Wenn Vater und Sohn gemeinsam den Löffel schwingen

26.6.2014, 10:00 Uhr
Wenn Vater und Sohn gemeinsam den Löffel schwingen

© Michael Matejka

Noch ist es ruhig in der Küche der „Zirbelstube“, morgens um 10 Uhr in Nürnberg-Worzeldorf. Die meisten Gäste des dazugehörigen Hotels sind bereits unterwegs, das Frühstück ist vorbei. Vor 15 Jahren haben Erhard (66) und seine Frau Maria (59) das kleine und sehr feine Lokal übernommen. Und das wird in den nächsten Tagen auch gefeiert. Seit 2011 bringen Sohn Sebastian (33) und seine Lebensgefährtin Susanne Wagner (32) ihre gastronomischen Erfahrungen in Hotel und Küche ein. Aus Aschaffenburg stammt die Familie, zu der noch Sohn Michael gehört. „Aber der hat mit Gastro gar nichts am Hut“, sagt sein Vater.

Die Kunkels leben eng zusammen. Gut, ihre Schichten teilen sie sich auf. Entweder ist „die Jugend“, also Sebastian und Susi, dran, oder die Eltern. Damit jedes Paar auch Zeit für sich hat. Wobei Zeit relativ ist. An sechs Tagen hat die „Zirbelstube“ geöffnet. Sonntags ist zwar Ruhetag, aber dann veranstalten Vater und Sohn Kochkurse. Natürlich gemeinsam.

Und dann wohnen Sebastian und Susanne auch noch mit den Eltern in Kornburg unter einem Dach. Ja, ist denn das nicht ein bisschen viel Gemeinsamkeit? „Wir leben ja in verschiedenen Wohnungen“, relativiert der Sohn. Aber die bisherige Behausung der Eltern sei einfach nicht altersgerecht gewesen. „Und wir wollten näher am Restaurant sein“, sagt Susanne Wagner. Obwohl ihr das Multikulti-Gostenhof schon sehr fehle. „Aus der Haustür raus und in die nächste Kneipe rein.“ Dafür haben sie jetzt ein eigenes Haus samt Garten und Balkon. Und viel Ruhe drumherum.

Wenn Vater und Sohn gemeinsam den Löffel schwingen

© Michael Matejka

Alle vier sind Wirte mit Herzblut. 17 Jahre hatten die Eltern ein Gasthaus in Frickenhausen am Main gepachtet. Sebastian und sein Bruder Michael wurden also zwischen Suppe und Schweinebraten groß. „Für mich war klar, dass ich auch Koch werden will“, sagt der Junior. Über Bekannte kam er an Praktika im „Gasthaus Rottner“ und im „Schindlerhof“ und entschied sich für eine Ausbildung bei Stefan Rottner. 1998 war das. Zur selben Zeit überlegten seine Eltern, sich ebenfalls zu verändern.

In der Hotel- und Gaststättenzeitung lasen die Kunkels schließlich, dass das denkmalgeschützte Haus aus dem Jahr 1858/60 in Worzeldorf zum Verkauf stand. Und schlugen zu. Ein Jahr später, 1999, eröffnete die „Zirbelstube“. „Wir haben uns schnell eingelebt und bald wohlgefühlt“, sagt Maria Kunkel. „Viele unserer Gäste gehören mittlerweile zu unserem Freundeskreis!“ Sebastian ging nach seiner Lehre bei Rottner für ein Jahr in den Schwarzwald nach Lahr ins Sterne-Restaurant „Adler“. „Das war sehr französisch angehaucht und hat mich geprägt“, sagt der 33-Jährige.

Regional und saisonal

Wobei die Küche in der „Zirbelstube“ deutlich regional und saisonal ist. Maispoulardenbrust mit Morchelsauce und gebackenen Kartoffelklößen gibt es beispielsweise, oder Kabeljau mit geräucherter Paprikasauce — und auch Wildgerichte, wie Rehragout, kochen Vater und Sohn gerne.

Nach Stationen in der Schweiz und im „Tigerpalast“ in Frankfurt am Main lebte der Junior ein Jahr in Australien. „Er musste sich die Hörner abstoßen“, sagt sein Vater schmunzelnd. Zwischendurch kam Sebastian zurück, um „Stallduft“ zu schnuppern. Und in der Küche seines Vaters ein bisschen das auszuprobieren, was er auf seinen Reisen kennengelernt hatte. „Papa hatte das Sagen, ich durfte spielen“, meint Sebastian Kunkel. Als er dann in Bad Wörishofen an der Hotelfachschule seinen Hotelbetriebswirt machte, lernte er „die Susi“ kennen und lieben – eine gebürtige Nürnbergerin. Nachdem beide ihren Abschluss in der Tasche hatten, gingen sie in die Schweiz, um Geld zu verdienen. Für eine weitere große Reise: ein Jahr Neuseeland. Doch davor holten die Eltern die Jugend an den Tisch: „Könnt ihr euch vorstellen, das Restaurant danach zu übernehmen?“, fragte Erhard Kunkel. Irgendwie sei das schon klar gewesen, sagen Susi und Sebastian.

Seit 2011 ist Sebastian „der Chef“ am Herd: „Ich halte mich raus“, sagt sein Vater und beide grinsen. „Papa genießt es, keine Verantwortung mehr zu haben“, sagt Sebastian. Gibt es Streit? Fliegen die Töpfe in der Küche? Lebhaftes Verneinen. „Du kochst halt anders als ich“, sagt Sebastian. Was er seinem Vater hoch anrechnet, ist, dass dieser nie stehengeblieben sei, sondern immer offen für Neues war.

Als der Sohn übernahm, wurden das Restaurant und die Küche gleich mal renoviert. Und Sebastian brachte neue Geräte mit, von denen sein Vater sich mit der Zeit auch überzeugen ließ. Inhaltlich änderte das junge Paar nicht viel. „Wir wollen die Zirbelstube natürlich nach vorne bringen, aber so, dass nichts für uns auf der Strecke bleibt“, umschreibt Susanne ihr gemeinsames Ziel.

Der Tag, die Woche, das Jahr – alles ist durchorganisiert. „Ich weiß genau, wann und wohin wir in den Urlaub fahren“, sagt der Junior. Zwei Wochen hat die „Zirbelstube“ im Sommer geschlossen und eine Woche im Januar. Dann haben alle Zeit. Füreinander. Und Sebastian kann endlich ausschlafen: „Das frühe Aufstehen ist furchtbar“, stöhnt er.

Vorteile überwiegen

Auch wenn ein eigenes Restaurant viel Arbeit bedeutet: „Für uns überwiegen ganz klar die Vorteile.“ Dass man eigene Entscheidungen treffen, einen Teil von sich ausleben kann und immer neue Leute den Weg kreuzen. „Man lernt in diesem Beruf sehr viel über die Menschen“, fügt Mutter Maria hinzu. Reicht das Herzblut für ein weiteres Lokal? „Eines reicht“, sagt Susanne. „Na ja“, meint Vater Erhard. Und Sebastian ergänzt: „Man kann ja mal so rumspinnen . . .“

Zum besonderen Rezept der Familie geht es hier.

Vom 30. Juni bis zum 12. Juli feiert die „Zirbelstube“, 15 Jahre mit einem Fünf-Gänge-Jubiläumsmenü für 66 Euro. Reservierung unter (0911) 99 88 20.

Mehr Informationen über die Zirbelstube in unserer Rubrik Essen und Trinken!

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