler, NNZ Da ist er, der Diamant: der kleine weiße Punkt in Acryl, auf den Oberbürgermeister Marcus König, die südafrikanische Generalkonsulin Roleta Julieta Susana Lebelo und Baureferent Daniel F. Ulrich (v. l.) schauen. 

Allein die Suche nach diesem Diamanten dauerte zwei Jahre. Er sollte möglichst groß und dafür möglichst günstig sein. Er musste aus Südafrika stammen und durfte unter keinen Umständen ein "Blutdiamant" sein: ein Edelstein, der illegal geschürft und verkauft wird, und dessen Erlös Rebellen- oder Invasionstrupps finanziert. Die Anforderungen an einen Diamanten, der den Nelson-Mandela-Platz in der Südstadt schmückt, sind hoch.

Von Weitem und tagsüber ist dieser rohe, ungeschliffene Diamant kaum zu sehen. Blasenfrei eingegossen in Acryl, strahlt er, scheinbar schwebend, erst in der Dämmerung hell auf. Bei Dunkelheit wird die Acrylstele von unten beleuchtet. "Rolihlahla" haben Andrea Knobloch und Ute Vorkoeper ihr gemeinsames Werk genannt. Die beiden Frauen bilden das Hamburger Künstlerinnenduo "missing icons". "Es ist genau der richtige Ort für dieses Kunstwerk", ist Baureferent Daniel F. Ulrich überzeugt. "Ich hoffe mal, dass es nicht gleich zerkratzt oder mit Graffiti besprüht wird", sorgt sich dagegen Ümit Sormaz. Er ist der Vorsitzende des Bürgervereins Nürnberg-Süd und Stadtrat (FDP). "Die Südstadt soll doch aufgewertet werden, aber mit diesem Kunstwerk wird dieses Ziel nicht erreicht."

"Rolihlahla" ist nicht einfach nur noch ein Kunstwerk, ebenso wenig wie der Nelson-Mandela-Platz nicht einfach nur eine Grünfläche in Nürnberg ist. Der Platz ist mit derartig vielen Erwartungen beladen und sein Symbolcharakter ist so groß, dass zu seiner offiziellen Eröffnung im September vergangenen Jahres eigens die südafrikanische Generalkonsulin Roleta Julieta Susana Lebelo aus München anreiste.

Zehn Jahre Vorplanung

Am Südausgang des Hauptbahnhofs, dort, wo sich nun der Nelson-Mandela-Platz im einladenden Grün zeigt, erstreckte sich einst ein Parkplatz: ein graues Tor zur Südstadt, dessen Tristesse bewies, wie vernachlässigt dieser Teil Nürnbergs war. Nach zehn Jahren Vorplanung, fast zweijähriger Sanierung, coronabedingten Verspätungen und mit Kosten von rund 10,5 Millionen Euro soll der sattgrüne Nelson-Mandela-Platz die Hitze durch den Klimawandel abfedern.

Und nochmal aus der Nähe: Der Rohdiamant ist etwa 6500 Euro wert und damit noch das Billigste am Kunstwerk "Rolihlahla". 

Und nochmal aus der Nähe: Der Rohdiamant ist etwa 6500 Euro wert und damit noch das Billigste am Kunstwerk "Rolihlahla".  © Roland Fengler, NNZ

Er soll durch das nahe Fahrradparkhaus die Mobilitätswende unterstützen. Er soll zeigen, dass die Südstadt durchaus Wertschätzung erfährt. Er soll beweisen, dass sie besser ist als ihr Ruf. Dass es ein Vorurteil ist, was Kritiker prophezeien: dass ein so offensichtlich wertvolles Kunstwerk, das einen Diamanten in sich trägt, in der Südstadt nicht gut aufgehoben ist.

Bei Dunkelheit wird die Acrylglasstele von unten angeleuchtet.

Bei Dunkelheit wird die Acrylglasstele von unten angeleuchtet. © NEWS5 / Bauernfeind, NEWS5

Etwa sechseinhalbtausend Euro habe der Edelstein gekostet, "und das ist an diesem Kunstwerk noch das Billigste", weiß Baureferent Ulrich. Was teuer kam, erklären die Künstlerinnen, waren die neue Technik und die vielen Anläufe, die es brauchte, um den Stein absolut blasenfrei in den Acrylglasquader zu gießen. Dieser ist genau 183 Zentimeter hoch, so groß wie Nelson Mandela zu Lebzeiten war. Der Diamant ist auf der Höhe des Herzens eingegossen.

Auch der Titel "Rolihlahla" - Unruhestifter - ist eine Hommage an den 2013 verstorbenen Kämpfer gegen die Apartheid und Friedensnobelpreisträger: Mandelas Vater gab seinem Sohn diesen ersten Vornamen, wohl ahnend, dass dieser niemals Ruhe geben würde. "Nelson Mandela war eine Ikone der Menschenrechtsbewegung und passt deswegen gut zu Nürnberg, der Stadt der Menschenrechte", sagte Oberbürgermeister Marcus König, als er die Acrylglasstele am vergangenen Donnerstag vorstellte. Auch diesmal war Generalkonsulin Lebelo anwesend.

Schützende Schönheit

Insgesamt haben Nürnberg, Bund und Land 143.000 Euro für Kunstwettbewerb und Kunstwerk ausgegeben. "Mit Rolihlahla hat der Platz seine Vollendung gefunden", betonte König. Unterdessen hofft Baureferent Daniel F. Ulrich, dass das Kunstwerk den öffentlichen Raum lange unbeschadet übersteht. "Ich denke, dass seine Schönheit dem Werk einen Selbstschutz vor Vandalismus bietet."

10 Kommentare